Das Rad der Zeit 6. Das Original: Herr des Chaos (German Edition)
werde nicht auf …! Niemals wieder; keinen Finger …! Keinen Fingerbreit; keine Haaresbreite! Niemals wie …! Ich werde es nicht tun! Niemals ein …! Niemals! Niemals! NIEMALS!
Zuerst war da die Wahrnehmung zu atmen. Luft, gierig durch die Nase eingesaugt. Sein ganzer Körper pochte – er war eine pulsierende Flamme –, aber die Schläge hatten aufgehört. Es traf ihn fast wie ein Schock, als er es erkannte. Das Ende von etwas, das niemals zu enden schien. Er schmeckte Blut, und sein Kiefer schmerzte fast genauso wie sein restlicher Körper. Gut. Er hatte nicht aufgeschrien. Seine Gesichtsmuskeln waren vollkommen verkrampft. Es würde Mühe kosten, den Mund zu öffnen, selbst wenn er es wollte.
Als Letztes kehrte das Sehvermögen zurück, und als es geschah, fragte er sich, ob ihm der Schmerz Halluzinationen bescherte. Zwischen den Aes Sedai stand eine Gruppe Weise Frauen, die an ihren Schultertüchern zupften und die Aes Sedai mit aller ihnen verfügbaren Anmaßung ansahen. Als er entschied, dass sie real waren – es sei denn, es entspränge auch seiner Phantasie, dass Galina mit einer seiner Einbildungen sprach –, war sein erster Gedanke Rettung. Irgendwie hatten die Weisen Frauen … Es war unmöglich, aber irgendwie würden sie … Dann erkannte er die Frau, mit der Galina sprach.
Sevanna schlenderte auf ihn zu, ein Lächeln um den prallen, gierigen Mund. Die hellgrünen Augen spähten aus diesem schönen, von Haaren wie aus gesponnenem Gold umrahmten Gesicht zu ihm hoch. Rand hätte genauso gerne einem tollwütigen Wolf in die Augen geschaut. Etwas an ihrer Haltung war seltsam. Sie stand leicht vornübergebeugt, die Schultern zurückgenommen. Sie beobachtete seine Augen. Er verspürte plötzlich, trotz seiner Schmerzen, das Bedürfnis zu lachen. Und er hätte es getan, wenn er hätte sicher sein können, welcher Laut seinem Mund entschlüpft wäre. Hier stand er, ein Gefangener, fast zu Tode geprügelt und eine Frau, die ihn hasste, dessen war er sich sicher, und die ihn wahrscheinlich für den Tod ihres Geliebten verantwortlich machte, versuchte zu erkennen, ob er ihr in die Bluse schauen würde!
Sie ließ gemächlich einen Fingernagel seine Kehle entlangstreifen – tatsächlich so weit um seinen Hals herum, wie sie ihn erreichen konnte –, als stelle sie sich vor, ihm den Kopf abzuschneiden. Sehr passend, wenn man Couladins Schicksal bedachte. »Ich habe ihn gesehen«, sagte sie mit einem zufriedenen Seufzen. »Ihr habt Euren Teil des Handels eingehalten, und ich habe meinen eingehalten.«
Dann sicherten ihn die Aes Sedai erneut und drängten ihn wieder mit dem Kopf zwischen den Knien in die Kiste, wo er sich abermals in diese Schweißpfütze kauern musste. Der Deckel wurde geschlossen, und Dunkelheit hüllte ihn ein.
Erst da ließ sich sein Kiefer wieder bewegen, bis er den Mund öffnen konnte und einen langen, zitternden Atemzug ausstieß. Licht, wie er brannte!
Was tat Sevanna hier? Um welchen Handel ging es? Schön und gut zu wissen, dass ein Handel zwischen der Burg und den Shaido bestand, aber darüber würde er sich später sorgen. Jetzt musste er an Min denken. Er musste sich befreien. Sie hatten Min verletzt. Dieser Gedanke war so schlimm, dass er fast den Schmerz dämpfte. Fast.
Um das Nichts wieder anzunehmen, musste er einen Sumpf heftigen Schmerzes durchwaten, aber schließlich war er von Nichts umgeben und streckte sich nach Saidin aus … Nur um Lews Therin dort ebenso schnell vorzufinden, wie ein Paar Hände, die nach etwas griffen, das nur ein Mensch festhalten konnte.
Verdammt seist du!, grollte Rand in Gedanken. Verdammt seist du! Wenn du doch nur einmal mit mir zusammenarbeiten würdest, anstatt gegen mich zu handeln!
Du sollst mit mir zusammenarbeiten!, fauchte Lews Therin zurück.
Rand verlor vor Entsetzen beinahe das Nichts. Diesmal konnte es kein Missverständnis geben. Lews Therin hatte ihn gehört und ihm geantwortet. Wir könnten zusammenarbeiten, Lews Therin. Er wollte nichts mit dem Mann zu tun haben. Er wollte ihn aus seinem Kopf vertrieben wissen. Aber da war Min. Und nur noch begrenzte Zeit bis Tar Valon. Er wusste instinktiv, dass keine Chance mehr bestand, wenn sie ihn so weit brächten. Niemals.
Ein unsicheres, furchtsames Lachen antwortete ihm. Dann: Zusammen? Ein weiteres Lachen, diesmal vollkommen wahnsinnig. Zusammen. Wer auch immer du bist. Und Stimme und Gegenwart verschwanden.
Rand erschauderte. Dort kniete er, während sich die
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