Das Rad der Zeit 9. Das Original: In den Klauen des Winters (German Edition)
Hellebarden auf der einen Seite des offenen Tores und auf der anderen befand sich die gleiche Anzahl Seanchaner mit quastengeschmückten Speeren; sie alle standen so steif wie Narienes Statue.
»Des Lichts Segen für alle«, murmelte Mat höflich an die Ebou Dari gewandt. Es war immer besser, Ebou Dari mit Höflichkeit gegenüberzutreten, solange man sie nicht gut kannte. Und danach ebenfalls, was das anging. Trotzdem waren sie viel … flexibler als die Seanchaner.
»Und für Euch, mein Lord«, erwiderte ihr stämmiger Offizier und trat vor. Mat erkannte ihn. Surlivan Sarat, ein anständiger Bursche, immer zu einer schlagfertigen Bemerkung bereit und mit einem guten Auge für Pferde. Surlivan schüttelte den Kopf und klopfte mit dem dünnen, vergoldeten Stab, dem Zeichen seines Amtes, gegen die Seite seines spitzen Helms. »Wart Ihr schon wieder in einen Kampf verwickelt, mein Lord? Sie wird wie eine Wasserfontäne in die Luft gehen, wenn sie Euch sieht.«
Mat nahm aufgebracht die Schultern zurück und versuchte, sich nicht zu offensichtlich auf seinen Stab zu stützen. Immer zu einer schlagfertigen Bemerkung bereit? Wenn man so darüber nachdachte, hatte der von der Sonne dunkel gebräunte Mann eine Zunge wie eine Raspel. Und so gut war sein Auge für Pferde nun auch wieder nicht. »Wird es Fragen geben, wenn mein Freund hier bei meinen Männern schläft?«, fragte er kurz angebunden. »Das sollte es nicht. Bei meinen Männern ist Platz genug.« Platz für mehr als nur einen, um der Wahrheit die Ehre zu geben. Bis jetzt waren acht Männer gestorben, weil sie ihm nach Ebou Dar gefolgt waren.
»Nicht von mir, mein Lord«, sagte Surlivan, obwohl er den dürren Mann an Mats Seite musterte und verständnisvoll die Lippen schürzte. Noals Mantel erschien von guter Qualität, zumindest unter diesen Lichtverhältnissen, und die Spitze, die er trug, war in einem besseren Zustand als Mats. Vielleicht gab das den Ausschlag. »Und sie braucht nicht alles zu wissen, also auch nicht von ihrer Seite.«
Mat runzelte die Stirn, aber bevor unbeherrschte Worte ihn und Noal in den Suppenkessel befördern konnten, kamen drei gepanzerte Seanchaner ans Tor galoppiert und Surlivan wandte sich ihnen zu.
»Ihr und Eure Ehefrau wohnt im königlichen Palast?«, erkundigte sich Noal und wollte sich Richtung Tor in Bewegung setzen.
Mat zog ihn zurück. »Wartet auf sie«, sagte er und deutete auf die Seanchaner. Seine Ehefrau? Verdammte Frauen! Verdammte Würfel in seinem verdammten Kopf!
»Ich habe Depeschen für die Hochlady Suroth«, verkündete eine der Seanchanerinnen und hieb auf eine Ledertasche, die von einer gepanzerten Schulter hing. Ihr Helm wies eine einzige Feder auf, was sie als untergeordneten Offizier kennzeichnete, aber ihr Pferd war ein großer Wallach, der ziemlich schnell aussah. Die anderen beiden Tiere machten einen durchaus stämmigen Eindruck, aber das war auch alles, was man zu ihren Gunsten sagen konnte.
»Tretet mit dem Segen des Lichts ein«, sagte Surlivan und verbeugte sich andeutungsweise.
Die Verbeugung der Seanchanerin in ihrem Sattel war das genaue Spiegelbild seiner Bemühung. »Der Segen des Lichts auch für Euch«, nuschelte sie und die drei ritten auf den Stallhof.
»Das ist schon seltsam«, meinte Surlivan und sah ihnen nach. »Sie fragen immer uns um Erlaubnis, nie sie.« Er wies mit dem Stab auf die seanchanischen Wachen auf der anderen Seite des Tors. Sie hatten ihre starre Haltung beibehalten, sie hatten, soweit es Mat betraf, die Neuankömmlinge nicht mal angesehen.
»Und was würden sie tun, wenn Ihr ihnen sagt, sie könnten nicht eintreten?«, fragte Noal leise und rückte das Bündel auf seinem Rücken zurecht.
Surlivan fuhr auf dem Absatz herum. »Es reicht, dass ich meiner Königin einen Eid geschworen habe«, sagte er mit ausdrucksloser Stimme, »und sie hat ihren … wem auch immer sie ihn geleistet hat. Gebt Eurem Freund ein Bett, mein Lord. Und warnt ihn, dass es Dinge gibt, die in Ebou Dar besser ungesagt bleiben, wie auch Fragen, die man besser nicht stellt.«
Noal sah verblüfft aus und fing an zu protestieren, dass er nur neugierig sei, aber Mat tauschte mit dem altaranischen Offizier weitere Höflichkeiten aus – so schnell er konnte – und drängte seinen neuen Bekannten durch das Tor, wobei er ihn mit gesenkter Stimme über die Lauscher aufklärte. Der Mann mochte ihm ja das Leben vor dem Gholam gerettet haben, aber das bedeutete nicht, dass er zulassen würde, wie er
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