Das Rad der Zeit 6. Das Original: Herr des Chaos (German Edition)
einen Augenblick lang, nickte versonnen in sich hinein und schloss sich den anderen an, die Rand hinterhergingen.
Rand sann über den Humor der Aiel nach, während er das sich weithin erstreckende Lager betrachtete. Von Hunderten verstreuter Feuer her roch es nach Essen. Brot wurde auf den Kohlen gebacken, Fleisch an Spießen geröstet, und Suppen brodelten in Kesseln, die man in dreibeinige Gestelle gehängt hatte. Soldaten aßen immer gut und oft, wenn es irgendwie möglich war, denn während eines Kriegszuges gab es dann meist nur seltene und dürftige Mahlzeiten. Die Feuer fügten dem noch ihren eigenen süßlichen Geruch hinzu. Auf den Ebenen von Maredo verfeuerte man eher getrockneten Ochsendung als Holz.
Hier und da sah man Bogen oder Armbrustschützen oder Piköre in Lederwesten mit aufgenähten Stahlscheiben oder einfach in wattierten Mänteln, aber die Adligen aus Tear und Cairhien verachteten gleichermaßen die Infanterie und bevorzugten die Kavallerie. Deshalb waren vor allem Berittene zu sehen. Die Helme der Tairener hatten breite Ränder und einen Wulst, der von vorn nach hinten verlief. Brustharnische waren über das Wams mit seinen bauschigen Ärmeln geschnallt – alles natürlich in den Farben ihres jeweiligen Lords. Die Soldaten aus Cairhien trugen meist ein dunkles Wams, verbeulte Harnische und glockenförmige Helme, die so ausgeschnitten waren, dass das Gesicht des Mannes sichtbar war. Wimpel, die man als Cons bezeichnete, an kurzen Stöcken, die man auf dem Rücken bei einigen Männern festgeschnallt hatte, bezeichneten niedrigere Adlige aus Cairhien und jüngere, nicht erbberechtigte Söhne aus Adelsfamilien, manchmal aber auch lediglich Offiziere, obwohl natürlich nur wenige Gemeine aus Cairhien einen solchen Rang erreichten. In Tear verhielt es sich ebenso. Die Angehörigen der beiden Nationen blieben jedoch unter sich. Während die Tairener häufig nachlässig im Sattel saßen und grundsätzlich jeden aus Cairhien hämisch angrinsten, der in ihre Nähe kam, saßen die gewöhnlich kleineren Männer aus Cairhien steif und hoch aufgerichtet im Sattel, als wollten sie mit aller Macht größer erscheinen. Sie ignorierten die Tairener ihrerseits vollständig. Sie hatten mehr als einen Krieg gegeneinander ausgetragen, bevor Rand sie dazu brachte, gemeinsam in diesen Krieg zu ziehen.
Grob gekleidete, ergraute alte Männer und auch ein paar, die fast noch Knaben waren, stöberten mit dicken Stöcken zwischen den Zelten herum, und gelegentlich scheuchte der eine oder andere von ihnen eine Ratte auf und erlegte sie mit seinem Knüppel. Dann wurde sie den anderen hinzugefügt, die bereits an seinem Gürtel baumelten. Ein Kerl mit großer Nase in einer speckigen Lederweste und ohne Hemd, Bogen in der Hand und Köcher an der Hüfte, legte eine lange Schnur auf einen Tisch vor einem der Zelte, an die er eine Menge erlegte Krähen und Raben mit den Füßen festgebunden hatte, und erhielt dafür einen Beutel Geld von einem gelangweilt dreinblickenden tairenischen Soldaten, der ohne Helm hinter dem Tisch saß. Nur wenige so weit im Süden glaubten daran, dass die Myrddraal tatsächlich Ratten und Raben und Ähnliches als Spione benützten – Licht, von denjenigen abgesehen, die sie wirklich schon gesehen hatten, glaubte hier im Süden auch kaum einer überhaupt an die Existenz von Myrddraal oder Trollocs! –, aber wenn der Lord Drache das Lager von solchen Schädlingen sauber halten wollte, kamen sie diesem Wunsch gern nach, vor allem, weil der Lord Drache sie für jeden Kadaver mit Silber entlohnte.
Hochrufe machten sich natürlich jetzt breit, denn wer würde sonst mit einer Eskorte von Töchtern des Speers und mit dem Drachenszepter in der Hand durch das Lager gehen. »Das Licht leuchte dem Lord Drachen!« und »Die Gnade des Lichts dem Lord Drachen!« und Ähnliches erklang von allen Seiten. Bei vielen schien das sogar ernst gemeint, obwohl das natürlich schwer festzustellen war, wenn alle aus voller Kehle schrien. Andere allerdings starrten nur mit steinerner Miene herüber oder ließen ihre Pferde wenden und ritten – nicht zu schnell – davon. Schließlich wusste man ja nicht, wann er vielleicht einen Blitz vom Himmel herabrief oder einen Spalt in der Erde öffnete. Männer, die mit der Macht umgehen konnten, wurden am Ende verrückt, und wer kann schon voraussagen, was ein Wahnsinniger anstellt oder wann? Ob sie nun jubelten oder nicht, musterten sie doch die Töchter misstrauisch. Nur
Weitere Kostenlose Bücher