Das Rad der Zeit 7. Das Original: Die Krone der Schwerter (German Edition)
wenn Elaida es erfuhr, war sie dennoch ausreichend sicher, da sie die Frau jetzt unter Kontrolle hatte. Und weil Mesaana ihre Gönnerin war. Elaida war jedoch am Ende, ob sie es erkannte oder nicht. Selbst wenn es den Asha’man nicht gelang, Toveines Feldzug vollkommen zu zerschlagen – und nach dem, was Mesaana ihr über die Ereignisse der Brunnen von Dumai erzählt hatte, schien es unzweifelhaft, dass es ihnen gelänge –, würden allen Augen-und-Ohren in Caemlyn dennoch wahrhaft Flügel verliehen, wenn sie es erfuhren. Ohne ein Wunder, wie an den Toren erscheinende Aufständische, würde Elaida innerhalb weniger Wochen Siuan Sanches Schicksal teilen. Der Anfang war in jedem Fall gemacht, und wenn sie wünschte, sie wüsste, was ›es‹ war, musste sie wirklich nur gehorchen. Und aufpassen. Und lernen. Vielleicht würde sie die Stola mit den sieben Streifen selbst tragen, wenn alles vorbei war.
Seaine tauchte im frühen, durch ihre Fenster hereinströmenden Sonnenschein ihre Feder in das Tintenfass, aber bevor sie das nächste Wort schreiben konnte, öffnete sich die Tür zum Gang, und die Amyrlin rauschte herein. Seaine wölbte die dichten schwarzen Augenbrauen. Sie hätte jedermann sonst eher erwartet als Elaida, vielleicht sogar al’Thor selbst. Dennoch legte sie die Feder hin, erhob sich anmutig und zog die silber-weißen Ärmel herab, die sie hinaufgeschoben hatte, damit keine Tinte daran käme. Sie vollführte einen dem Amyrlin-Sitz von einer Sitzenden in ihren eigenen Räumen angemessenen Hofknicks.
»Ich hoffe, Ihr habt keine Weißen Schwestern gefunden, die Angreale verbergen, Mutter.« Nach all diesen Jahren hörte man aus ihrer Sprache noch immer den lugardischen Akzent heraus. Sie hoffte es recht inbrünstig. Elaidas Abstieg von der oberen Etage zu den Quartieren der Grünen vor wenigen Stunden, während die meisten anderen schliefen, bewirkte vermutlich noch immer Jammern und Zähneknirschen. Solange man sich erinnern konnte, war keine Schwester dazu verurteilt worden, gezüchtigt zu werden, weil sie ein Angreal zurückgehalten hatte, und jetzt sollten es sogar zwei sein. Die Amyrlin musste eine ihrer berühmten Phasen kalten Zorns durchlebt haben.
Aber wenn das zum gegebenen Zeitpunkt zutraf, gab sie jetzt keinen Hinweis mehr darauf. Sie betrachtete Seaine einen Moment schweigend, in ihrer mit roten Schlitzen versehenen Seide kühl wie ein Winterteich, und glitt dann zu der reich verzierten Anrichte, auf der die Elfenbeinminiaturen von Seaines Familie standen. Sie alle waren schon seit Jahren tot, aber sie liebte sie noch immer.
»Ihr habt Euch nicht erhoben, um mich zur Amyrlin zu wählen«, sagte Elaida und nahm das Bild von Seaines Vater auf. Sie stellte es hastig wieder hin und nahm stattdessen das Bild ihrer Mutter hoch.
Seaine hätte fast erneut die Augenbrauen gewölbt, aber sie versuchte, es sich zur Regel zu machen, sich nicht häufiger als einmal am Tag überraschen zu lassen. »Ich wurde erst hinterher darüber informiert, dass der Saal sich versammelt hatte, Mutter.«
»Ja, ja.« Elaida ließ von den Miniaturen ab und glitt zum Kamin. Seaine hatte schon immer eine Vorliebe für Katzen gehabt, und aus Holz geschnitzte Katzen aller Arten bevölkerten den Kaminsims, einige in komischen Posen. Die Amyrlin betrachtete sie stirnrunzelnd, schloss dann fest die Augen und schüttelte leicht den Kopf. »Aber Ihr seid geblieben«, sagte sie und wandte sich rasch um. »Jede Sitzende, die nicht informiert wurde, entfloh der Burg und schloss sich den Aufständischen an. Warum seid Ihr als Einzige geblieben?«
Seaine spreizte die Hände. »Was konnte ich anderes tun, Mutter? Die Burg muss eine Einheit sein.« Wer auch immer die Amyrlin ist, fügte sie im Geiste hinzu. Und was stimmt mit meinen Katzen nicht, wenn ich fragen darf? Nicht, dass sie diese Frage jemals laut gestellt hätte. Sereille Bagand war eine grimmige Herrin der Novizinnen gewesen, bevor sie im selben Jahr, in dem sie selbst die Stola erhielt, zum Amyrlin-Sitz erhoben wurde, und sie war eine noch grimmigere Amyrlin gewesen, als Elaida jemals sein könnte. Seaine waren die Eigenheiten mehrere Jahre lang zu nachhaltig und tief eingebläut worden, um jetzt noch etwas daran zu ändern. Oder an der Abneigung gegenüber der Frau, welche die Stola trug. Man musste eine Amyrlin nicht mögen.
»Die Burg muss eine Einheit sein«, stimmte Elaida ihr zu und rieb ihre Hände aneinander. »Sie muss eine Einheit sein.« Warum war sie
Weitere Kostenlose Bücher