Das Rad der Zeit 7. Das Original: Die Krone der Schwerter (German Edition)
Skane. So lautete ihr richtiger Name, obwohl sie nicht wusste, ob er ihn kannte. Als Tochter eines Sattlers aus einem Dorf in der Nähe von Weißbrücke war sie im Alter von fünfzehn Jahren zur Weißen Burg gegangen, noch eine Sache, die sie geheim gehalten zu haben glaubte. Es war wohl kaum der beste Anfang, ein Schattenfreund zu werden, weil die Hexen ihr gesagt hatten, sie könnte nicht lernen, die Macht zu lenken, aber bevor ein Jahr vorüber war, hatte sie nicht nur in Caemlyn einen Kreis gefunden, sondern auch ihre erste Tötung vollzogen. In den seither vergangenen sieben Jahren hatte sie dieser einen neunzehn weitere Tötungen hinzugefügt. Sie war eine der besten verfügbaren Mörderinnen und eine Jägerin, die alle und alles finden konnte. So viel hatte man ihm gesagt, als sie zu ihm geschickt wurde. Das hatte ein Kreis gesagt, der jetzt ihr berichtete. Tatsächlich waren mehrere seiner Mitglieder Adlige und fast alle älter, aber nichts davon hatte unter jenen Bedeutung, die dem Großen Herrn dienten. Ein weiterer Kreis, der für Carridin arbeitete, wurde von einem knorrigen, einäugigen Bettler angeführt, der keine Zähne und die Angewohnheit hatte, nur einmal im Jahr zu baden. Wären die Umstände andere gewesen, hätte Carridin selbst das Knie vor dem Alten Cully gebeugt, der einzige Name, den der übel riechende Schurke zuließ. Mili Skane kroch gewiss vor dem Alten Cully, und jeder andere Gefährte ihres Kreises ebenfalls, ob adlig oder nicht. Es ärgerte Carridin, dass ›Lady Shiaine‹ blitzartig auf die Knie fiel, wenn der alte Bettler mit den strähnigen Haaren den Raum betrat, aber vor ihm mit gekreuzten Beinen dasaß, lächelte und ungeduldig mit dem Fuß wippte. Sie hatte Befehl erhalten, ihm bedingungslos zu gehorchen, von jemandem, vor dem sogar der Alte Cully kriechen würde, und er brauchte verzweifelt einen Erfolg. Nialls Pläne durften ruhig zu Staub zerfallen, aber nicht dies.
»Man kann vieles entschuldigen.« Carridin steckte die Schreibfeder in ihren Elfenbeinständer und schob sein Haar zurück. »Bei jenen, welche die ihnen gestellten Aufgaben erfüllen.« Er war ein großer Mann und ragte drohend auf; zugleich war er sich sehr wohl des Umstands bewusst, dass die goldgerahmten Spiegel an den Wänden eine kraftvolle Gestalt, einen gefährlichen Mann zeigten. »Selbst Gewänder und Tand und Spiele, was alles mit Geld bezahlt wurde, das für Informationen verwendet werden sollte.« Der wippende Fuß verharrte einen Moment und begann dann erneut, aber ihr Lächeln wirkte jetzt gezwungen, ihr Gesicht blass. Ihr Kreis gehorchte ihr im Augenblick, aber sie würden sie kopfüber hängen und lebendig häuten, wenn er das Wort aussprach. »Ihr habt nicht sehr viel erreicht, nicht wahr? Tatsächlich scheint Ihr überhaupt nichts erreicht zu haben.«
»Es gibt Probleme, wie Ihr sehr wohl wisst«, hauchte sie. Es gelang ihr jedoch, seinen Blick offen zu erwidern.
»Ausflüchte. Erzählt mir von überwundenen Problemen, nicht von solchen, über die Ihr stolpert und fallt. Ihr könnt tief fallen, wenn Ihr hierin versagt.« Er wandte ihr den Rücken zu und schritt zum nächstgelegenen Fenster. Er konnte ebenfalls tief fallen, und er wollte es nicht riskieren, dass sie dies in seinen Augen erkannte. Sonnenlicht fiel durch reich verzierte Steingitter. Der Raum mit der hohen Decke, dem grün-weiß gefliesten Boden und den hellblauen Wänden blieb hinter den dicken Mauern des Palasts vergleichsweise kühl, aber die draußen herrschende Hitze sickerte durch die Fenster dennoch herein. Er konnte den Weinbrand auf der anderen Seite des Raumes fast spüren. Er konnte kaum erwarten, dass sie ging.
»Mein Lord Carridin, wie kann ich jemanden zu offene Fragen über Gegenstände der Macht stellen lassen? Das würde Fragen bewirken , und es sind Aes Sedai in der Stadt, wie Ihr Euch vielleicht erinnert.«
Carridin spähte auf die Straße hinab und rümpfte bei dem heraufdringenden Geruch die Nase. Dort unten waren alle Arten von Menschen zusammengedrängt. Ein Arafelle mit zu zwei langen Zöpfen geflochtenem Haar und einem gebogenen Schwert auf dem Rücken warf einem einarmigen Bettler eine Münze zu, der das Geschenk stirnrunzelnd betrachtete, bevor er es unter seine Lumpen steckte und seine kläglichen Rufe an die Vorbeigehenden wieder aufnahm. Ein Bursche in einem zerrissenen hellroten Mantel und heller gelber Hose kam aus einem Laden gelaufen und presste einen Stoffballen an seine Brust, verfolgt von
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