Das Rad der Zeit 6. Das Original: Herr des Chaos (German Edition)
»Wir haben sicherlich keine Einwände dagegen, einige Tage zu rasten, bevor wir die Rückreise nach Tar Valon antreten. Darf ich in der Zwischenzeit vorschlagen, dass eine von uns verfügbar bleibt, um Euch zu beraten, wenn Ihr Rat benötigt? Wir haben natürlich von Moiraines unglückseligem Ableben gehört. Ich kann nicht selbst bleiben, aber Nesune oder Galina würden es nur zu gern tun.«
Rand betrachtete die beiden Genannten stirnrunzelnd, und Egwene hielt den Atem an. Er schien erneut etwas zuzuhören oder auf etwas zu lauschen. Nesune betrachtete ihn als Reaktion genauso offen wie er sie. Galinas Finger strichen unbewusst ihre Röcke glatt.
»Nein«, sagte er schließlich und setzte sich zurück, die Hände auf die Armlehnen gestützt. Der Sessel wirkte dadurch mehr denn je wie ein Thron. »Es ist vielleicht nicht sicher. Ich möchte nicht, dass eine von Euch versehentlich einen Speer in die Rippen bekommt.« Coiren öffnete den Mund, aber er fuhr fort. »Um Eurer eigenen Sicherheit willen sollte keine von Euch ohne Erlaubnis näher als eine Meile an mich herankommen. Am besten bleibt Ihr, ohne anderweitige Erlaubnis, auch ebenso weit vom Palast entfernt. Ihr werdet es erfahren, wenn ich bereit bin, mit Euch zu gehen. Das verspreche ich.« Er erhob sich unvermittelt. Er stand so hoch aufragend auf dem Podest, dass die Aes Sedai den Hals recken mussten, und es war offensichtlich, dass ihnen dies genauso wenig gefiel wie seine Einschränkungen. Drei Versteinerte starrten zu ihm hoch. »Ihr könnt jetzt in Euer Quartier zurückkehren. Je schneller ich mich um gewisse Dinge kümmern kann, desto eher kann ich zur Burg ziehen. Ich werde Euch benachrichtigen, wann ich Euch wieder treffen kann.«
Sie waren über diese plötzliche Entlassung nicht erfreut. Aes Sedai bestimmten, wann eine Audienz beendet war, und doch konnten sie jetzt kaum etwas anderes tun als einen knappen Hofknicks zu vollführen, wobei ihre Verärgerung fast durch ihre zur Schau gestellte Gelassenheit hindurchbrach.
Als sie sich zum Gehen wandten, sprach Rand wie beiläufig erneut. »Ich vergaß zu fragen, wie es Alviarin geht.«
»Es geht ihr gut.« Galinas Mund blieb einen Moment offen stehen, und ihre Augen weiteten sich. Sie schien darüber erschrocken zu sein, dass sie gesprochen hatte.
Coiren zögerte, ob sie die Gelegenheit ergreifen und noch mehr sagen sollte, aber Rand wartete bereits ungeduldig. Als sie fort waren, trat er von dem Podest herab, wog die Speerspitze in der Hand und betrachtete die Türen, die sich hinter den Aes Sedai geschlossen hatten.
Egwene trat sofort zu ihm. »Welches Spiel spielst du, Rand al’Thor?« Sie hatte bereits ein halbes Dutzend Schritte zurückgelegt, bevor sie durch einen Blick auf ihr Spiegelbild in den Spiegeln erkannte, dass sie geradewegs durch sein Saidin -Gewebe hindurchgeschritten war. Zumindest hatte sie es nicht bemerkt, als es sie berührte. »Nun?«
»Galina gehört zu Alviarin«, sagte er nachdenklich. »Sie ist eine von Alviarins Freundinnen. Darauf könnte ich wetten.«
Sie stellte sich vor ihn hin. »Und du würdest dein Geld verlieren. Galina ist eine Rote, oder ich habe noch niemals zuvor eine Rote gesehen.«
»Weil sie mich nicht mag?« Jetzt sah er sie an, und sie wünschte fast, er würde es nicht tun. »Weil sie Angst vor mir hat?« Er verzog weder das Gesicht noch funkelte er sie an, noch wirkte sein Gesicht besonders hart, und doch schien sein Blick Dinge auszudrücken, von denen sie nichts wusste. Sie hasste das. Dann lächelte er so plötzlich, dass sie blinzeln musste. »Egwene, erwartest du von mir zu glauben, dass du einer Frau ihre Ajah am Gesicht ansehen könntest?«
»Nein, aber …«
»Wie dem auch sei, sogar Rote werden mir letztendlich vielleicht folgen. Sie kennen die Prophezeiungen genauso gut wie jeder andere. ›Die makellose Burg zerbricht und beugt sich dem vergessenen Zeichen.‹ Davor wurde eine weiße Burg beschrieben, und was sonst könnte ›die makellose Burg‹ sein? Und das vergessene Zeichen? Mein Banner, Egwene, mit dem uralten Symbol der Aes Sedai.«
»Verdammt sollst du sein, Rand al’Thor!« Der Fluch drang unbeholfener hervor, als sie es sich gewünscht hätte. Sie war nicht daran gewöhnt, solche Dinge zu äußern. »Das Licht soll dich verbrennen! Du kannst doch nicht wirklich daran denken, mit ihnen zu gehen. Das kannst du nicht tun!«
Er lächelte belustigt. Belustigt! »Habe ich nicht getan, was du wolltest? Was du mir geraten
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