Das Rad der Zeit 6. Das Original: Herr des Chaos (German Edition)
Falkner ließen sie zurück. Sie sollten alles zusammenpacken und ihnen dann folgen, so schnell es ihnen möglich war.
Gill und Paitr nahmen ihre Plätze gleich hinter ihr ein, und die Hofdamen folgten ihnen. Marande trug ihr Lächeln nun wie ein Zeichen des Triumphs zur Schau. Allerdings hatten ein paar der anderen die Stirnen missbilligend gerunzelt. Nicht zu deutlich natürlich, denn auch wenn die Frau sich Niall beugen musste, besaß sie doch genug Macht in Amadicia, um sie Vorsicht walten zu lassen, aber immerhin bemühten sich die meisten, ihre unerwünschte Aufgabe dennoch gut zu erfüllen. Der größere Teil hätte wahrscheinlich sogar Morgase freiwillig und gern gedient, aber sie wohnten nur äußerst ungern in der Festung des Lichts.
Morgase hätte gelächelt, wäre sie sicher gewesen, dass Marande es nicht sehen könnte. Der einzige Grund, warum sie nicht schon vor Wochen darauf bestanden hatte, die Frau wegzuschicken, war deren loses Mundwerk gewesen. Marande genoss es, bei ihr zu sticheln, wie sehr Andor doch ihrem Zugriff entglitten sei, aber die Namen, die sie zu diesem Zweck ausgewählt hatte, waren Balsam auf Morgases Seele. Alles Männer und Frauen, die sich während der Auseinandersetzung um die Thronfolge gegen sie gestellt hatten, alles Speichellecker Gaebrils. Von ihnen erwartete sie genau das und nicht mehr. Hätte Marande andere erwähnt, wäre das Ergebnis ganz anders ausgefallen. Lord Pelivar oder Abelle oder Luan, Lady Arathelle oder Ellorien oder Aemlyn und andere. Die waren aber bei Marandes Sticheleien niemals aufgetaucht, und ganz gewiss hätte die Frau ihre Namen erwähnt, wäre aus Andor auch nur der Hauch irgendeines Gerüchts über sie aufgetaucht. Solange Marande sie nicht nannte, bestand wenigstens noch Hoffnung, dass sie noch keinen Kniefall vor al’Thor getan hatten. Sie hatten damals Morgases Anspruch auf den Thron von Anfang an unterstützt, und wenn es das Licht wollte, würden sie auch jetzt noch dazu stehen.
Fast kahle Wälder teilten sich über einer Straße aus steinhart verbackenem Lehm, und auf dieser ritten sie südwärts nach Amador weiter. Waldstreifen wechselten sich ab mit Gestrüpp und ummauerten, brachliegenden Feldern. Das eine oder andere Steingebäude mit Strohdach und einer Scheune dahinter stand ein wenig von der Straße entfernt. Viele Leute benützten die Straße, und so stand beständig eine Staubwolke darüber, Morgase band sich ein seidenes Taschentuch vor das Gesicht, obwohl die Leute schnell zur Seite rannten, nachdem sie ihre Truppe bewaffneter und gerüsteter Männer gesichtet hatten. Manche eilten sogar unter die Bäume oder sprangen über die Mäuerchen und rannten querfeldein weiter. Die Weißmäntel beachteten sie nicht, und es erschienen auch keine Bauern, die den querfeldein Rennenden wütend hinterhergeschrien oder die Fäuste geschüttelt hätten. Einige der Höfe wirkten verlassen, da nicht einmal Hühner oder andere Tiere zu sehen waren.
Unter der Menschenmenge auf der Straße sah man hier einen Ochsenkarren, dort einen Mann, der einige Schafe einhertrieb, ein Stück weiter eine junge Frau mit einer Herde Gänse. Diese Menschen waren ganz offensichtlich Einheimische. Manche hatten sich ein Bündel oder eine Mappe am Tragriemen über die Schulter gehängt, doch die meisten kamen mit leeren Händen und wirkten, als hätten sie keine Ahnung, wohin sie eigentlich gingen. Menschen dieser Art waren immer häufiger anzutreffen, wenn Morgase gestattet worden war, Amador zu verlassen, und es spielte keine Rolle dabei, in welche Richtung sie ritt.
Morgase rückte das Taschentuch über ihrer Nase zurecht und beäugte Norowhin von der Seite her. Er war ungefähr so alt und so groß wie Tallanvor, aber da endete die Ähnlichkeit auch schon. Sein rotes Gesicht unter dem glänzenden, kegelförmigen Helm schälte sich gerade nach gewaltigem Sonnenbrand, und eine Schönheit war er auch nicht gerade. Seine schlaksige Gestalt und die hervorstehende Nase ließen sie an eine Spitzhacke denken. Jedes Mal, wenn sie die Festung des Lichts verließ, führte er ihre ›Eskorte‹, und jedes Mal bemühte sie sich, ihn endlich einmal in ein Gespräch zu verwickeln. Weißmantel oder nicht, jeder Fingerbreit, um den sie ihn von der Rolle ihres Gefängniswärters abbringen konnte, wäre ein Erfolg. »Fliehen diese Menschen vor dem Propheten, Norowhin?« Das konnte nicht für alle zutreffen, denn genauso viele wanderten nach Norden wie nach Süden.
»Nein«, sagte
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