Das Rad der Zeit 8. Das Original: Der Weg der Klingen (German Edition)
Sie wissen nicht, wie sie damit umgehen sollen. Ihr werdet die Fragen beantworten, die Euch gestellt werden.« Sie drohte und höhnte nicht – sie sprach nur, aber Ispan sank auf ihrem Stuhl zusammen.
»Ich fürchte, das ist gefährlich, selbst wenn sie kein Neuling in der Burg wäre«, bemerkte Adeleas. »Es ist uns verboten, bei einer Befragung Blut zu vergießen oder anderen zu gestatten, es in unserem Namen zu tun.« Sie klang widerstrebend, obwohl Elayne nicht sagen konnte, ob das Verbot oder das Eingeständnis, dass Ispan ein Neuling war, der Grund dafür war. Sie selbst hatte nicht wirklich geglaubt, dass Ispan noch immer als Neuling angesehen werden könnte. Ein Sprichwort besagte, dass keine Frau mit der Burg fertig war, bis die Burg mit ihr fertig war, aber in Wahrheit war es niemals beendet, wenn die Burg einen einmal berührt hatte.
Sie betrachtete die Schwarze Schwester prüfend, die so schmutzig und doch so selbstsicher war. Ispan setzte sich wieder ein wenig aufrechter hin und warf Aviendha und Elayne amüsiert verächtliche Blicke zu. Sie war vorher nicht so ausgeglichen gewesen, als sie noch dachte, dass Nynaeve und Elayne sie allein in ihrer Gewalt hätten. Sie hatte ihre Haltung mit dem Bewusstsein wiedergewonnen, dass auch ältere Schwestern anwesend waren. Schwestern, die das Gesetz der Weißen Burg verinnerlicht hatten. Das Gesetz verbat nicht nur Blutvergießen, sondern auch das Brechen von Knochen und einige andere Dinge, die jeder Weißmäntel-Zweifler überaus bereitwillig tat. Aber bevor eine wie auch immer geartete Befragung begann, musste eine Heilung erfolgen, und wenn die Befragung nach Sonnenaufgang begann, musste sie vor Sonnenuntergang beendet sein und umgekehrt. Das Gesetz schrieb sogar noch mehr Einschränkungen vor, wenn es sich um Neulinge, Schwestern, Aufgenommene und Novizinnen der Burg handelte, und verbot die Benutzung Saidars sowie Bestrafung oder Buße bei der Befragung. Oh, eine Schwester konnte einer Novizin mit der Macht eine Ohrfeige verpassen, wenn sie aufgebracht war, oder ihr sogar eine Tracht Prügel verabreichen, aber nicht wesentlich mehr. Ispan lächelte sie an. Sie lächelte! Elayne atmete tief durch.
»Adeleas, Vandene, ich möchte, dass Ihr Aviendha und mich mit Ispan allein lasst.« Ihr Magen verkrampfte sich. Es musste eine Möglichkeit geben, die Frau ausreichend einzuschüchtern, um zu erfahren, was nötig war, ohne das Burggesetz zu verletzen. Aber wie? Menschen, die von der Burg befragt werden sollten, begannen üblicherweise bereits zu reden, bevor sie auch nur berührt wurden – jedermann wusste, dass sich niemand gegen die Burg behaupten konnte, niemand! –, aber sie waren selten Neulinge. Sie hörte eine Stimme. Dieses Mal nicht Linis Stimme, sondern die ihrer Mutter. Was du zu tun befiehlst, musst du auch bereitwillig selbst tun können. Wenn du als Königin etwas befiehlst, dann hast du es damit getan. Wenn sie das Gesetz brach … Wieder erklang die Stimme ihrer Mutter. Selbst eine Königin kann nicht über dem Gesetz stehen, sonst gibt es kein Gesetz. Und dann Linis Stimme. Du kannst tun, was immer du willst, Kind. Solange du bereit bist, den Preis zu bezahlen. Sie nahm ihren Hut ab, ohne die Bänder zu lösen. Es kostete sie Mühe, ihre Stimme ruhig klingen zu lassen. »Wenn wir … wenn wir mit unserem Gespräch mit ihr fertig sind, könnt Ihr sie wieder zum Nähkränzchen zurückbringen.« Hinterher würde sie sich Merilille fügen. Die fünf Schwestern konnten eine Buße vereinbaren, wenn sie darum gebeten wurden.
Ispan wandte jäh den Kopf; der Blick aus den geschwollenen Augen wanderte von Elayne zu Aviendha und wieder zurück, und die Augen weiteten sich allmählich, bis das Weiße rundum sichtbar war. Sie war jetzt nicht mehr selbstsicher.
Vandene und Adeleas wechselten schweigend Blicke, so wie Menschen es tun, die so viel Zeit miteinander verbracht haben, dass Worte kaum noch nötig sind. Dann nahm Vandene Elayne und Aviendha jeweils bei einem Arm. »Wenn ich Euch einen Moment draußen sprechen dürfte«, murmelte sie. Es klang wie ein Vorschlag, aber sie drängte sie bereits zur Tür.
Draußen auf dem Hof standen ungefähr zwei Dutzend Kusinen wie Schafe zusammengepfercht. Nicht alle trugen die Kleidung der Ebou Dari, aber zwei trugen die roten Gürtel der Heilerinnen, und Elayne erkannte Berowin, eine rundliche kleine Frau, die sonst weitaus größeren Stolz zeigte, als ihre Stärke in der Macht gerechtfertigt hätte. Aber
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