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Das Rad der Zeit 5. Das Original: Die Feuer des Himmels (German Edition)

Das Rad der Zeit 5. Das Original: Die Feuer des Himmels (German Edition)

Titel: Das Rad der Zeit 5. Das Original: Die Feuer des Himmels (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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Manöver. Ja, sie und Thom unterhielten sich prächtig, jetzt, da er sicher sein konnte, dass sie nicht versuchen werde, sich an ihn heranzuschmusen. Bei der Erinnerung daran brannten ihre Wangen immer noch, denn sie hatte wirklich ein- oder zweimal daran gedacht, etwas in der Art mit ihm anzufangen, es aber glücklicherweise nicht fertiggebracht.
    »›Selbst eine Königin stößt sich manchmal den Zeh an, doch eine kluge Frau schaut, wohin sie tritt‹«, zitierte sie leise. Lini war eine kluge Frau. Elayne glaubte nicht, dass ihr derselbe Fehler noch einmal unterlaufen werde. Ihr war schon klar, dass sie viele Fehler begangen hatte, aber selten nur denselben zweimal. Eines Tages vielleicht würde sie so wenige begehen, dass sie eine würdige Nachfolgerin ihrer Mutter auf dem Thron war.
    Plötzlich setzte sie sich auf. Tränen waren unter Nynaeves geschlossenen Lidern hervorgequollen und rannen ihr über die Wangen. Was Elayne zunächst für leises Schnarchen gehalten hatte, denn Nynaeve schnarchte oft, auch wenn sie das vehement bestritt, war in Wirklichkeit ein leichtes Schluchzen und Wimmern, das trotz ihres geschlossenen Mundes hörbar wurde. Das war etwas, was nicht sein sollte. Wäre sie verwundet worden, dann hätte sich die Wunde auch hier gezeigt, wenn sie sie auch vor dem Erwachen selbst nicht fühlte.
    Ob ich Sie wohl wecken sollte? Doch sie zögerte, obwohl sie schon die Hand ausgestreckt hatte. Jemanden aufzuwecken, der sich in Tel’aran’rhiod befand, war keineswegs leicht. Auch schütteln oder ein Guss kalten Wassers ins Gesicht erfüllten da manchmal ihren Zweck nicht. Und Nynaeve hätte bestimmt einiges dagegen, wenn sie auf ihr herumtrommelte, wo sie doch schon von Cerandin genug abbekommen hatte. Was mag da wirklich zwischen den beiden geschehen sein? Ich muss Cerandin ausfragen. Was auch in der Welt der Träume los war, Nynaeve sollte eigentlich in der Lage sein, jederzeit aus dem Traum zu entkommen und zurückzukehren, wenn sie das wünschte. Außer … Egwene hatte behauptet, die Weisen Frauen könnten jemand gegen den Willen dieser Person in Tel’aran’rhiod festhalten. Falls sie ihr das beigebracht hatten, hatte sie es allerdings nicht an Elayne oder Nynaeve weitergegeben. Wenn nun jemand Nynaeve dort festhielt und ihr Schmerzen zufügte, konnten das wohl kaum Birgitte oder die Weisen Frauen sein. Gut, die Weisen Frauen brächten so etwas schon fertig, falls sie Nynaeve auf Abwegen erwischt hatten. Doch wenn nicht sie, dann blieb nur noch …
    Sie packte Nynaeve an den Schultern, um sie zu schütteln. Falls das nicht wirkte, würde sie die Kanne Wasser auf dem Tisch mithilfe der Macht bis an den Gefrierpunkt abkühlen oder die andere ohrfeigen … Doch dann schlug Nynaeve die Augen auf.
    Fast im selben Augenblick begann sie auch schon, laut zu weinen. Ein so verzweifeltes Weinen hatte Elayne noch nie vernommen. »Ich habe sie getötet. O Elayne, ich habe sie mit meinem törichten Stolz umgebracht, habe gedacht, ich könne …« Sie konnte nicht weitersprechen und schluchzte nur mit geöffnetem Mund.
    »Wen hast du getötet?« Moghedien konnte es nicht sein, denn der Tod dieser Frau würde bei ihr sicherlich keine Trauer auslösen. Sie wollte Nynaeve gerade in die Arme nehmen und trösten, da trommelte jemand an die Tür.
    »Schick sie weg«, brachte Nynaeve mühsam heraus und rollte sich in der Mitte ihres Betts zu einem zitternden Häufchen Elend zusammen.
    Seufzend ging Elayne zur Tür und zog sie auf. Doch bevor sie ein Wort herausbrachte, schob sich Thom aus der Nacht heraus an ihr vorbei. Das zerknitterte Hemd hing ihm aus der Hose und er trug eine in seinen Umhang gewickelte Gestalt auf den Armen. Nur die bloßen Füße einer Frau waren zu sehen.
    »Sie war einfach plötzlich da«, sagte Juilin hinter ihm, als könne er die eigenen Worte kaum glauben. Beide Männer waren barfuß und Juilins hagerer, unbehaarter Oberkörper war nackt. »Ich bin ganz kurz aufgewacht, und da stand sie plötzlich vor mir, nackt wie ein Neugeborenes, und klappte augenblicklich zusammen wie ein Sack Fischmehl.«
    »Sie lebt noch«, sagte Thom und legte die in den Umhang gehüllte Gestalt auf Elaynes Bett, »aber nur gerade eben. Ich konnte kaum noch einen Herzschlag fühlen.«
    Mit gerunzelter Stirn zog Elayne die Kapuze des Umhangs weg – und blickte zu Tode erschrocken direkt in Birgittes leichenblasses Gesicht.
    Nynaeve kletterte steif vom anderen Bett und kniete neben der bewusstlosen Frau nieder.

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