Das Rad der Zeit 8. Das Original: Der Weg der Klingen (German Edition)
den Frauen hinter ihr. Der Gedanke verursachte ihr Magenkrämpfe. Sie lauschte auf das schwache Rascheln von Stroh, das ihr verraten würde, dass jemand ihr folgte, hörte aber nichts. Standen sie einfach noch da und sahen ihr nach? Sie weigerte sich, über die Schulter zu blicken. Es kostete sie einige Mühe, dieselbe ruhige Gangart beizubehalten – sie würde keine Angst zeigen und sich auf diese Weise beschämen! –, und doch konnte sie nicht umhin, erleichtert aufzuatmen, als sie eine der großen Türen in ihren gut geölten Scharnieren aufstieß und ins helle Mittagslicht trat.
Efalin ging draußen auf und ab, die Shoufa um den Hals gelegt, den Bogen in seiner Hülle auf dem Rücken, Speere und Schild in Händen. Die grauhaarige Frau wandte sich jäh um, wobei die Sorge auf ihrem Gesicht beim Anblick Sevannas nur unwesentlich abnahm. Sie war die Führerin aller Töchter des Speers der Shaido, und sie zeigte ihre Sorge! Sie war keine Jumai, aber sie war mit Sevanna gekommen, wobei sie die Ausrede benutzt hatte, Sevanna spräche als Anführerin, bis ein neues Oberhaupt der Shaido gewählt werden könne. Sevanna war sich sicher, dass Efalin die Vermutung hegte, dies würde niemals geschehen. Efalin wusste, wo die Macht lag. Und wann sie den Mund halten musste.
»Begrabt ihn tief und verbergt das Grab«, befahl Sevanna ihr.
Efalin nickte, und die Töchter des Speers verschwanden hinter ihr im Stall. Sevanna betrachtete das Gebäude mit seinem spitzen roten Dach und den blauen Mauern und wandte sich dann dem davor befindlichen Feld zu. Eine niedrige Steinumgrenzung mit einem einzigen Durchgang vor dem Stall umschloss einen Kreis festgetretener Erde von ungefähr hundert Schritten Durchmesser. Die Feuchtländer hatten ihn zur Dressur von Pferden verwendet. Sevanna war nicht in den Sinn gekommen, die früheren Besitzer zu fragen, warum die Stallungen so weit von allem anderen errichtet worden und von so hohen Bäumen umgeben waren, dass Sevanna sie manchmal noch immer staunend betrachtete, aber die Abgeschiedenheit passte ihr gut. Efalin und die Töchter des Speers hatten den Seanchaner gefangen genommen. Niemand, der nicht dabei gewesen war, wusste etwas von ihm. Oder würde etwas von ihm erfahren. Unterhielten sich die anderen Weisen Frauen dort drinnen über sie? Vor den Töchtern des Speers? Was sagten sie? Sie würde weder auf sie noch auf sonst jemanden warten!
Someryn und die Übrigen verließen den Stall in dem Moment, als Sevanna auf den Wald zuging, und folgten ihr dorthin, wobei sie miteinander über die Seanchaner und über Caddar sprachen, wie auch darüber, wohin die übrigen Shaido gesandt worden waren. Nicht über sie, aber das würden sie auch nicht tun, wenn sie es hören konnte. Was sie hörte, ließ sie das Gesicht verziehen. Über dreihundert Weise Frauen befanden sich bei den Jumai, und es kamen stets dieselben Fragen, wann immer drei oder vier sich miteinander zu unterhalten begannen. Wo waren die übrigen Septen? War Caddar ein von Rand al’Thor geschleuderter Speer gewesen? Wie viele Seanchaner waren dort? Ritten sie wirklich auf Eidechsen? Eidechsen! Diese Frauen waren vom ersten Augenblick an bei ihr gewesen. Sie hatte sie Schritt für Schritt geführt, aber sie glaubten, sie hätten bei der Planung jedes Zuges geholfen, glaubten, sie würden ihr Ziel kennen. Wenn sie die Frauen jetzt verlor …
Der Wald öffnete sich auf eine große Lichtung, die den Kreis bei den Stallungen mehr als fünfzigmal hätte aufnehmen können, und Sevanna spürte, wie ihre schlechte Stimmung schwand, als sie stehen blieb und sich umschaute. Niedrige Hügel erhoben sich im Norden, und die wenige Meilen dahinterliegenden Berge waren wolkenbedeckt, große weiße Massen, mit Dunkelgrau gestreift. Sie hatte noch niemals in ihrem Leben so viele Wolken gesehen. Nahebei verrichteten Tausende Jumai ihre alltäglichen Arbeiten. Das Klingen von Hämmern auf Ambossen ertönte von den Schmieden, und Schafe und Ziegen wurden für die Abendmahlzeit geschlachtet, wobei sich ihr Blöken mit dem Lachen der Kinder vermischte, die spielend umherrannten. Da die Jumai mehr Zeit zur Verfügung gehabt hatten, sich auf ihre Flucht aus Brudermörders Dolch vorzubereiten, hatten sie die in Cairhien erworbenen Herden mitgebracht und sie hier zusammengeführt.
Viele Leute hatten ihre Zelte aufgestellt, obwohl es nicht nötig war. Bunte Gebäude füllten die Lichtung fast wie ein großes Dorf der Feuchtländer aus, große Scheunen
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