Das Rad der Zeit 7. Das Original: Die Krone der Schwerter (German Edition)
um die Stola zu richten, und erkannte, dass diese in ihrem Zimmer an einem Haken hing. Lächerlich. Sie brauchte keine Erinnerungen daran, wer sie war. Wenn es nur jemand anderer als Cadsuane gewesen wäre …
Zwei Weise Frauen standen am Eingang eines Korridors und beobachteten ihr Vorübergehen, kalte helle Augen in steinernen Gesichtern unter dunklen Stirnbändern. Edarra und Leyn. Beide konnten die Macht recht stark lenken. Sie hätten hohe Positionen erreichen können, wenn sie als Mädchen zur Burg gekommen wären. Cadsuane ging vorbei, scheinbar ohne die Missbilligung der Wilden zu bemerken. Annoura bemerkte sie jedoch sehr wohl, runzelte die Stirn und murrte, und die dünnen Zöpfe schwangen, als sie den Kopf schüttelte. Merana hielt den Blick auf die Bodenfliesen gerichtet.
Es würde jetzt zweifellos ihr zufallen, Cadsuane den … Kompromiss zu erklären, der gestern Abend mit den Weisen Frauen ausgehandelt worden war, bevor sie und die anderen zum Palast gebracht wurden. Annoura wusste nichts davon – sie hatte nicht daran teilgehabt –, und Merana besaß nur wenig Hoffnung, dass Rafela oder Verin oder sonst jemand auftauchen würde, dem sie diese Aufgabe irgendwie zuschieben könnte. Es war in gewisser Weise ein Kompromiss, und vielleicht der beste, der unter diesen Umständen zu erreichen war, aber sie bezweifelte sehr, dass Cadsuane es genauso sehen würde. Sie wünschte, sie brauchte nicht diejenige zu sein, die sie überzeugen musste. Lieber diesen verfluchten Männern einen Monat lang Tee eingießen. Sie wünschte, sie hätte nicht so offen mit dem jungen al’Thor gesprochen. Zu wissen, warum er sie gezwungen hatte, Tee zu servieren, war kein Trost dafür, von jedem Vorteil ausgeschlossen zu sein, den sie vielleicht dadurch hätte erringen können. Sie wollte lieber glauben, sie sei in irgendeinem aus dem Muster hervorwirbelnden Ta’veren gefangen, als damit leben zu müssen, dass die Augen eines jungen Mannes, die wie glänzende, blaugraue Edelsteine waren, sie aus purer Angst hatten stammeln lassen, aber wie dem auch sei – sie hatte ihm jeglichen Vorteil auf einem Tablett serviert. Sie wünschte …
Wünsche waren Kindern vorbehalten. Sie hatte zahllose Verträge ausgehandelt, von denen viele die in sie gesetzten Erwartungen tatsächlich erfüllt hatten. Sie hatte drei Kriege beendet und ein Dutzend weitere verhindert, hatte Königen und Königinnen und Generalen gegenübergestanden und sie zur Einsicht gebracht. Dennoch … sie merkte, dass sie innerlich das Versprechen gab, kein Wort der Klage zu äußern, gleichgültig, wie oft dieser Mann sie die Dienerin spielen ließ, wenn nur Seonid oder Masuri oder Faeldrin oder sonst jemand um die nächste Ecke kommen würde. Licht! Wenn sie nur blinzeln und feststellen könnte, dass alle Geschehnisse seit dem Verlassen Salidars nur ein böser Traum gewesen waren.
Überraschenderweise führte Cadsuane sie direkt zu dem kleinen Raum, den sich Bera und Kiruna teilten, tief im Innern des Palasts, wo die Diener lebten. Ein schmales, hoch in der Wand eingelassenes, auf gleicher Ebene mit den Pflastersteinen des Hofes draußen befindliches Fenster ließ ein wenig Licht herein, aber der Raum schien dennoch finster. Mäntel und Satteltaschen und einige wenige Kleidungsstücke hingen an in den aufgeplatzten, vergilbenden Putz eingeschlagenen Haken. Scharten verunzierten den bloßen Holzfußboden, obwohl einige Mühe darauf verwandt worden war, sie zu glätten. Ein kleiner, abgenutzter runder Tisch stand in einer Ecke und ein gleichermaßen abgenutzter Waschtisch in einer anderen, mit abgeschlagenem Becken und Wasserkrug. Merana betrachtete das schmale Bett. Es war nicht wesentlich schmaler als dasjenige, das sie sich, zwei Türen weiter, mit Seonid und Masuri teilen musste. Der Raum war in beiden Richtungen vielleicht einen Schritt größer, aber nicht für drei Menschen gedacht. Coiren und die anderen noch immer in den Aiel-Zelten Festgehaltenen hatten es als Gefangene wahrscheinlich weitaus bequemer.
Weder Bera noch Kiruna waren da, aber Daigian, eine schwerfällige, blasse Frau, die eine dünne Silberkette in ihrem langen schwarzen Haar trug, mit einem runden Mondstein, der in der Mitte ihrer Stirn baumelte. Ihr dunkles, cairhienisches Gewand wies vier schmale Farbstreifen auf dem Leibchen auf, und sie hatte zusätzlich Schlitze in den Röcken – weiße Schlitze für ihre Ajah. Als jüngere Tochter eines der geringerwertigen Häuser hatte sie
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