Das Rad der Zeit 5. Das Original: Die Feuer des Himmels (German Edition)
worden, bis Zheres ihr einen Kuss stahl. Man hätte glauben können, damit habe sie erst entdeckt, dass es Männer gab. Sie berauschte sich derart an ihren eigenen Gefühlen, dass Zheres sich auf einen Berg zurückzog, um ihr zu entgehen. Pass auf den ersten Mann auf, der dich küsst. Früher oder später kommt bestimmt einer.«
Mit geballten Fäusten trat Nynaeve einen Schritt auf sie zu. Jedenfalls versuchte sie das. Irgendwie befand sich plötzlich Elayne zwischen den beiden und hielt sie mit erhobenen Händen zurück.
»Ihr hört sofort damit auf!«, sagte sie und sah beiden abwechselnd mit ihrer typischen Hochnäsigkeit in die Augen. »Lini hat immer gesagt: ›Das Warten verwandelt Männer in Bären, die man in eine Scheune geschlossen hat, und Frauen in Katzen, die in einem Sack stecken‹, aber ihr beiden hört jetzt augenblicklich damit auf, euch gegenseitig zu beharken! Ich werde das nicht länger zulassen!«
Zu Nynaeves Überraschung errötete Birgitte tatsächlich und knurrte eine mürrische Entschuldigung. Natürlich war sie an Elayne gerichtet, aber die Entschuldigung an sich war in der Tat überraschend. Birgitte hatte sich entschlossen, immer in Elaynes Nähe zu bleien, da keine Notwendigkeit bestand, sich zu verbergen, aber nach drei Tagen setzte ihr die Hitze offensichtlich genauso zu wie Elayne. Nynaeve wiederum warf der Tochter-Erbin ihren eisigsten Blick zu. Sie selbst hatte sich schließlich um Ausgleich bemüht, während sie miteinander warteten, aber Elayne sollte wirklich gar besser schweigen.
»Also?«, sagte Elayne immer noch in diesem eisigen Tonfall, »hattest du irgendeinen Grund, wie ein Stier hier hereinzustürmen, oder hast du einfach vergessen, wie man anklopft?«
Nynaeve öffnete den Mund, um ihr etwas über Katzen zu sagen – nur eine sanfter Anstoß –, aber Birgitte kam ihr zuvor. Sie sprach noch etwas aggressiver: »Thom und Juilin sind aus der Stadt zurück.«
»Zurück!?«, rief Nynaeve, und Birgitte blickte sie an, bevor sie sich wieder Elayne zuwandte.
»Du hattest sie nicht weggeschickt?«
»Habe ich nicht«, sagte Elayne grimmig.
Sie war bereits mit Birgitte im Schlepptau aus der Tür, bevor Nynaeve ein Wort herausbrachte. So blieb ihr nichts anderes übrig, als ihnen knurrend zu folgen. Elayne sollte sich bloß nicht plötzlich einbilden, sie sei diejenige, die hier die Befehle erteilte. Nynaeve hatte ihr immer noch nicht verziehen, dass sie den Männern so viel erzählt hatte.
Die schwüle Hitze wurde draußen noch schlimmer, denn die Sonne stand bereits über dem Rand der Segeltuchumzäunung um die Menagerie. Der Schweiß trat ihr auf die Stirn, bevor sie auch nur den Fuß der kleinen Treppe erreicht hatte, aber ausnahmsweise einmal verzog sie keine Miene.
Die beiden Männer saßen auf dreibeinigen Hockern neben dem Lagerfeuer. Ihr Haar war wirr, und die Mäntel sahen aus, als hätten sie sich im Staub gewälzt. Thom drückte ein zusammengerolltes Tuch an seinen Haarschopf, und darunter rann Blut hervor. Getrocknetes Blut verunstaltete seine Wange und hatte auch ein Ende seines Schnurrbarts verfärbt. Neben Juilins Auge war eine bläulich angelaufene Schwellung von der Größe eines Hühnereis zu sehen, und die Hand, in der er seinen daumendicken Stock aus hellem, gegliedertem Holz hielt, war mit einer durchbluteten Bandage notdürftig umwickelt. Auf diesem lächerlichen kegelförmigen roten Hut, den er schief auf dem Hinterkopf trug, schien jemand herumgetrampelt zu haben.
Den Geräuschen innerhalb der Umzäunung nach zu schließen, waren die Pferdeknechte bereits dabei, die Käfige zu reinigen, und zweifellos befand sich Cerandin schon bei ihren S’redit , zu denen sich keiner der Männer hintraute, doch ansonsten rührte sich noch nicht viel im Wohnwagenlager. Petra rauchte seine langstielige Pfeife, während er Clarine dabei half, das Frühstück vorzubereiten. Zwei der Chavanas untersuchten gemeinsam mit Muelin, der Schlangenfrau, irgendeinen Apparat, während die beiden anderen mit zwei der sechs Akrobatinnen flirteten, die Luca Sillia Ceranos Truppe abspenstig gemacht hatte. Sie behaupteten, Schwestern zu sein und Murasaka zu heißen, dabei sahen sie noch unterschiedlicher aus, was ihre Gesichter und ihren Teint betraf, als die Chavanas. Eine der beiden, die – angetan mit bunten seidenen Morgenmänteln – bei Brugh und Taeric saßen, hatte blaue Augen und weißblondes Haar, die Haut der anderen dagegen war beinahe so dunkel wie ihre Augen. Alle
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