Das Rad der Zeit 8. Das Original: Der Weg der Klingen (German Edition)
herzliches Lächeln auf. Jemand hatte ihr einmal gesagt, dieses Lächeln erinnere ihn an seine geliebte Mutter. Sie hoffte, dass er zumindest in diesem Punkt nicht gelogen hatte. Er hatte kurz darauf versucht, ihr einen Dolch zwischen die Rippen zu stoßen, und ihr Lächeln war das Letzte gewesen, was er jemals gesehen hatte. »Ich kann mir keinen Grund denken, warum Ihr es tun würdet. Nein, ich fürchte, Ihr habt nur sinnlose Arbeit vor Euch. Das halten sie für beschämend. Zutiefst beschämend. Wenn sie natürlich erkennen, dass Ihr es nicht so seht … Oje. Ich wette, es hat Euch nicht gefallen, nackt zu graben, selbst wenn Töchter des Speers Euch bewachten, aber stellt Euch einmal vor, so in einem Zelt voller Männer zu stehen.« Beldeine zuckte zusammen. Verin plauderte weiter. Sie hatte das Plaudern zu einem Talent entwickelt. »Sie würden Euch natürlich nur dort stehen lassen. Da’tsang ist es nicht erlaubt, etwas Nützliches zu tun, wenn es nicht unbedingt erforderlich ist, und ein Aiel-Mann würde genauso bereitwillig einen Arm um einen verwesenden Kadaver legen wie … Nun, das ist wohl kein erfreulicher Gedanke. Auf jeden Fall steht Euch genau das bevor. Ich weiß, dass Ihr so lange widerstehen werdet wie möglich, obwohl ich mir nicht sicher bin, wogegen es zu widerstehen gilt. Sie werden sich nicht die Mühe machen, Informationen aus Euch herauszubekommen, oder etwas anderes versuchen, was Menschen gewöhnlich mit Gefangenen tun. Aber sie werden Euch auch nicht gehen lassen, niemals, bis sie sicher sind, dass Ihr die Scham so tief empfindet, dass nichts sonst übrig bleibt. Auch nicht, wenn dies Euer restliches Leben lang dauert.«
Beldeines Lippen bewegten sich lautlos, aber sie hätte die Worte ebenso gut aussprechen können. Mein restliches Leben lang. Sie regte sich unbehaglich auf ihrem Kissen und verzog schmerzvoll das Gesicht, vielleicht aufgrund des Sonnenbrandes oder der Striemen oder einfach wegen der ungewohnten Arbeit. »Wir werden gerettet werden«, sagte sie schließlich. »Die Amyrlin wird uns nicht im Stich … Wir werden gerettet werden, oder wir werden … Wir werden gerettet werden.« Sie ergriff jäh den neben ihr stehenden Silberbecher, legte den Kopf zurück, trank ihn leer und streckte ihn dann Verin entgegen, um mehr zu bekommen. Diese ließ den Zinnkrug hinüberschweben und stellte ihn ab, sodass die junge Frau sich selbst etwas eingießen konnte.
»Oder Ihr werdet entkommen?«, fragte Verin, und Beldeines schmutzige Hände zuckten, sodass Wasser über den Becherrand schwappte. »Seid doch vernünftig – Ihr werdet ebenso wenig entkommen, wie Ihr gerettet werdet. Ihr seid von einem Heer von Aiel umgeben. Und al’Thor kann offensichtlich einige Hundert dieser Asha’man ausheben, wann immer er will, um Euch zu verfolgen.« Die andere Frau erschauderte bei diesen Worten, und Verin fast ebenfalls. Dieses nichtige Durcheinander hätte beendet werden müssen, sobald es begonnen hatte. »Nein, ich fürchte, Ihr müsst irgendwie Euren eigenen Weg gehen. Nehmt die Dinge, wie sie sind. Ihr seid hierbei ganz allein. Ich weiß, dass sie Euch nicht mit anderen sprechen lassen. Ihr seid ganz allein«, sagte sie seufzend. Weite Augen starrten sie an, wie sie vielleicht eine rote Viper angestarrt hätten. »Wir müssen es nicht schlimmer machen, als es ist. Lasst mich Euch Heilen.«
Sie wartete kaum, bis die andere Frau jämmerlich nickte, bevor sie sich neben sie kniete und beide Hände um Beldeines Kopf legte. Die junge Frau war überaus bereit. Verin öffnete sich für weiteres Saidar und wob die Stränge des Heilens, und die Grüne keuchte und zitterte. Der halb gefüllte Becher entglitt ihren Händen, und ihr um sich schlagender Arm stieß den Krug um. Jetzt war sie vollkommen bereit.
In den Augenblicken der Verwirrung, die jedermann ergriffen, der Geheilt worden war, während Beldeine noch blinzelte und wieder zu sich zu kommen versuchte, öffnete sich Verin durch das wie eine Blume gestaltete Angreal in ihrer Tasche noch weiter. Es war kein sehr mächtiges Angreal , aber sie brauchte hierfür jedes bisschen zusätzlicher Macht, die es ihr gewähren konnte. Die Stränge, die sie nun zu weben begann, ähnelten nicht den Strängen des Heilens. Geist überwog bei Weitem, aber da waren auch Wind und Wasser, Feuer und Erde, wobei Letzteres ihr einige Schwierigkeiten bereitete, und selbst die mit Geist gewobenen Stränge mussten immer wieder geteilt und so kompliziert angeordnet
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