Das Rad der Zeit 8. Das Original: Der Weg der Klingen (German Edition)
jetzt nicht. Ihr Gesicht zeigte Angst, und die Blicke der Frauen irrten umher, obwohl das ganze Nähkränzchen um sie herumstand und beharrlich auf sie einredete. Ein Stück weiter versuchten Nynaeve und Alise, vielleicht doppelt so viele Frauen in eines der größeren Gebäude zu drängen. ›Versuchten‹ schien die richtige Bezeichnung zu sein.
»… kümmert mich nicht, welche Stellung Ihr innehabt«, schrie Nynaeve eine Frau in hellgrüner Seide an, die stolz den Kopf reckte. »Ihr werdet dort hineingehen und dort bleiben. Aus dem Weg, sonst trete ich Euch hinein!«
Alise ergriff die grün gekleidete Frau kurzerhand am Kragen und schob sie trotz zorniger Proteste durch den Eingang. Ein lautes Kreischen erklang, wie von einer großen Gans, die getreten worden war, und dann erschien Alise wieder und klopfte ihre Hände ab. Die anderen machten danach keine Schwierigkeiten mehr.
Vandene entließ sie alle und beobachtete ihre Augen. Das Schimmern umgab sie auch weiterhin, und doch musste Adeleas ihre vereinten Stränge konzentriert haben. Vandene hätte die Abschirmung aufrechterhalten können, wenn sie erst gewoben war, ohne sie sehen zu können, aber wäre sie diejenige gewesen, hätte weitaus wahrscheinlicher Adeleas sie hinausgebracht. Vandene hätte mehrere Hundert Schritte gehen können, bevor die Verbindung nachließ – diese würde selbst dann nicht zerbrechen, wenn sie und Adeleas an entgegengesetzte Punkte der Erde eilten, obwohl sie schon lange vorher nutzlos geworden wäre –, aber sie blieb in der Nähe der Tür. Sie suchte anscheinend nach den richtigen Worten.
»Ich habe es immer für das Beste gehalten, wenn Frauen mit Erfahrung diese Dinge regeln«, sagte sie schließlich. »Junge Frauen ereifern sich leicht. Dann tun sie des Guten zu viel. Oder manchmal erkennen sie, dass sie sich nicht dazu überwinden können, genug zu tun, weil sie tatsächlich noch nicht genug erlebt haben. Oder schlimmstenfalls finden sie … Geschmack daran. Ich glaube, Ihr habt beide diesen Makel.« Sie sah Aviendha abschätzend an. Aviendha steckte hastig ihren Gürteldolch zurück in die Scheide. »Adeleas und ich haben genug erlebt, um zu wissen, warum wir tun müssen, was getan werden muss, und wir haben den Eifer schon lange abgelegt. Vielleicht werdet Ihr dies uns überlassen. Das ist sicherlich besser.« Vandene schien die Empfehlung zu akzeptieren. Sie nickte und wandte sich wieder der Tür zu.
Sie war kaum dahinter verschwunden, als Elayne innen den Gebrauch der Macht spürte, ein Gewebe, das den Innenraum überlagert haben musste. Sicherlich ein Schutz vor Lauschern. Sie würden nicht wollen, dass jemand zufällig aufschnappte, was auch immer Ispan sagte. Dann bemerkte sie weiteren Gebrauch der Macht, und die darauf folgende Stille war unheilvoller als jegliche Schreie.
Sie setzte ihren Hut energisch wieder auf. Sie spürte die Hitze nicht, aber das Flimmern der Luft ließ sie sich plötzlich unwohl fühlen. »Vielleicht hilfst du mir, das Gepäck der Lastpferde durchzusehen«, sagte sie hastig. Sie hatte nicht befohlen, dass es getan werden sollte – was immer es war –, aber das änderte anscheinend nichts. Aviendha nickte überraschend schnell. Sie wollte dieser Stille offensichtlich auch entfliehen.
Die Windsucherinnen warteten nicht weit von der Stelle entfernt, wo die Diener die Packpferde hingeführt hatten, warteten ungeduldig und sahen sich gebieterisch um, die Arme in Nachahmung Renailes unter den Brüsten gekreuzt. Alise trat zu ihnen und machte Renaile nach einem raschen Blick als die Anführerin aus. Elayne und Aviendha ignorierte sie.
»Kommt mit«, sagte sie in barschem Ton, der keinen Widerspruch duldete. »Die Aes Sedai meinen, Ihr wolltet sicher den Schatten aufsuchen, bis alles geklärt ist.« Die Worte ›Aes Sedai‹ enthielten ebenso viel Bitterkeit, wie sie Ehrfurcht enthielten, wenn sie von den Kusinen ausgesprochen wurden. Vielleicht sogar mehr. Renaile erstarrte, und ihr gebräuntes Gesicht wurde noch dunkler, aber Alise fuhr ungerührt fort. »Ihr Wilden könnt von mir aus dort draußen sitzen und schwitzen, wenn Ihr wollt. Wenn Ihr sitzen könnt .« Es war offensichtlich, dass keine der Atha’an Miere Heilung von der Sattelwundheit erhalten hatte. Sie standen da, als wollten sie vergessen, dass sie unterhalb der Taille existierten. »Aber Ihr werdet mich nicht warten lassen.«
»Wisst Ihr, wer ich bin?«, fragte Renaile in kaum beherrschtem Zorn, aber Alise ging bereits
Weitere Kostenlose Bücher