Das Rad der Zeit 6. Das Original: Herr des Chaos (German Edition)
dass sie eigensinnig, undiszipliniert, streitsüchtig und jenseits aller Vernunft von sich eingenommen sind.« Sie hatte die letzten Worte erregt ausgestoßen und den Kopf vorgereckt.
Also hatte eine der Traumgängerinnen in Melaines Träumen mit ihr gesprochen. Das war in etwa alles, was er über die Fähigkeiten der Traumgänger wusste, und obwohl es hätte nützlich sein können, waren sie selten gewillt, ihm ihre Fähigkeiten zur Verfügung zu stellen. Ungewöhnlich war die Aussage, dass sie eigensinnig und Ähnliches seien. Die meisten Aiel benahmen sich, als glaubten sie, Aes Sedai könnten sie schlagen, und da sie glaubten, sie hätten es verdient, wenn es geschah, nahmen sie den Schlag klaglos hin. Sogar Weise Frauen sprachen, wenn überhaupt, nur respektvoll über Aes Sedai. Einige Dinge hatten sich offensichtlich verändert. Aber er sagte nur: »Ich weiß.« Wenn Melaine die Absicht hatte, ihm den Grund für die Veränderung zu nennen, würde sie es tun, und wenn sie es nicht tat, würde fragen auch nichts nützen. »Von Egwene, und auch von Salidar. Gerade jetzt halten sich neun Aes Sedai in Caemlyn auf. Min kam mit ihnen her.« Min regte sich an seiner Brust und murmelte etwas. Lews Therin grollte erneut, aber zu leise, um seine Worte verstehen zu können, und Rand war froh darüber. Min fühlte sich … gut. Sie wäre sehr verletzt, wenn sie es wüsste. Andererseits würde sie vielleicht auch lachen, wenn man ihr Versprechen bedachte, ihn zahlen zu lassen. Vielleicht. Sie konnte manchmal sehr unberechenbar sein.
Melaine überraschte sein Wissen nicht. Sie richtete nicht einmal ihr Schultertuch. Seit sie Bael geheiratet hatte, schien sie – ›ruhiger‹ war nicht ganz das richtige Wort; es war für Melaine viel zu milde – weniger reizbar geworden zu sein. »Das war meine zweite Neuigkeit. Ihr müsst Euch vor ihnen in Acht nehmen, Rand al’Thor, und eine feste Hand walten lassen. Sie werden nichts anderes respektieren.« Es hatte sich ganz entschieden etwas verändert.
»Ihr werdet zwei Töchter haben«, murmelte Min. »Zwillinge wie Spiegelbilder.«
Wenn Melaine zuvor nicht überrascht war, holte sie es jetzt nach. Ihre Augen weiteten sich, und sie schrak so heftig zusammen, dass es sie fast vom Boden hob. »Wie konntet Ihr …?«, begann sie ungläubig, hielt dann inne und fasste sich wieder. Aber dann fuhr sie mit atemloser Stimme fort: »Ich war bis heute selbst noch nicht sicher, ob ich schwanger bin. Wie konntet Ihr das wissen?«
Min richtete sich auf und sah Rand mit einem Blick an, den er nur zu gut kannte. Es war aus irgendeinem Grund seine Schuld, obwohl auch sie nicht völlig ohne Fehler war, wenn es auch nur kleine waren. Sie machte sich an ihrem Mantel zu schaffen und sah überallhin, außer zu Melaine, und als ihr Blick wieder auf ihn fiel, wirkte er anders. Er hatte sie in diese Lage gebracht. Jetzt war es an ihm, ihr wieder herauszuhelfen.
»Es ist in Ordnung, Min«, sagte er. »Sie ist eine Weise Frau und weiß vermutlich Dinge, die dir die Haare zu Berge stehen lassen würden. Ich bin sicher, dass sie versprechen wird, dein Geheimnis zu wahren, und du kannst ihrem Versprechen trauen.« Melaine verhaspelte sich fast bei ihrem eiligen Versprechen.
Rand wurde ein weiterer dieser gewissen Blicke zugedacht, bevor sich Min neben Melaine setzte. Vielleicht war es ein vorwurfsvoller Blick gewesen, aber wie sollte er sie, ihrer Meinung nach, aus dieser Lage befreien? Melaine würde es nicht vergessen, weil er sie darum bat, aber sie würde ein Versprechen halten und ein Geheimnis wahren. Sie hatte genügend Geheimnisse von ihm gewahrt.
Min begann, wenn auch widerwillig, eine weitaus umfangreichere Erklärung abzugeben, als sie ihm jemals eine gewährt hatte, wobei vielleicht die beständigen Fragen und die veränderte Haltung der anderen Frau halfen. Es war, als hätte Melaine das Gefühl, dass Mins Fähigkeit sie ihr in gewisser Weise gleichstellte, sodass sie gar keine Feuchtländerin mehr war.
»Es ist bemerkenswert«, sagte Melaine schließlich. »Als würde man einen Traum deuten, ohne zu träumen. Zwei, sagt Ihr? Und beides Mädchen? Bael wird sich sehr freuen. Dorindha hat ihm drei Söhne geschenkt, aber wir wissen beide, dass er gern eine Tochter hätte.« Min blinzelte und schüttelte den Kopf. Natürlich – sie konnte nichts von Schwesterfrauen wissen. Von diesem Ausgangspunkt kamen die beiden Frauen schnell zum Thema Geburt selbst. Keine hatte jemals ein Kind geboren,
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