Das Rad der Zeit 5. Das Original: Die Feuer des Himmels (German Edition)
später hielt Egwene den anderen fest, und die beiden hängte sich an ihn, als wollten sie, dass er auf dieser Stelle Wurzeln schlüge. »Sei kein vollständiger Wollkopf«, sagte Egwene. Auf seinen bösen Blick hin fuhr sie dann doch zusammen, ließ aber nicht los. Sie hatte sich das braune Stirntuch wieder umgebunden, doch ihr Haar war noch immer wirr. Mit den Fingern hatte sie es nicht richtig durchkämmen können. Auch waren Bluse und Rock mit Staub bedeckt. »Wer das auch angerichtet hat, hat doch mit Absicht so lange gewartet, bis du müde sein musstest! Denn wenn er seinen Zweck verfehlt hat, dich zu töten, und du verfolgst ihn, hat er trotzdem leichtes Spiel mit dir. Du kannst dich ja kaum auf den Beinen halten!«
Aviendha war genauso wenig bereit loszulassen und erwiderte seinen wütenden Blick mit einem ebensolchen. »Du wirst hier gebraucht, Rand al’Thor. Hier, Car’a’carn . Liegt mehr Ehre für dich darin, diesen Mann zu töten, oder den Menschen hier zu helfen, die du in dieses Land gebracht hast?«
Ein junger Aielmann rannte durch die Kette der Töchter herauf, die Shoufa um die Schultern gehängt, Speer und Schild entspannt schwingend. Falls er es eigenartig fand, dass Rand von zwei Frauen festgehalten wurde, zeigte er es nicht. Er musterte die zerschmetterten Reste des Turms und die Toten und Verwundeten mit leichter Neugier, als frage er sich, wie das passiert sei und wo wohl die toten Gegner liegen mochten. Er steckte seine Speerspitzen vor Rand in den Boden und sagte: »Ich bin Seirin, aus der Schorara-Sept der Tomanelle.«
»Ich sehe Euch, Seirin«, erwiderte Rand genauso formell. Nicht ganz einfach, wenn einen zwei Frauen festhalten, als wolle man davonlaufen.
»Han von den Tomanelle schickt diese Botschaft an den Car’a’carn : Die Clans im Osten bewegen sich aufeinander zu. Alle vier. Han hat vor, sich mit Dhearic zusammenzuschließen, und er hat einen Boten zu Erim geschickt mit der Bitte, sich ihnen ebenfalls anzuschließen.«
Rand atmete bewusst gleichmäßig ein und hoffte, die Frauen würden glauben, er verziehe das Gesicht wegen dieser Neuigkeit. Doch seine Seite brannte, und er spürte, wie das Blut langsam sein Hemd durchnässte. Also hatte er keine Truppen zur Verfügung, um Couladin nach Norden zu zwingen, wenn die Shaido flohen. Falls sie flohen, denn bisher hatte er kein Anzeichen dafür entdecken können. Warum schlossen sich die Miagoma und die anderen zusammen? Falls sie vorhatten, sich gegen ihn zu stellen, hätten sie ihn doch damit lediglich vorgewarnt. Doch falls sie sich wirklich gegen ihn stellten, waren sie Han und Dhearic und Erim gegenüber in der Überzahl, und falls die Shaido lange genug standhielten und die vier Clans den Durchbruch erzwangen … Über die bewaldeten Hügel hinweg konnte er erkennen, dass es über der Stadt zu regnen begonnen hatte, nun, da Egwene und Aviendha die Wolken nicht mehr mit ihrem Gewebe festhielten. Das würde beide Seiten behindern. Sollten die Frauen nicht doch in einem besseren Zustand sein, als sie den Anschein erweckten, waren sie vielleicht bei dieser Entfernung nicht mehr in der Lage, die Kontrolle über das Wetter zurückzugewinnen.
»Sagt Han, er solle tun, was er muss, um sie uns aus dem Rücken zu halten.«
So jung er auch war – und wenn er ihn genauer betrachtete, war er ungefähr im gleichen Alter wie er selbst –, zog Seirin nun doch überrascht eine Augenbraue hoch. Natürlich. Han würde sowieso nichts anderes tun, und Seirin war das auch klar. Er wartete nur lange genug, um sicher zu sein, dass Rand dem nichts hinzufügen wolle, und dann eilte er genauso schnell hügelab, wie er gekommen war. Zweifellos wollte er schnell genug zurückkehren, damit er nicht mehr vom Kampf versäumte als unbedingt notwendig. Was das betraf, mochte es durchaus dort draußen im Osten bereits begonnen haben.
»Ich brauche jemanden, der Jeade’en holt«, sagte Rand, sobald Seirin davongeeilt war. Sollte er versuchen, so weit zu laufen, würde er wirklich die Frauen benötigen, damit sie ihn auf den Beinen hielten. Die beiden sahen sich gar nicht ähnlich, aber sie schafften es, einen nahezu identischen Ausdruck von Misstrauen zu zeigen. Diese Mienen mussten wohl zu den Dingen gehören, die einem Mädchen in frühester Jugend von der Mutter beigebracht wurden. »Ich will keineswegs Sammaels Spur folgen.« Noch nicht. »Ich muss jedoch näher an die Stadt herankommen.« Er nickte in Richtung des umgestürzten Turmes. Das war
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