Das Rad der Zeit 6. Das Original: Herr des Chaos (German Edition)
überhaupt irgendwelche Kleider zu tragen. Nun, sie wird früher oder später eine Abfuhr erleiden. Ich habe nichts gesehen, was dir irgendwie von Nutzen sein könnte. Nur einen Mann in Weiß, der sie jäh zu Fall bringen wird. Einige Frauen besitzen überhaupt kein Schamgefühl!«
An eben jenem Nachmittag bat sie ihn um Geld, um einen ganzen Raum voller Näherinnen zu bestellen, da sie Caemlyn nur mit dem verlassen hatte, was sie auf dem Leibe trug, und sie begannen, mit Seide und Brokat einen unendlichen Strom von Mänteln und Hosen in allen Farben zu fertigen. Einige der Blusen schienen recht tief ausgeschnitten, selbst unter einem Mantel. Und bei einigen der Hosen war Rand sich nicht sicher, wie sie jemals hineingelangen sollte. Min übte auch jeden Tag das Messerwerfen. Einmal sah er, wie Nandera und Enaila ihr die Kampftechnik mit Händen und Füßen zeigten, die sich erheblich von der unterschied, die Männer ausübten. Die Töchter des Speers mochten es nicht, wenn er zusah, und weigerten sich weiterzumachen, bevor er nicht gegangen wäre. Vielleicht hätte Perrin das alles begriffen, aber Rand entschied zum tausendsten Mal, dass er die Frauen nicht verstand und auch niemals verstehen würde.
Rhuarc kam jeden Tag in Rands Räume oder Rand ging ins Studierzimmer, das Rhuarc sich mit Berelain teilte. Rand war erfreut zu sehen, dass sie fleißig an Berichten über die Verschiffung von Korn, die Wiederansiedlung von Flüchtlingen und die Instandsetzung der im Zweiten Aielkrieg entstandenen Schäden arbeiteten. Rhuarc behauptete, beschlossen zu haben, das Ji’e’toh -Spielen der Cairhiener zu ignorieren, obwohl er noch immer jedes Mal vor sich hin grollte, wenn er eine cairhienische Frau mit einem Schwert oder ganz in Weiß gekleidete junge Männer und Frauen sah. Die Aufrührer in den Bergen schienen noch immer abzuwarten, wobei ihre Anzahl im Steigen begriffen war, aber sie kümmerten Rhuarc ebenfalls nicht. Ihn kümmerten die Shaido und die Frage, wie viele Speere sich noch immer jeden Tag auf Tear zubewegten. Kundschafter, die zurückkehrten, berichteten, dass sich die Shaido in Brudermörders Dolch rührten. Es waren keinerlei Anzeichen erkennbar, in welche Richtung oder zu welcher Stunde sie sich fortzubewegen gedachten. Rhuarc berichtete von den Aiel, die noch immer der Trostlosigkeit frönten und ihre Speere niederstießen, von denjenigen, die sich noch immer weigerten, das Gai’shain -Weiß abzulegen, wenn ihre Zeit vorüber war, und selbst von jenen Verstreuten, die weiterhin nach Norden eilten, um sich den Shaido anzuschließen. Es war ein Zeichen seines Unbehagens. Überraschenderweise war Serana bei den Zelten und sogar in der Stadt selbst gewesen, aber am Tag nach Rands Ankunft wieder abgereist. Rhuarc erwähnte es nur nebenbei.
»Wäre es nicht besser gewesen, sie zu ergreifen?«, fragte Rand. »Rhuarc, ich weiß, dass sie eine Weise Frau sein soll, aber meiner Meinung nach kann sie keine sein. Ich wäre nicht überrascht, wenn die Shaido ohne sie vernünftig würden.«
»Das bezweifle ich«, erwiderte Rhuarc trocken. Er saß an der Wand des Studierzimmers auf einem seiner Kissen und rauchte eine Pfeife. »Amys und die anderen wechseln zwar hinter Sevannas Rücken Blicke, aber sie empfangen sie wie eine Weise Frau. Wenn die Weisen Frauen sagen, Sevanna sei eine von ihnen, dann ist sie es. Ich habe Häuptlinge erlebt, an die ich nicht einmal einen Wasserschlauch verschwenden würde, wenn ich zwischen zehn Teichen stünde, aber sie waren dennoch Häuptlinge.«
Rand betrachtete seufzend die auf dem Tisch ausgebreitete Landkarte. Rhuarc schien sie in Wahrheit nicht zu brauchen. Ohne daraufzuschauen, konnte er alle auf der Karte verzeichneten Eigenheiten des Gebietes nennen. Berelain saß auf der anderen Seite des Tisches in ihrem hochlehnigen Sessel, die Füße untergeschlagen und ein Bündel Papiere auf dem Schoß. Sie hielt eine Feder in der Hand, und auf dem kleinen Tisch neben ihrem Sessel stand ein Tintenfass. Sie sah Rand sehr häufig an, aber wann immer sie bemerkte, dass Rhuarc zu ihr schaute, beugte sie den Kopf wieder über die Berichte. Aus irgendeinem Grund runzelte Rhuarc jedes Mal die Stirn, wenn er sie ansah, und sie errötete stets und reckte trotzig das Kinn. Rhuarc wirkte manchmal missbilligend, was keinen Sinn ergab, denn sie kümmerte sich wieder um ihre Pflichten.
»Ihr werdet dem ein Ende machen müssen, dass Speere nach Süden geschickt werden«, sagte Rand schließlich.
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