Das Rad der Zeit 6. Das Original: Herr des Chaos (German Edition)
Donnerschläge, hatte heute Nacht die ›Ehre‹ – und weniger als zehn bis zum Zelt und den Aiel. Sie waren schnell, doch mit ein oder zwei Schritt Vorsprung würden sie ihn nicht bekommen, bevor er nicht fünfzig Männer unmittelbar um sich hatte.
»Mat? Ich glaube nicht, dass Ihr schlaft, Mat. Ich habe Eure Miene gesehen. Es wird besser, wenn man die Träume ertränkt. Glaubt mir, ich kenne das.«
Mat kauerte am Boden, holte tief Luft und packte seinen Speer dabei fester. Zwei Schritte.
»Mat?« Talmanes kam immer näher. Der Idiot konnte jeden Moment über die Aiel stolpern. Sie würden ihm völlig geräuschlos die Kehle durchschneiden.
Seng dich, dachte Mat. Ich hätte nur zwei Schritte gebraucht. »Hoch die Schwerter!«, schrie er und sprang auf. »Aiel im Lager!« Er rannte den Abhang hinunter. »Sammelt Euch am Banner! Sammelt Euch unter der Roten Hand! Kommt her, Ihr hundsföttischen Grabräuber!«
Das weckte natürlich alle auf. Es musste wohl, denn immerhin brüllte er wie ein Stier im Dorngestrüpp! In jeder Richtung verbreiteten sich Rufe; Trommelschläge rissen die Männer hoch, und Trompeten riefen zum Sammeln. Die Männer des Ersten Banners sprangen unter Kampfgeschrei aus den Decken und rannten die Schwerter schwingend zu ihrer Flagge.
Trotzdem war es unbestreitbar, dass die Aiel ihm näher waren als die Soldaten. Und sie wussten genau, hinter wem sie her waren. Irgendetwas – Instinkt, sein Glück, vielleicht eine Eigenschaft des Ta’veren ; jedenfalls konnte Mat bei all dem Lärm gewiss nichts gehört haben – brachte ihn dazu, herumzuwirbeln, gerade als die erste verschleierte Gestalt wie aus dem Nichts hinter ihm auftauchte. Keine Zeit zum Überlegen. Mit dem Schaft seines Speers parierte er die heranzuckende Speerspitze des Angreifers, doch seinen Gegenstoß fing der Aiel mit dem Armschild ab und trat ihm in den Bauch. Die Verzweiflung verlieh Mat die Kraft, auf den Beinen zu bleiben, obwohl er keine Luft bekam. Er duckte sich gerade noch unter der Speerspitze weg, die nur die Haut über seinen Rippen ritzte, schlug mit dem eigenen Speerschaft dem Aiel durch einen kräftigen Hieb die Beine unter dem Leib weg und durchbohrte sein Herz. Licht, hoffentlich war es wirklich ›sein‹ Herz!
Er riss den Speer rechtzeitig heraus, um sich dem Angriff der anderen zu stellen. Ich hätte wegrennen sollen, als ich verdammt noch mal die Gelegenheit hatte! Er benutzte den Speer wie einen Bauernspieß und so schnell wie noch nie zuvor in seinem Leben, ließ ihn wirbeln, fing die zustoßenden Speerspitzen der Aiel ab und hatte keine Zeit zurückzuschlagen. Zu viele. Ich hätte meinen verfluchten Mund halten sollen und rennen! Er bekam wieder Luft. »Kommt her, Ihr hirnlosen Schafdiebe! Seid Ihr alle taub? Putzt Euch die Ohren aus und sammelt Euch!«
Er fragte sich, wieso er noch nicht tot war. Er hatte beim ersten Aiel Glück gehabt, aber so viel Glück gab es einfach nicht. Plötzlich wurde ihm bewusst, dass er nicht mehr allein war. Ein magerer Soldat aus Cairhien in Unterwäsche fiel ihm mit einem schrillen Aufschrei vor die Füße und wurde durch einen Tairener mit flatterndem Hemd und geschwungenem Schwert ersetzt. Weitere Soldaten drängten heran und schrien alles Mögliche, von »Lord Matrim und Sieg!« über »Die Rote Hand!« bis zu »Bringt dieses Ungeziefer um!«
Mat schlüpfte rückwärts weg und überließ ihnen das Kämpfen. Der General der in der ersten Linie kämpft, ist ein törichter Narr. Das entsprang diesen uralten Erinnerungen, das Zitat eines Mannes, dessen Name nicht mehr Teil der Erinnerungen war. Ein Mann könnte dort glatt umgebracht werden. Das war der reine Mat Cauthon.
Zum Schluss war es die schiere Übermacht, die den Ausschlag gab. Ein Dutzend Aiel, und gegen sie, wenn nicht die ganze Bande, dann doch immerhin ein paar Hundert, die den Hügel emporklommen, bevor alles vorüber war. Zwölf Aiel getötet, und weil es Aiel gewesen waren, um die Hälfte mehr Tote bei der Bande. Dazu bluteten und stöhnten noch einmal mindestens doppelt so viele, bis man ihre Wunden versorgt hatte, soweit sie dann noch am Leben waren. Selbst nach dieser kurzen Auseinandersetzung schmerzte Mats Körper, und Blut rann aus einem halben Dutzend Wunden. Er vermutete, man werde ihn an mindestens drei Stellen nähen müssen.
Sein Speer gab einen guten Krückstock ab, als er hinüber zu Talmanes humpelte, der ausgestreckt auf dem Boden lag, während Daerid sein linkes Bein abband.
Talmanes
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