Das Rad der Zeit 8. Das Original: Der Weg der Klingen (German Edition)
selbst brachte Nynaeve ihr Pferd und richtete ihren Hut mit den blauen Federn, während Nynaeve einen Fuß in den Steigbügel setzte. Nynaeve wandte die gedrungene Stute nordwärts, wobei sie eine zutiefst gekränkte Miene aufsetzte, während Lan auf Mandarb neben sie ritt. Elayne verstand nicht, warum sie Alise nicht einfach zurechtwies. Wenn man Nynaeves Erzählungen glauben durfte, hatte sie Frauen, die älter waren als sie, bereits in frühestem Alter zurechtgewiesen. Und sie war jetzt immerhin eine Aes Sedai. Das sollte sie jeder Kusine weit überlegen machen.
Als die Kolonne zu den Hügeln aufbrach, schaute Elayne zu Aviendha und Birgitte. Aviendha stand schweigend da, die Arme unter den Brüsten verschränkt, und hielt das Angreal der in ihr Haar gehüllten Frau mit einer Hand fest umklammert. Birgitte nahm Elayne Löwins Zügel ab, band sie mit denen ihres eigenen Pferdes zusammen, ging dann zu einem zwanzig Schritt entfernten Felsen und setzte sich hin.
»Ihr beide müsst …«, begann Elayne und hustete dann, als Aviendha überrascht die Augenbrauen wölbte. Es war unmöglich, Aviendha aus einem Gefahrengebiet fortzuschicken, ohne sie zu beschämen. Vielleicht war es überhaupt unmöglich. »Ich möchte, dass du mit den anderen gehst«, sagte sie zu Birgitte. »Und nimm Löwin auch mit. Aviendha und ich können uns auf ihrem Wallach abwechseln. Ich würde gern vor dem Schlafengehen noch einen Spaziergang machen.«
»Wenn du einen Mann jemals auch nur halb so gut behandelst wie dieses Pferd«, sagte Birgitte trocken, »wird er dir ein Leben lang treu sein. Ich glaube, ich werde einfach eine Weile sitzen bleiben. Ich bin heute lange genug geritten. Ich stehe dir nicht ständig zur Verfügung. Wir können das Spiel vor den Schwestern und den anderen Behütern spielen, um dir eine gewisse Verlegenheit zu ersparen, aber wir beide wissen es besser.« Elayne spürte trotz der spöttischen Worte Birgittes Zuneigung. Nein, etwas Stärkeres als Zuneigung. Ihre Augen brannten plötzlich. Ihr Tod würde Birgitte zutiefst verletzen – der Behüterbund sorgte dafür –, aber jetzt blieb sie wegen ihrer Freundschaft.
»Ich bin dankbar, zwei Freundinnen wie euch zu haben«, sagte sie schlicht. Birgitte grinste sie an, als hätte sie etwas Spaßiges gesagt.
Aviendha errötete jedoch vor Zorn und starrte Birgitte mit geweiteten Augen an, als sei die Gegenwart der Behüterin die Ursache für ihre geröteten Wangen. Sie wandte den Blick hastig zu den Menschen, die den ersten Hügel noch nicht erreicht hatten und noch ungefähr eine halbe Meile davon entfernt waren. »Du solltest besser warten, bis sie außer Sicht sind«, sagte sie, »aber du darfst auch nicht zu lange warten. Wenn du mit der Auflösung erst begonnen hast, werden die Stränge nach einiger Zeit allmählich … glatt. Einen Strang loszulassen, bevor er sich aus dem Gewebe gelöst hat, ist genauso, als würde man das Gewebe loslassen. Es wird dann zu etwas Beliebigem zerfallen. Aber du brauchst dich auch nicht sonderlich zu beeilen. Jeder Faden muss so weit freigezogen werden wie möglich. Je mehr Fäden sich lösen, desto leichter werden andere zu sehen sein, aber du musst stets den am besten sichtbaren Faden herauspicken.« Sie lächelte herzlich und drückte ihre Finger fest auf Elaynes Wange. »Du wirst es richtig machen, wenn du vorsichtig bist.«
Es klang nicht so schwierig. Sie musste nur vorsichtig sein. Es dauerte ziemlich lange, bis die letzte Frau über dem Hügel verschwand, die schlanke Adlige, die unter der Last ihrer Kleider gebeugt ging. Die Sonne schien überhaupt nicht untergehen zu wollen, obwohl schon Stunden vergangen sein mussten. Was hatte Aviendha mit ›glatt‹ gemeint? Das Wort hatte nicht so viele Bedeutungen – es musste wohl lediglich bedeuten, dass die Stränge dann schwer festzuhalten waren.
Elayne fand es heraus, sobald sie erneut begann. ›Glatt‹ war ein lebendiger Aal, wenn man ihn mit Öl einrieb. Sie knirschte schon bei dem Versuch, den ersten Faden festzuhalten, mit den Zähnen, und dann sollte sie ihn auch noch herausziehen. Nur die Tatsache, dass es noch weitere zu lösen galt hinderte sie daran, erleichtert aufzuseufzen, als der Strang zu zücken begann und sich schließlich löste. Würden sie noch glatter, war sie sich nicht sicher, dass sie es schaffen könnte. Aviendha beobachtete sie genau, schwieg aber, obwohl sie Elayne stets ermutigend zulächelte, wenn diese es brauchte. Elayne konnte Birgitte nicht
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