Das Rad der Zeit 6. Das Original: Herr des Chaos (German Edition)
gaben sie sich die Hände. Not.
Verschiebung.
Es war kein gewöhnlicher Abstellraum. Sämtliche Wände waren mit Regalbrettern behängt, und zwei kurze Stellregale standen in der Mitte des Raums. Sauber angeordnet standen Reihen von Schachteln und Kästen verschiedenster Größen und Formen, einige davon beschnitzt oder lackiert, und darin lagen in Stoff gehüllte Gegenstände, dazu Skulpturen und Figurinen, eigenartige Gebilde, die anscheinend aus Metall oder Glas gefertigt waren, aus Kristall oder Stein oder glasiertem Porzellan. Nynaeve musste gar nicht mehr sehen, um zu wissen, dass es sich um Objekte handelte, die mit der Einen Macht zu tun hatten, höchstwahrscheinlich Ter’angreale , vielleicht auch einige Angreale und Sa’angreale . Eine solche Sammlung der verschiedenartigsten Gegenstände, so sorgfältig eingepackt und aufbewahrt, und das mitten in der Burg, konnte aus nichts anderem bestehen.
»Ich glaube nicht, dass es einen Zweck hat, hier noch weiterzugehen«, sagte Elayne enttäuscht. »Ich weiß nicht, wie wir jemals etwas aus diesem Raum herausbekommen könnten.«
Nynaeve zupfte kurz an ihrem Zopf. Falls es hier wirklich etwas gab, was sie gebrauchen konnten – und daran bestand kein Zweifel, sofern die Weisen Frauen nicht gelogen hatten –, dann musste es auch einen Weg geben, das in der wachenden Welt zu erreichen. Angreal und ähnliche Gegenstände wurden gewöhnlich nicht so streng bewacht. Als sie noch in der Burg wohnte, hatte man lediglich ein Schloss an einer solchen Tür angebracht und eine Novizin davorgestellt. Diese Tür hier bestand aus schweren Brettern mit einem mächtigen schwarzen Eisenschloss. Zweifellos war es abgeschlossen, aber im Geist stellte sie es sich unverschlossen und geöffnet vor.
Die Tür schwang auf, und dahinter erblickten sie einen Wachraum. An einer Wand standen schmale Stockbetten, an einer weiteren ein Gestell mit Hellebarden. Hinter einem schweren, abgewetzten Tisch, um den herum Hocker angeordnet waren, befand sich eine weitere, eisenbeschlagene Tür mit einem kleinen Gitter in Kopfhöhe darin.
Als sie sich wieder Elayne zuwandte, wurde ihr mit einem Mal bewusst, dass sich die Tür wieder geschlossen hatte. »Wenn wir hier nicht an das gelangen, was wir benötigen, dann vielleicht irgendwo anders. Ich meine, vielleicht wird etwas anderes dieselbe Wirkung haben. Wenigstens haben wir jetzt einen Hinweis bekommen. Ich glaube, das sind alles Ter’angreale , bei denen noch niemand herausgefunden hat, wie man sie benützt. Das ist der einzige vorstellbare Grund, warum man sie so bewacht. Es wäre gefährlich, in ihrer Nähe die Macht zu gebrauchen.«
Elayne warf ihr einen verschmitzten Blick zu. »Aber wenn wir es erneut versuchen, wird es uns dann nicht genau zum gleichen Ort zurückbringen? Außer … außer die Weisen Frauen hätten dir eine Methode gezeigt, wie man einen bestimmten Weg von der Suche ausschließt.«
Das hatten sie nicht. Sie hatten sich überhaupt nicht darum gerissen, ihr etwas beizubringen. Doch an einem Ort, wo es genügte, sich ein Schloss offen vorzustellen, damit es sich tatsächlich öffnete, sollte alles möglich sein. »Das ist genau das, was wir tun werden. Wir denken ganz fest daran, dass sich das, was wir suchen, nicht in Tar Valon befindet.« Sie blickte mit gefurchter Stirn die Regale an und fügte hinzu: »Und ich wette, es handelt sich um ein Ter’angreal , das niemand zu benützen weiß.« Obwohl sie noch keine Ahnung hatte, wie dies den Saal davon überzeugen könne, Rand zu unterstützen.
»Wir brauchen ein Ter’angreal , das sich nicht in Tar Valon befindet«, sagte Elayne, als habe sie Mühe, sich selbst von dieser Notwendigkeit zu überzeugen. »Also gut. Gehen wir weiter.«
Sie streckte die Hände aus, und einen Augenblick später ergriff Nynaeve sie. Nynaeve war sich nicht sicher, wieso ausgerechnet sie diejenige war, die auf einer Weitersuche bestand. Sie wollte weg aus Salidar, anstatt einen Grund zum Bleiben zu finden. Aber wenn sie auf diese Weise sicherstellen könnte, dass die Aes Sedai in Salidar Rand unterstützten …
Not. Ein Ter’angreal . Nicht in Tar Valon. Brennende Notwendigkeit.
Verschiebung.
Wo sie sich auch befinden mochten, diese von der Morgendämmerung erhellte Stadt war auf keinen Fall Tar Valon. Keine zwanzig Schritt entfernt verengte sich die breite Pflasterstraße zu einer weißen Steinbrücke, an deren beiden Enden Statuen standen, die sich über einen mit Mauern eingefassten
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