Das Rad der Zeit 6. Das Original: Herr des Chaos (German Edition)
Westen der Drachenmauer befanden sich von der Südgrenze Shienars bis zum Meer der Stürme nur vier, und alle neu gegründet wie es die Ogier sahen. Das bedeutete, Tsofu, das jüngste der vier, war seit etwa sechshundert Jahren besiedelt und die anderen noch nicht älter als tausend Jahre. An vielen Orten stellte die Existenz der Stedding – wie schon bei denen in den Grenzlanden – für Rand eine große Überraschung dar, wie diejenigen in den Verschleierten Bergen – sechs insgesamt – und einige an der Schattenküste. Auch die Schwarzen Hügel gehörten dazu, die Wälder nördlich des Ivo-Flusses und die Bergkette am Dhagon-Fluss ein kurzes Stück nördlich von Arad Doman.
Trauriger war die Liste der aufgegebenen Stedding, weil die Anzahl der dort lebenden Ogier zu sehr geschrumpft war. Auch auf dieser Liste waren das Rückgrat der Welt und die Verschleierten Berge und die Schattenküste verzeichnet genau wie ein Stedding mitten auf der Ebene von Almoth in der Nähe des großen Graswalds, und eines in der niedrigen Hügelkette im Norden der Toman-Halbinsel, direkt über dem Aryth-Meer. Am traurigsten war vielleicht die Kunde von der Aufgabe eines Steddings in Arafel am Rande der Fäule; die Myrddraal scheuten wohl davor zurück, ein Stedding zu betreten, doch die Fäule schob sich Jahr für Jahr weiter vor und erstickte alles.
Haman hielt mit seinen Eintragungen inne und sagte traurig: »Scherandu wurde vor eintausendachthundertunddreiundvierzig Jahren von der Großen Fäule verschlungen, und Chandar vor neunhundertundachtundsechzig Jahren.«
»Möge ihr Andenken im Licht gedeihen und blühen«, murmelten Covril und Erith gemeinsam.
»Ich kenne eines, das Ihr nicht eingezeichnet habt«, sagte Rand. Perrin hatte ihm berichtet, wie er einst in einem Stedding Schutz gesucht hatte. Er zog eine Karte von dem Teil Andors östlich des Arinelle hervor und deutete auf einen Punkt ein Stück oberhalb der Straße von Caemlyn nach Weißbrücke. Etwa dort musste es liegen.
Haman verzog das Gesicht, und diesmal wirkte seine Miene fast böse. »Wo Falkenflügels Stadt stehen sollte. Das wurde niemals wieder besiedelt. Mehrere Stedding wurden gegründet und dann doch nicht mehr besiedelt. Wir versuchen, uns so weit wie möglich von den Ländern der Menschen fernzuhalten.« Alle Zeichen befanden sich mitten in rauen Gebirgen, an Orten, die für Menschen schwer zugänglich waren, in einigen Fällen auch weit von jeder menschlichen Besiedelung entfernt. Von allen lag das Stedding Tsofu menschlichen Behausungen am nächsten, und auch Rand wusste recht gut, dass das nächste Dorf eine volle Tagesreise davon entfernt lag.
»Ein andermal wäre dies ein gutes Thema für ein Gespräch«, sagte Covril, wobei sie Rand ansprach, aber offensichtlich Haman damit ermahnen wollte, wie ihr Seitenblick klar belegte, »aber ich will noch vor Anbruch der Nacht so weit wie möglich nach Westen kommen.« Haman seufzte schwer.
»Aber sicher bleibt Ihr doch eine Weile hier«, protestierte Rand. »Ihr müsst doch erschöpft sein, wenn Ihr den ganzen Weg von Cairhien zu Fuß zurückgelegt habt.«
»Frauen sind niemals erschöpft«, erwiderte Haman. »Sie erschöpfen nur die anderen. Das ist eine sehr alte Redensart bei uns.« Covril und Erith schnaubten voller Einigkeit. Haman knurrte noch etwas in sich hinein und fuhr mit seinen Markierungen fort, aber nun waren es die von den Ogiern erbauten Städte, in denen sich Haine befunden hatten, und in jedem Hain hatte ein Tor gestanden, damit die Ogier jederzeit den Weg zu ihrem Stedding zurücklegen konnten, ohne die oft so unruhigen Länder der Menschen durchwandern zu müssen.
Natürlich bezeichnete er Caemlyn und Tat Valon, Tear und Illian, Cairhien und Maradon und Ebou Dar. Das war aber schon alles, was die noch existierenden Städte betraf, und für Ebou Dar gebrauchte er den Namen Baraschta. Vielleicht gehörte Baraschta eher zu den anderen, die er als bloße Punkte an Orten einzeichnete, wo der Karte nach höchstens ein Dorf zu sehen war. Mafal Dadaranell, Ancohima und Londaren Cor natürlich, und Manetheren. Aren Mador, Aridhol, Schaemal, Deranbar, Braem, Condaris, Hai Ecorimon, Iman … Während die Liste wuchs, entdeckte Rand feuchte Flecken auf jeder Karte, mit der Haman fertig war. Er benötigte einen Augenblick, um zu begreifen, dass der Ogier-Älteste lautlos weinte, und die Tränen fielen auf die Karte, auf der er längst tote und vergessene Städte einzeichnete. Vielleicht beweinte
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