Das Rad der Zeit 5. Das Original: Die Feuer des Himmels (German Edition)
anderen sie endlich einholten. Elayne warf ihr einen Seitenblick zu und schnaubte lautstark, während sie mit den beiden großen, immer wieder verrutschenden Bündeln auf ihrem Rücken kämpfte. Sie musste ja auch wieder alles mitnehmen! Birgitte schritt neben ihr und tat so, als führe sie Selbstgespräche, doch sie knurrte durchaus hörbar etwas von Frauen, die wegrannten wie die Carpanmädchen, die von einer Klippe springen wollten. Nynaeve ignorierte beide gleichermaßen.
Die Männer verteilten sich um sie herum – Galad vorn, flankiert von Thom und Juilin, und die Shienarer in zwei Reihen zu ihrer Rechten und Linken. Misstrauische Augen suchten jeden verwelkten Strauch und jede kleine Mulde zu beiden Seiten nach möglichen Gefahren ab. Nynaeve kam sich schon ein bisschen töricht vor, wie sie da mitten zwischen ihnen einherstolzierte. Man hätte denken können, sie erwarteten jeden Moment, dass sich ein ganzes Heer vom Boden erhob, und man hätte sie und die beiden anderen Frauen für ganz und gar hilflos halten können, besonders, als die Shienarer, die schweigend Unos Führung folgten, auch noch die Schwerter zogen. Warum eigentlich, wo doch kein einziges menschliches Wesen zu sehen war; selbst die Hüttendörfer vor der Stadt schienen verlassen. Galads Klinge blieb in der Scheide, aber Juilin hielt seinen daumendicken Stab kampfbereit in der Hand, anstatt ihn als Spazierstock zu benützen. In Thoms Händen tauchten plötzlich Messer auf und verschwanden wieder, als sei er sich dessen gar nicht bewusst. Sogar Birgitte legte einen Pfeil auf. Nynaeve schüttelte den Kopf. Die Schläger mussten schon sehr tapfer sein, die sich in Reichweite der Waffen dieser Gruppe begaben.
Dann erreichten sie Samara, und sie begann sich zu wünschen, sie hätte das Angebot Petras und der Chavanas akzeptiert und jeden zu ihrem Schutz mitgenommen, der sich anbot.
Das Tor stand offen und war unbewacht, und über die graue Stadtmauer quollen sechs schwarze Rauchsäulen in den Himmel. Die Straßen dahinter waren ruhig. Glasscherben aus eingeschlagenen Fenstern knirschten unter ihren Stiefeln, doch das war das einzige Geräusch, abgesehen von einem entfernten Summen, das klang, als flögen ungeheure Schwärme von Wespen durch die Stadt. Auf den Pflastersteinen lagen zersplitterte Möbel und vereinzelte Kleidungsstücke, Töpfe und Geschirr, Gegenstände, die man aus Läden und Wohnungen geworfen hatte. Es war nicht festzustellen, ob Plünderer oder Flüchtlinge dieses Durcheinander angerichtet hatten.
Nicht nur Hab und Gut war zerstört worden. Bei einem Haus hing die Leiche eines Mannes in einem grünen Seidenmantel halb aus einem Fenster, schlaff und bewegungslos, während man an den Dachbalken der Werkstatt eines Blechschmieds einen zerlumpten Burschen am Hals aufgehängt hatte. Einige Male erhaschte sie in Seitenstraßen oder schmalen Gassen einen Blick auf etwas, das wie weggeworfene Kleiderbündel aussah. Doch ihr war klar, dass es keine waren.
An einem Haus hing die eingeschlagene Tür schief an einem einzigen Scharnier, und dahinter züngelten kleine Flammen an einer Holztreppe empor. Gerade eben begann Rauch herauszuquellen. Die Straßen war jetzt wohl menschenleer, doch wer das auch angerichtet hatte, war noch nicht lange fort. Nynaeve drehte unablässig den Kopf hin und her in dem Bemühen, nach allen Seiten gleichzeitig Ausschau zu halten, und außerdem hatte sie ihr Messer fest in die Hand genommen.
Manchmal schwoll das zornige Summen an, ein wortloser, kehliger Aufschrei der Wut, der kaum eine Straße entfernt schien, und manchmal flaute er zu einem dumpfen Murmeln ab. Doch als das Verhängnis kam, kam es ganz plötzlich und lautlos. Wie ein Rudel hungriger Wölfe kam die kompakte Masse von Männern um die nächste Ecke, füllte die Straße von einer Seite zur anderen, lautlos bis auf das Stampfen der Stiefel. Der Anblick Nynaeves und der anderen wirkte auf sie wie eine Fackel, die man auf den Heuboden wirft. Es gab kein Zögern. Wie ein Mann stürzten sie los, heulten wild auf, schwangen Mistgabeln und Schwerter, Äxte und Knüppel, alles, was man als Waffe benützen konnte.
In Nynaeve kochte noch genug Zorn, dass sie in der Lage war, nach Saidar zu greifen, und das tat sie denn auch, ohne weiter nachzudenken und noch bevor sie das Glühen um Elayne herum wahrnahm. Es gab ein Dutzend Möglichkeiten, allein und ohne Hilfe diesen Mob zurückzuhalten, und ein Dutzend mehr, ihn zu vernichten, wenn sie das wollte.
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