Das Rad der Zeit 5. Das Original: Die Feuer des Himmels (German Edition)
Ihr Gesicht glänzte tränenfeucht, doch sie hatte mit Weinen aufgehört. »Sie lebt«, hauchte sie. »Sie lebt tatsächlich noch.« Mit einem Mal schien ihr bewusst zu werden, dass sie im Hemd vor den Männern kniete, aber sie würdigte die beiden kaum eines Blickes und sagte lediglich: »Schicke sie raus, Elayne. Ich kann nichts tun, wenn sie dastehen und wie die Schafe gucken.«
Thom und Juilin sahen sich an und rollten frustriert die Augen, als Elayne sie hinauswinkte. Sie schüttelten leicht die Köpfe, gingen dann aber doch zur Tür, ohne sich zu beklagen. »Sie ist … eine Freundin«, sagte Elayne zu ihnen. Sie hatte das Gefühl, zu schweben wie in einem Traum, und sie empfand gar nichts dabei. Wie konnte das möglich sein? »Wir werden uns um sie kümmern.« Wie konnte das geschehen? Das war doch unmöglich! »Sagt niemandem etwas davon!« Die Blicke, die sie ihr zuwarfen, bevor sie die Tür zuschlug, ließen sie erröten. Natürlich waren sie schlau genug, nicht darüber zu reden. Aber manchmal musste man Männer an die einfachsten Sachen erinnern, sogar Thom. »Nynaeve, was, beim Licht …«, begann sie, als sie sich zu den anderen Frauen umwandte, brach jedoch ab, da sie das Glühen Saidars um die Kniende herum wahrnahm.
»Verdammt soll sie sein!«, grollte Nynaeve, die wild entschlossen Stränge der Macht lenkte. »Für immer soll sie verdammt sein, weil sie das getan hat!« Elayne erkannte die Stränge, die zur Heilung notwendig waren, aber weiter reichten ihre Kenntnisse nicht. »Ich werde sie aufspüren, Birgitte«, murmelte Nynaeve wieder. Stränge aus dem Element Geist dominierten das Gewebe, aber auch Wasser und Luft waren darin verwoben und sogar etwas Erde und Feuer. Es wirkte genauso kompliziert, als wolle man mit jeder Hand auf ein anderes Kleid Muster sticken, und das gleichzeitig auch noch mit den Füßen. Und mit verbundenen Augen. »Sie wird dafür bezahlen.« Das Glühen um Nynaeve wurde immer stärker, bis es die Lampen überstrahlte und Elayne nur noch mit zusammengekniffenen Augen sehen konnte. »Ich schwöre es! Beim Licht und meiner Hoffnung auf Erlösung und Wiedergeburt, ich werde sie dafür bezahlen lassen!« Der Zorn in ihrer Stimme änderte sich und wurde womöglich noch größer. »Es funktioniert nicht. Es ist nichts an ihr, was ich heilen könnte. Es geht ihr so gut, wie es nur sein kann. Und doch stirbt sie. O Licht, ich spüre, wie mir ihr Leben entgleitet. Verdammt sei Moghedien! Seng sie! Und mich gleich mit!« Sie gab aber noch nicht auf. Das Gewebe blieb bestehen. Kompliziert verwundene Stränge flossen in Birgitte ein. Und die Frau lag da, der goldene Zopf hing an der Seite des Betts herunter, und ihre Brust hob und senkte sich immer langsamer.
»Ich kann etwas tun, das vielleicht helfen wird«, sagte Elayne bedächtig. Man müsste dafür eigentlich eine Genehmigung einholen, aber das war auch nicht immer so gewesen. Einst war es durchaus auch ohne Genehmigung geschehen. Es gab keinen Grund, warum es bei einer Frau nicht anwendbar sein sollte. Sie hatte allerdings noch nie davon gehört, dass es bei einer Frau angewandt worden sei; nur immer bei Männern.
»Verknüpfung?« Nynaeve wandte den Blick nicht von der Frau auf dem Bett und ließ in ihren Bemühungen mit der Macht nicht nach. »Ja. Du wirst es tun müssen, denn ich weiß nicht, wie, aber ich muss die Führung übernehmen. Ich weiß nicht einmal zur Hälfte, was ich eigentlich in diesem Augenblick überhaupt mache, aber wenigstens weiß ich, dass ich es schaffen kann. Du könntest nicht einmal eine Prellung heilen.«
Elayne verzog den Mund, ließ die Bemerkung aber unbeantwortet. »Nein, keine Verknüpfung.« Die Menge an Saidar , die Nynaeve in sich aufgesogen hatte, war erstaunlich. Wenn sie damit Birgitte nicht retten konnte, würde das, was Elayne noch hinzufügen könnte, auch nicht mehr bringen. Gemeinsam wären sie wohl stärker, als eine einfache Addition ihrer Kräfte ergäbe, aber sie wusste nicht einmal genau, ob sie dazu schon in der Lage sei. Sie hatte sich nur einmal verknüpft, und das hatte eine Aes Sedai getan, mehr, um ihr zu zeigen, was das für ein Gefühl war, als einen Zweck zu erfüllen. »Hör auf damit, Nynaeve. Du hast ja selbst gesagt, dass es nicht funktioniert. Hör auf und lass mich einen Versuch machen. Wenn es damit auch nicht geht, kannst du ja …« Was konnte sie dann? Wenn die Heilung geschah, dann war alles gut, wenn nicht … Es hatte gar keinen Zweck, es noch einmal
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