Das Rad der Zeit 6. Das Original: Herr des Chaos (German Edition)
ohne Moghedien und das Armband, das anzulegen sie sich entschieden zu gut fühlte. Sie betrachtete die beiden Behüter, die neben der Tür mit dem Steinsturz Wache standen. Sie waren nicht nahe genug, dass sie sie hätten hören können, aber sie sprach dennoch leise. »Elayne, gehen wir. Heute Abend.« Da Thom und Juilin in Salidar waren, brauchten sie Uno nicht zu bitten, Pferde aufzutreiben. »Nicht nach Caemlyn, wenn du nicht willst. Nach Ebou Dar. Merilille wird diese Schale niemals finden, und Sheriam wird sie uns niemals suchen lassen. Was sagst du? Heute Abend?«
»Nein, Nynaeve. Wie können wir Rand nützen, wenn sie uns als Flüchtige ansehen? Du hast es versprochen, Nynaeve. Du hast es versprochen, wenn wir etwas fänden.«
»Ich habe es versprochen, wenn wir etwas fänden, was wir verwenden könnten. Aber wir haben nur dies gefunden!« Nynaeve hielt der anderen Frau ihre runzligen Hände unter die Nase.
Die Entschlossenheit schwand aus Elaynes Gesicht und ihrer Stimme. Sie schürzte die Lippen und schaute zu Boden. »Nynaeve, du weißt, dass ich Birgitte gesagt habe, wir würden bleiben. Nun, anscheinend hat sie Uno angewiesen, dass er dir unter keinen Umständen ein Pferd geben sollte, es sei denn, sie befähle es. Sie sagte ihm, du hättest vor davonzulaufen. Ich habe es erst herausgefunden, als es bereits zu spät war.« Sie hob verärgert den Kopf. »Wenn es das bedeutet, einen Behüter zu haben, weiß ich nicht, warum irgendjemand einen haben wollte.«
Nynaeve hatte das Gefühl, als würden ihre Augen vor Empörung bersten. Das war also der Grund, warum er sie angestarrt hatte. Das Hochgefühl schwand in einem Ansturm von – nun, zum Teil Zorn, zum Teil Erniedrigung. Der Mann wusste. Er dachte, dass sie … Warte. Sie sah Elayne einen Moment stirnrunzelnd an, beschloss dann aber, die Frage, die ihr gerade in den Sinn gekommen war, nicht zu stellen. Hatte Birgitte Uno gegenüber nur Nynaeves Namen erwähnt, oder war Elayne vielleicht auch betroffen? Elayne hatte für sich eine recht annehmbare Familie gefunden: in Thom, einem nachsichtigen Vater, der sie alles lehren wollte, was er wusste, und Birgitte, einer älteren Schwester, die ihre Aufgabe darin sah, die Jüngere davon abzuhalten, sich beim Reiten von Pferden, mit denen sie noch nicht umgehen konnte, den Hals zu brechen.
»In diesem Fall«, sagte sie tonlos, »sollten wir herausfinden, was ich von Logain erfahren kann.«
Es war ein kleines Haus mit nur zwei Räumen, aber hinter den dicken Steinmauern war es recht kühl. Logain saß in Hemdsärmeln mit einer Pfeife am Fenster und las in einem Buch. Die Aes Sedai kümmerten sich gut um ihn. Die Stühle und Tische waren genauso gut wie alles in Salidar – nichts Kunstvolles, aber gut gearbeitet, obwohl nichts zusammenpasste –, und ein rotgoldener Webteppich bedeckte den größten Teil eines Bodens, der so sauber geschrubbt war, dass Nynaeve bezweifelte, dass er das selbst bewerkstelligt hatte.
Er legte das Buch zur Seite, als sie eintraten, und schien nicht im Geringsten verärgert darüber, dass sie nicht angeklopft hatten. Er erhob sich gemächlich, klopfte seine Pfeife aus, legte sich seinen Umhang um und verbeugte sich erst dann. »Es tut gut, Euch nach so langer Zeit wiederzusehen. Ich dachte schon, Ihr hättet mich vergessen. Möchtet Ihr etwas Wein? Die Aes Sedai versorgen mich nur knapp, aber was sie mir zukommen lassen, ist wirklich nicht schlecht.«
Der angebotene Wein hätte genügt – Nynaeve konnte kaum ein Stöhnen unterdrücken –, wenn sie noch mehr Anlass gebraucht hätte. Wenn sie an Uno dachte, genügte die Tatsache, dass er ein Mann war. Es war nicht nötig, ihren Zorn aus der Kleinen Burg zu ziehen. Daran zu denken, trug jedoch seinen Teil dazu bei. Die Wahre Quelle war plötzlich da, eine unbemerkte Wärme, gerade eben außer Sicht. Sie öffnete sich, und Saidar überflutete sie. Wenn sie zuvor ein Hochgefühl empfunden hatte, dann war das jetzige Gefühl nur als jenseits der Verzückung zu beschreiben. Sie ergab sich ihm tatsächlich , verdammt sei Theodrin!
»Setzt Euch«, befahl sie ihm kalt. »Ich will kein Geplauder von Euch hören. Antwortet, wenn Ihr gefragt werdet, aber haltet ansonsten den Mund.«
Logain zuckte nur die Achseln und fügte sich sanft wie ein Hündchen. Nein, nicht sanft. Dieses Lächeln war die pure Überheblichkeit. Diese erwuchs teilweise aus seinen Empfindungen gegenüber den Aes Sedai, dessen war sich Nynaeve sicher, und teilweise
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