Das Rad der Zeit 5. Das Original: Die Feuer des Himmels (German Edition)
sagte. Sie hatten im Herd des Wohnwagens immer noch einiges an Gold, aber Luca hatte ja seine versprochenen hundert Goldkronen noch nicht verlangt, und er würde das nicht vergessen. Nun, falls nötig, war da ja noch immer der Schmuck. Sie musste sichergehen, sie von Masema fernzuhalten. »Abgesehen davon wird sich keiner von Euch mir oder der Truppe nähern.« Sonst würden sie vermutlich eine Wache oder etwas ähnlich Unsinniges aufstellen. »Nicht, bevor nicht ein Flussschiff anlegt. In diesem Fall kommt Ihr aber sofort her. Verstanden?«
»Nein«, knurrte Uno. »Warum sollen wir uns verflucht noch mal fernh …?« Sein Kopf zuckte zurück, als ihr mahnender Zeigefinger beinahe seine Nase berührte.
»Erinnert Ihr euch daran, was ich Euch über Eure Ausdrucksweise gesagt habe?« Sie musste sich zwingen, ihn streng anzuschauen, denn diese böse starrende rote Augenklappe drehte ihr den Magen herum. »Entweder Ihr denkt künftig daran, oder Ihr werdet feststellen, warum sich die Männer von den Zwei Flüssen anständig ausdrücken.«
Sie beobachtete ihn, wie er darüber nachdachte. Er kannte ihre Verbindung zur Weißen Burg nicht, wusste nur, dass da etwas war. Sie konnte durchaus eine Agentin der Burg oder in der Burg ausgebildet sein. Oder sogar eine Aes Sedai, wenn sie auch die Stola bestimmt noch nicht lange trug. Außerdem war die Drohung so vage gehalten, dass er seine schlimmsten Befürchtungen hineininterpretieren konnte. Diese Methode hatte sie schon lange gekannt, bevor Juilin sie einmal Elayne beschrieb.
Als ihr schließlich schien, dass ihre Anweisung hinreichend verstanden worden sei und bevor er Fragen stellen konnte, senkte sie die Hand. »Ihr werdet Euch aus dem gleichen Grund fernhalten wie Galad. Um keine Aufmerksamkeit zu erregen. Und außerdem, weil ich es so will. Wenn ich jede meiner Entscheidungen erst mit Euch diskutieren muss, habe ich keine Zeit mehr für etwas anderes. Also macht das Beste daraus.«
Das war ein typischer Kommentar, wie ihn eine Aes Sedai gab. Außerdem hatten sie gar keine andere Wahl, wenn sie ihr helfen wollten, zu Rand zu kommen, und das glaubten sie ja. Also: Es blieb ihnen nichts anderes übrig. Alles in allem war sie recht zufrieden mit sich, als sie die beiden nach Samara zurückschickte und an der wartenden Menge vorbei unter Lucas Schild hindurchschritt.
Zu ihrer Überraschung hatte ihre Truppe mittlerweile Verstärkung erhalten. Auf einer neuen Plattform unweit des Eingangs stand eine Frau in durchscheinender gelber Hose mit ausgestreckten Armen auf dem Kopf, auf jeder Hand ein Pärchen weißer Tauben. Nein, sie stand gar nicht auf dem Kopf. Die Frau hatte sich eine Art von Holzrahmen zwischen die Zähne geklemmt und balancierte darauf . Während Nynaeve verdattert zusah, senkte diese Akrobatin ihre Handflächen einen Augenblick lang auf die Plattform hinunter, während sie sich zusammenkrümmte, bis es schien, als sitze sie auf ihrem eigenen Kopf. Aber das reichte ihr immer noch nicht. Sie senkte nun die Beine vor sich und hob sie dann wieder empor, allerdings unter ihre Arme, woraufhin sie die Tauben auf ihre Fußsohlen hinübertrippeln ließ. Die waren nunmehr der höchste Punkt dieses verdrehten menschlichen Balles, zu dem sie sich verknotet hatte. Die Zuschauer schnappten nach Luft und applaudierten, doch der Anblick ließ Nynaeve schaudern. Er erinnerte sie zu deutlich daran, was Moghedien mit ihr angestellt hatte.
Aber deshalb will ich doch nicht die ganze Angelegenheit den Blauen übergeben, sagte sie sich im Stillen. Ich will nur nicht wieder eine Katastrophe auslösen. Das stimmte auch, doch sie fürchtete, beim nächsten Mal würde sie nicht so einfach und so leicht davonkommen. Das hätte sie vor niemandem sonst zugegeben. Sie gab es noch nicht einmal vor sich gern zu.
Sie warf noch einen letzten erstaunten Blick auf die Schlangenfrau. Wie diese Frau sich mittlerweile selbst verknotet hatte, würde ihr wohl immer rätselhaft bleiben. Dann wandte sie sich ab. Und erschrak, als Birgitte und Elayne plötzlich aus dem Durcheinander von Menschen an ihrer Seite heraustraten. Elayne hatte ihren Umhang geschlossen und verbarg so keusch den weißen Mantel und die Hose, während Birgitte stolz ihr tief ausgeschnittenes rotes Kleid zur Schau stellte. Sie stand sogar noch höher aufgerichtet da als sonst und hatte den Zopf auf dem Rücken hängen, um ja nichts zu verdecken. Nynaeve tastete nach dem Knoten, der ihr Tuch an der Hüfte zusammenhielt und
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