Das Rad der Zeit 6. Das Original: Herr des Chaos (German Edition)
dann mit dem anderen Fuß zu und dann das Ganze noch einmal. Die anderen boxten, so schnell sie konnten, vor sich in die Luft. Alles in allem war dieser Anblick weit von der jämmerlichen Handvoll Männer entfernt, die Rand beim letzten Mal gesehen hatte.
Ein Mann in einem schwarzen Mantel, der bald sein mittleres Lebensalter erreicht haben würde, pflanzte sich vor Rand auf. Er hatte eine scharf geschnittene Nase und einen höhnisch verzogenen Mund. »Und wer seid Ihr?«, fragte er mit Taraboner Akzent. »Ihr seid vermutlich zum Lernen zur Schwarzen Burg gekommen? Ihr hättet in Caemlyn auf den Wagen warten sollen, der Euch hergebracht hätte, und das Stadtleben noch einen Tag länger genießen können.«
»Ich bin Rand al’Thor«, sagte Rand ruhig und leise, damit kein Zornausbruch erfolgte. Höflichkeit kostete nichts, und wenn dieser Narr nicht bald beschloss, es ebenso zu sehen …
Aber der höhnische Ausdruck verstärkte sich noch. »Also seid Ihr es, hm?« Er betrachtete Rand unverschämt von oben bis unten. »Ihr wirkt auf mich nicht so großartig. Ich glaube, ich könnte selbst …« Ein Luftstrang verdichtete sich, unmittelbar bevor er ihn unter dem Ohr erwischte und er zusammensackte.
»Manchmal brauchen wir strenge Disziplin«, sagte Taim, der sich über den auf dem Boden liegenden Mann stellte. Seine Stimme klang fast fröhlich, aber seine dunklen, schräg stehenden Augen funkelten den Mann todbringend an, den er niedergeschlagen hatte. »Ihr könnt einem Mann nicht sagen, dass er die Macht hat, die Erde zu erschüttern, und dann von ihm erwarten, bescheiden zu sein.« Die Drachen, welche die Ärmel seines schwarzen Gewandes zierten, glänzten im Sonnenlicht. Goldfäden bewirkten dies bei einem der Drachen – aber was ließ den blauen Drachen so glänzen? Er hob jäh die Stimme. »Kisman! Rochaid! Bringt Tolvar fort und taucht ihn ins Wasser, bis er wieder zu sich kommt. Aber keine Heilung. Kopfschmerzen werden ihn vielleicht lehren, seine Zunge im Zaum zu halten.«
Zwei Männer in schwarzen Mänteln, die jünger als Rand waren, eilten herbei, beugten sich über Tolvar, zögerten dann und schauten zu Taim. Kurz darauf spürte Rand, wie Saidar sie erfüllte. Luftstränge hoben den leblosen Tolvar an, und die beiden trotteten mit seinem schwebenden Körper zwischen sich davon.
Ich hätte ihn schon vor langer Zeit töten sollen, schnaubte Lews Therin. Ich hätte es tun sollen … Ich hätte … Etwas streckte sich nach der Quelle aus.
Nein, verdammt!, dachte Rand. Nein, das tust du nicht! Du bist nur eine verdammte Stimme! Lews Therin floh mit verklingendem Jammern.
Rand atmete langsam ein. Taim sah ihn mit diesem Fast-Lächeln an. »Ihr lehrt sie zu heilen?«
»Zunächst nur das wenige, was ich selbst weiß. Und noch bevor ich sie lehre, sich in dieser Hitze nicht zu Tode zu schwitzen. Eine Waffe verliert ihren Nutzen, wenn sie bei der ersten Verletzung abgelegt wird. Tatsächlich habe ich zugelassen, dass ein Mann sich selbst tötete, als er sich zu tief ausstreckte, und drei weitere brannten sich aus, aber es ist noch niemand im Schwertkampf umgekommen.« Es gelang ihm, das Wort »Schwert« sehr verächtlich klingen zu lassen.
»Ich verstehe«, sagte Rand nur. Einer tot und drei ausgebrannt. Verloren die Aes Sedai in der Burg auch so viele? Aber andererseits gingen sie langsamer vor. Sie konnten es sich leisten, langsamer vorzugehen. »Was ist diese Schwarze Burg, von der dieser Bursche gesprochen hat? Mir gefällt der Klang dieses Namens nicht, Taim.« Lews Therin murrte und klagte erneut, sagte aber noch nichts.
Der hakennasige Mann zuckte die Achseln und ließ seinen Blick mit Besitzerstolz über den Hof und die Schüler gleiten. »Ein Name, den die Schüler benutzen. Man konnte dies nicht einfach weiterhin nur ›das Gut‹ nennen. Sie hatten wohl das Gefühl, das sei nicht richtig. Sie wollten mehr. Die Schwarze Burg als Gegenstück zur Weißen Burg.« Er neigte den Kopf und sah Rand von der Seite an. »Ich kann dem Einhalt gebieten, wenn Ihr es wünscht. Man kann einem Mann leicht verbieten, bestimmte Worte nicht mehr zu sagen.«
Rand zögerte. Man konnte ihnen vielleicht verbieten, diese Worte nicht mehr zu sagen, aber man konnte sie nicht aus ihren Köpfen verbannen. Die Schule musste einen Namen haben. Er hatte nicht daran gedacht. Warum nicht Schwarze Burg ? Als er jedoch das Gutshaus und die Gerüste – größer, aber nur aus Holz – betrachtete, musste er über den Namen
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