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Das Rad der Zeit 6. Das Original: Herr des Chaos (German Edition)

Das Rad der Zeit 6. Das Original: Herr des Chaos (German Edition)

Titel: Das Rad der Zeit 6. Das Original: Herr des Chaos (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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Coiren spannte sich leicht an, und die Augen der Frau mit dem rabenschwarzen Haar weiteten sich jetzt. Nesune nickte nur vor sich hin und merkte sich auch dies. Egwene hoffte verzweifelt, dass er Vorsicht walten lassen würde. Nesune würde nichts entgehen.
    Coiren sammelte sich sichtbar mühsam, glättete ihr Gewand und hätte beinahe die Stola gerichtet, die sie gar nicht trug. »Ich habe die Ehre«, verkündete sie klangvoll, »Coiren Saeldain Aes Sedai zu sein, Botschafterin der Weißen Burg und Abgesandte von Elaida do Avriny a’Roihan, der Wächterin über die Siegel, der Flamme von Tar Valon und des Amyrlin-Sitzes.« Eine etwas weniger überladene Vorstellung, wenn auch mit den vollen Ehrentiteln der Aes Sedai, erfolgte von den anderen beiden. Die Frau mit den harten Augen war Galina Casban.
    »Ich bin Rand al’Thor.« Die Einfachheit seiner Vorstellung bildete einen starken Kontrast dazu. Sie hatten den Wiedergeborenen Drachen nicht erwähnt, und er erwähnte ihn auch nicht, aber dass er den Titel ausließ, schien zu bewirken, dass er leise geflüstert im Raum umherschwebte.
    Coiren atmete tief durch und hob den Kopf, als hörte sie das Flüstern. »Wir überbringen dem Wiedergeborenen Drachen eine huldvolle Einladung. Der Amyrlin-Sitz ist sich vollkommen bewusst, dass Zeichen gesetzt und Prophezeiungen erfüllt wurden, die …« Ihre tiefe, volltönende Stimme gelangte schnell zu dem Punkt, dass Rand sie »in aller ihm zustehenden Ehre« zur Weißen Burg begleiten sollte und dass ihm Elaida, wenn er die Einladung annahm, nicht nur den Schutz der Burg gewähren würde, sondern dass er auch ihr Ansehen und ihren Einfluss hinter sich wissen würde. Weitere blumige Worte entströmten ihrem Mund, bis sie endete. »… und als Zeichen dafür sendet der Amyrlin-Sitz dieses bescheidene Geschenk.«
    Sie wandte sich den Kisten zu, hob den Kopf und zögerte dann mit leicht verzerrtem Gesicht. Sie musste zweimal ein Zeichen geben, bevor die Dienerinnen verstanden und die messingbeschlagenen Deckel öffneten. Anscheinend hatten sie sie mit Saidar aufspringen lassen wollen. Die Kisten waren mit Lederbeuteln gefüllt. Eine weitere, schärfere Geste, und die Dienerinnen banden die Beutel auf.
    Egwene schluckte schwer. Kein Wunder, dass die Frauen Mühe gehabt hatten! Aus den geöffneten Beuteln ergossen sich Goldmünzen aller Größen, funkelnde Ringe, glitzernde Halsketten und ungefasste Edelsteine. Selbst wenn sich darunter auch wertloses Zeug befand, war dies schon ein Vermögen.
    Rand lehnte sich auf seinem thronähnlichen Sessel zurück und betrachtete die Kisten lächelnd. Die Aes Sedai beobachteten ihn mit gelassenen Gesichtern, und doch glaubte Egwene in Coirens Augen eine Andeutung von Zufriedenheit und um Galinas Lippen etwas stärkere Verachtung zu erkennen. Nesune … Nesune bedeutete die wahre Gefahr.
    Die Deckel schlugen jäh zu, ohne dass eine Hand sie berührt hätte, und die Dienerinnen sprangen zurück, ohne ihre erschreckten Schreie zu dämpfen. Die Aes Sedai erstarrten, und Egwene betete inbrünstig. Sie wollte, dass er sich hochmütig und ein wenig anmaßend zeigte, aber nur so weit, dass sie aufmerksam blieben, nicht dass sie zu dem Beschluss genötigt wurden, ihn augenblicklich zähmen zu wollen.
    Plötzlich erkannte sie, dass er bisher mitnichten ein Verhalten an den Tag gelegt hatte, das an die ›Bescheidenheit einer Maus‹ erinnerte. Er hatte niemals die Absicht gehabt. Rand hatte mit ihr gespielt! Hätte sie nicht zu große Angst gehabt, dass ihre Knie ihr nicht gehorchen würden, wäre sie hinübergegangen und hätte ihn geohrfeigt.
    »Eine große Menge Gold«, sagte Rand. Er schien entspannt, und sein Lächeln nahm jetzt sein ganzes Gesicht ein. »Das kann ich immer gebrauchen.« Egwene blinzelte. Er klang fast habgierig!
    Coiren erwiderte sein Lächeln und bot jetzt entschieden ein Bild gesetzter Selbstzufriedenheit. »Der Amyrlin-Sitz ist natürlich in höchstem Maße großzügig. Wenn Ihr die Weiße Burg erreicht habt …«
    »Wenn ich dorthin gehe«, unterbrach Rand sie, als dächte er laut. »Ja, ich freue mich auf den Tag, an dem ich in der Burg sein werde.« Er beugte sich vor, die Ellbogen auf die Knie gestützt und das Drachenszepter in der Hand. »Es wird allerdings noch eine Weile dauern. Ich muss zunächst noch hier in Andor und anderswo Verpflichtungen erfüllen.«
    Coiren presste kurzzeitig die Lippen zusammen, aber ihre Stimme blieb genauso glatt und geschmeidig wie zuvor.

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