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Das Rad der Zeit 6. Das Original: Herr des Chaos (German Edition)

Das Rad der Zeit 6. Das Original: Herr des Chaos (German Edition)

Titel: Das Rad der Zeit 6. Das Original: Herr des Chaos (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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einige schmunzelten oder mit den Speeren auf die Schilde schlugen. Und keiner verließ den Hof. Sie sahen das Tor und kauerten sich nieder, um zu sehen, was geschehen würde.
    Mit durch die Macht geschärftem Gehör vernahm Rand, wie eine Tochter namens Nandera, sehnig und doch immer noch gut aussehend, obwohl in ihrem Haar mehr Grau als Blond zu sehen war, Sulin zuflüsterte: »Du hast mit Gai’shain wie mit Far Dareis Mai gesprochen.«
    Sulins blaue Augen blickten gelassen in Nanderas grüne. »Das habe ich. Wir werden darüber sprechen, wenn wir Rand al’Thor heute beschützt haben.«
    »Wenn er sicher und behütet ist«, stimmte ihr Nandera zu.
    Sulin wählte eilends zwanzig Töchter aus, von denen einige am Morgen zur fest eingeteilten Wache gehört hatten, andere aber nicht, doch als Urien Rote Schilde auswählte, bestanden auch Männer aus anderen Kriegergemeinschaften darauf, mit eingeschlossen zu werden. Diese durch das Tor sichtbare Stadt wirkte, als könne man dort Gegner vorfinden, vor denen man den Car’a’carn schützen musste. Um bei der Wahrheit zu bleiben, würde wohl kein Aiel einem möglichen Kampf ausweichen, und je jünger sie waren, desto größer war die Wahrscheinlichkeit, dass sie sogar nach jedem möglichen Kampf suchten. Ein weiterer Streit entstand beinahe, als Rand entschied, er werde nicht mehr Männer mitnehmen als Töchter des Speers, weil das die Far Dareis Mai entehren würde, denn schließlich hatte er ihnen seine Ehre anvertraut, und er werde auch nicht mehr Töchter mitnehmen, als Sulin bereits ausgewählt hatte. Er brachte sie tatsächlich an einen Ort, an dem Kampferfahrung ihnen nicht helfen würde, und auf jeden, den er mitnahm, würde er am Ende selbst aufpassen müssen. Das erklärte er ihnen aber nicht. Wer wusste schon, wessen Ehre er damit wieder beschnitt.
    »Denkt daran«, mahnte er, sobald alle ausgewählt waren, »berührt nichts! Nehmt nichts mit oder zu Euch, nicht einmal einen Schluck Wasser. Und bleibt immer in Sicht; geht auf keinen Fall in irgendein Gebäude hinein!« Haman und Covril nickten lebhaft, und das schien die Aiel mehr zu beeindrucken als Rands Worte. Solange sie nur wirklich beeindruckt waren!
    Sie traten durch das Tor in eine Stadt, die schon lange tot war, eine Stadt, mehr als nur tot.
    Eine goldene Sonne, die bereits mehr als den halben morgendlichen Weg zum Zenit zurückgelegt hatte, durchglühte die Ruinen einstiger Größe. Hier und da glänzte noch eine unbeschädigte Kuppel auf einem blassen Marmorpalast, aber die meisten wiesen große Löcher und Risse auf, wenn von ihnen überhaupt mehr als ein gezacktes Bruchstück übrig geblieben war. Lange Arkadengänge führten zu Türmen, so hoch, wie man sie sich in Cairhien nur erträumen konnte, aber auch diese Türme endeten als bröcklige Zahnstummel. Überall waren die Dächer eingestürzt, und Ziegel, Backsteine und Marmorquader von zusammengebrochenen Gebäuden lagen weit über das Straßenpflaster verstreut. An jeder Kreuzung standen trockene, rissige Brunnen und abgebrochene Denkmale. Auf hohen Trümmerbergen starben verkrüppelte Bäume in der Hitze und Dürre des Tages. Abgestorbene Unkräuter lagen braun und welk in den Ritzen und Schlaglöchern der Straßen. Nichts rührte sich, nicht einmal ein Vogel, keine Ratte und auch kein Windhauch. Die Stille hüllte Shadar Logoth wie ein Leichentuch ein. Shadar Logoth: wo der Schatten wartet.
    Rand ließ das Tor verschwinden. Kein Aiel legte den Schleier ab. Die Ogier blickten sich mit angespannten Mienen und steif zurückgestellten Ohren um. Rand hielt an Saidin fest und kämpfte gleichzeitig dagegen an. Es war so, wie Taim einst gesagt hatte: In diesem Kampf spürte ein Mann, dass er wirklich lebte. Hier hätte er diesen Anstoß ohnehin gebraucht, auch wenn er die Macht nicht gebrauchen könnte, oder vielleicht gerade dann.
    In den Tagen der Trolloc-Kriege war Aridhol eine bedeutende Hauptstadt gewesen, ein Verbündeter Manetherens und der übrigen der Zehn Nationen. Als diese Kriege schon so lange gedauert hatten, dass der Hundertjährige Krieg dagegen unbedeutend erschien, als es schien, dass der Schatten an allen Fronten siegreich sei und jeder Sieg des Lichts nicht mehr erreichen könne, als Zeit zu gewinnen, wurde ein Mann namens Mordeth Ratgeber des Herrschers in Aridhol, und er riet dem Herrscher, um zu gewinnen und zu überleben, müsse Aridhol noch härter sein als der Schatten selbst, grausamer als der Schatten, und noch weniger

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