Das Rad der Zeit 7. Das Original: Die Krone der Schwerter (German Edition)
und Unheil für die ganze Burg.
Wie die Teile eines Puzzles fügte sich allmählich alles zusammen, und Seaine wölbte die Augenbrauen. Es passte. Alles passte zusammen. Sie spürte alles Blut aus ihrem Gesicht weichen, und ihre Hände und Füße fühlten sich plötzlich eiskalt an. Der Flamme versiegelt. Sie hatte gesagt, sie würde dies in ihrem Herzen bewahren, aber alles hatte sich geändert, seit sie jene Worte ausgesprochen hatte. Sie erlaubte sich nur dann Besorgnis, wenn Grund dazu bestand, und im Moment war sie überaus besorgt. Sie konnte sich dem nicht allein stellen. Aber wer könnte ihr unter den gegebenen Umständen helfen? Die Antwort war leicht. Es dauerte eine Weile, bis sie sich wieder gefasst hatte, aber dann eilte sie aus ihren Räumen und aus den Quartieren der Weißen hinaus, wobei sie erheblich schneller ging als gewöhnlich.
Diener huschten wie immer durch die Gänge, obwohl sie so schnell lief, dass sie meistens an ihnen vorbei war, bevor sie Zeit für eine Verbeugung oder einen Hofknicks fanden, aber es waren anscheinend weniger Schwestern in der Nähe, als man durch die frühe Stunde hätte erklären können. Weitaus weniger. Doch wenn die meisten auch aus einem unbestimmten Grund in ihren Räumen blieben, machten die wenigen dies in gewisser Weise auch wieder wett. Schwestern schwebten die mit Wandteppichen behangenen Gänge entlang, die Gesichter vollkommen gelassen, aber hinter ihren Blicken schien sich Zorn zu verbergen. Hier und da sprachen zwei oder drei Frauen miteinander, die sich wachsam umsahen, ob jemand sie belauschte. Es waren stets zwei oder drei Frauen derselben Ajah. Sie glaubte, selbst gestern noch Frauen verschiedener Ajahs freundschaftlich miteinander umgehen gesehen zu haben. Von Weißen wurde erwartet, dass sie ihre Empfindungen vollkommen verbargen, aber sie hatte niemals einen Grund dafür erkennen können, warum sie sich blind stellen sollte, wie es einige andere taten. Misstrauen ließ die Luft in der Burg knistern. Das war leider nichts Neues – die Amyrlin hatte durch ihre harten Maßnahmen damit begonnen, und die Gerüchte über Logain hatten die Situation noch verschlimmert –, aber heute morgen schien es ärger denn je.
Talene Minly kam vor ihr um eine Ecke. Sie hatte ihre Stola aus einem unbestimmten Grund nicht nur über die Schultern, sondern auch über die Arme gebreitet, als wollte sie die grünen Fransen zeigen. Dabei fiel ihr auf, dass jede Grüne, die sie heute morgen gesehen hatte, ihre Stola trug. Talene, blond und statuenhaft und wunderschön, war bereit gewesen, Siuan abzusetzen, aber sie war schon in die Burg gekommen, als Seaine noch eine Aufgenommene war, und diese Entscheidung hatte ihrer langen Freundschaft nicht geschadet. Talene hatte Gründe angeführt, die Seaine akzeptieren konnte, wenn sie auch nicht mit ihr übereinstimmte. Heute blieb ihre Freundin stehen und betrachtete sie aufmerksam. So viele Schwestern schienen einander in letzter Zeit auf diese Weise zu betrachten. Zu einem anderen Zeitpunkt wäre sie ebenfalls stehen geblieben, aber nicht jetzt, wo ihr Kopf vor Sorgen wie eine verdorbene Melone zu zerspringen drohte. Talene war eine Freundin, und sie dachte, sie könnte sich ihrer sicher sein, aber dies zu denken genügte nicht allein. Später würde sie an Talene herantreten. Sie hoffte, dass es möglich wäre, und eilte nur mit einem Nicken vorüber.
In den Quartieren der Roten war die Stimmung noch schlechter und die Luft noch dicker. Wie bei den anderen Ajahs gab es auch hier viel mehr Räume, als noch Schwestern da waren – so war es schon, seit die erste Aufständische geflohen war –, aber die Rote war die größte der Ajahs, und die noch bewohnten Stockwerke waren von Schwestern bevölkert. Rote trugen ihre Stolen häufig auch dann, wenn es nicht nötig war, und selbst hier trug jede Frau ihre roten Fransen wie ein Banner zur Schau. Unterhaltungen stockten, wenn Seaine sich näherte, und kalte Blicke folgten ihr in eisigem Schweigen. Sie fühlte sich wie ein Eindringling tief in Feindesland, während sie über diese eigenartigen Bodenfliesen – weiß mit der tränenförmigen Flamme von Tar Valon in Rot – schritt. Andererseits mochte jeder Teil der Burg Feindesland sein. Wenn man in eine andere Richtung blickte, konnte man jene scharlachroten Flammen für die Fänge eines roten Drachen halten. Sie hatte die unsinnigen Geschichten über die Roten und falsche Drachen niemals geglaubt, aber … Warum wollte
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