Das Rad der Zeit 5. Das Original: Die Feuer des Himmels (German Edition)
hob den Kasten an und öffnete den Deckel. Sie schürzte die Lippen, als sie den Inhalt betrachtete, nämlich die beiden anderen Ter’angreale , die sie den ganzen Weg von Tear her mitgenommen hatten. Eine kleine Eisenscheibe, auf deren Seiten jeweils eine enge Spirale eingraviert war, und eine schmale Spange, etwa zehn Fingerbreit lang, anscheinend aus Bernstein, doch härter als Stahl, in deren Innerem auf irgendeine Art die kleine Figur einer schlafenden Frau eingelassen worden war. Jedes von beiden konnte man benützen, um Tel’aran’rhiod zu betreten, doch es war nicht so leicht und bequem wie mithilfe des Rings. Man musste ein Gewebe aus dem Element Geist knüpfen, der Einzigen der Fünf Mächte, die im Schlaf benützt werden konnte. Nynaeve war es nur recht und billig vorgekommen, wenn sie die beiden Elayne überließ, da sie selbst ja den Ring in Verwahrung genommen hatte. Elayne knallte den Kasten beinahe zu, blickte sie völlig ausdruckslos an und steckte ihn dann neben den silbernen Pfeil in eines ihrer Bündel. Ihr Schweigen war entsetzlich laut.
Auch Elayne packte zwei Bündel, doch ihre waren größer. Sie ließ nichts zurück außer den paillettenbestickten Jacken und Hosen. Nynaeve hielt sich zurück; am liebsten hätte sie gefragt, ob Elayne diese übersehen habe. Das konnte ja durchaus passieren, wenn man so schmollte. Aber sie wusste ja schließlich, wie man Harmonie erzeugt, also ließ sie es bleiben. Sie beschränkte sich auf ein Schnauben, als Elayne betont den A’dam mit in eines ihrer Bündel steckte, doch der Blick, den sie dafür zurückbekam, sagte ihr, dass jeder ihrer möglichen Einwände wohl verstanden worden war. Als sie schließlich den Wohnwagen verließen, hätte man das Schweigen in Stücke hauen und zum Kühlen von Wein benutzen können.
Draußen standen die Männer schon bereit. Und sie waren ziemlich knurrig und warfen ihr und Elayne ungeduldige Blicke zu. Das war ja wohl kaum fair. Galad und Uno hatten nichts vorbereiten müssen. Thoms Flöte und Laute hingen in ihren Lederbehältern auf seinem Rücken neben einem kleinen Bündel, und Juilin, dessen schartiger Schwertfänger an seinem Gürtel hing, während er sich auf seinen mannshohen Kampfstock stützte, hatte sich ebenfalls nur ein noch kleineres Bündel – sauber verschnürt – umgehängt. Männer waren ja immer bereit, die gleichen Kleider so lange zu tragen, bis sie ihnen am Leib zerfielen.
Natürlich stand auch Birgitte bereit, den Bogen in der Hand, den Köcher an der Seite und ein in den Umhang gehülltes Bündel, das nicht viel kleiner war als eines von Elayne, vor den Füßen. Nynaeve hielt es bei Birgitte durchaus für möglich, dass sie Lucas Kleider eingepackt hatte, aber was sie mittlerweile angezogen hatte, ließ sie doch stutzen. Ihr weiter Hosenrock hätte beinahe der sein können, den sie in Tel’aran’rhiod angehabt hatte, nur war er eher golden als gelb, und die Hosenbeine waren an den Knöcheln nicht zugebunden. Der blaue Mantel war vom gleichen Schnitt, wie sie ihn in der Welt der Träume getragen hatte.
Das Rätsel, wo sie die Kleider herbekommen hatte, löste sich von selbst, als Clarine herbeieilte und hervorsprudelte, sie habe viel zu lange gebraucht, na, und jedenfalls hatte sie zwei weitere Hosenröcke und einen Mantel dabei, die schnell zusammengelegt in Birgittes Bündel wanderten. Sie blieb noch etwas und beteuerte, wie leid es ihr täte, dass sie die Truppe verließen, und sie war auch keineswegs die Einzige, die sich trotz der Hetze, der Packerei und Anspannerei ein paar Augenblicke Zeit nahm, um sich zu verabschieden. Aludra kam und wünschte ihnen eine sichere Reise, wohin sie sie auch führen mochte, und das in ihrem kräftigen Taraboner Dialekt. Und sie brachte ihnen zwei weitere Schächtelchen mit ihren Feuerstöckchen. Nynaeve steckte sie seufzend in ihre Umhängetasche. Sie hatte die anderen absichtlich zurückgelassen, und Elayne hatte sie schließlich hinter einen Sack Bohnen auf ein Regalbrett geschoben, als sie glaubte, Nynaeve sehe nicht her. Petra bot ihnen an, zu ihrem Schutz bis zum Fluss mitzukommen. Er gab vor, den besorgten Blick seiner Frau nicht zu bemerken. Dasselbe boten ihnen die Chavanas an und Kin und Bari, die Jongleure, aber als Nynaeve ihnen versicherte, das sei nicht nötig, konnten sie im Gegensatz zu Petra, der besorgt die Stirn runzelte, ihre Erleichterung kaum verbergen. Sie musste schnell antworten, den Galad und die anderen Männer machten den
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