Das Rad der Zeit 9. Das Original: In den Klauen des Winters (German Edition)
als hätte es keine Bedeutung, in einer Gasse schlafen zu müssen. »Es wäre nicht das erste Mal, dass ich unbequem schlafen muss, selbst in einer Stadt.«
»Ich glaube, da weiß ich etwas Besseres«, sagte Mat, aber der Rest von dem, was er hatte sagen wollen, erstarb auf seiner Zunge. Die Würfel wirbelten noch immer in seinem Kopf umher. Er hatte es geschafft, sie zu vergessen, während der Gholam ihn zu töten versuchte, aber sie waren noch immer in Bewegung, warteten noch immer darauf zu fallen. Wenn sie ihn vor etwas Schlimmerem als dem Gholam warnen wollten, dann wollte er es nicht erfahren. Aber das würde er. Da bestand nicht der geringste Zweifel. Er würde es erfahren, wenn es zu spät war.
KAPITEL 17
Rosafarbene Schleifen
K alte Windböen wehten über den Mol Hara, hoben Mats Umhang und drohten den an seiner Kleidung klebenden Schlamm zu gefrieren, als Noal und er aus der Gasse eilten. Die Sonne hing zur Hälfte verborgen hinter den Dachrändern und die Schatten wurden zusehends länger. Mat musste den Umhang gewähren lassen, denn mit der einen Hand hielt er den Stab und mit der anderen in der Manteltasche die zerrissene Schnur des Fuchskopfes, dazu bereit, sie herauszureißen, falls es erforderlich war. Sein Körper schmerzte von Kopf bis Fuß, die klappernden Würfel in seinem Kopf verkündeten ihre Warnung, doch er nahm beides kaum wahr. Er war viel zu sehr damit beschäftigt, alle Richtungen auf einmal im Auge zu behalten und sich dabei zu fragen, durch ein wie kleines Loch sich das Ding wohl zwängen konnte. Er ertappte sich dabei, wie er die Spalten zwischen den Pflastersteinen des Platzes voller Unbehagen betrachtete. Allerdings erschien es doch eher unwahrscheinlich, dass ihn das Ungeheuer in aller Öffentlichkeit angriff.
Von den umgebenden Straßen drang ein beständiger Lärm heran, aber hier rannte bloß ein Hund mit hervortretenden Rippen an dem Brunnen mit der Statue der vor langer Zeit verstorbenen Königin Nariene vorbei. Manche behaupteten, ihre ausgestreckte Hand zeige auf die Beute des Ozeans, die Ebou Dar reich gemacht hatte, während andere es als Warnung vor kommenden Gefahren interpretierten. Es gab auch Leute, die behaupteten, ihre Nachfolgerin hätte die Aufmerksamkeit auf die Tatsache lenken wollen, dass lediglich eine Brust der Statue unbedeckt war und damit öffentlich verkündet wurde, dass Nariene nur leidlich ehrlich gewesen war.
Zu einer anderen Zeit wäre der Mol Hara im Winter selbst zu dieser Stunde voller spazierender Liebespärchen und Straßenhändler und von Hoffnung erfüllter Bettler gewesen, aber die Bettler hatten seit der Ankunft der Seanchaner erleben müssen, dass man sie auf den Straßen einsammelte und ihnen eine Arbeit zuteilte, und der Rest blieb selbst im Tageslicht fort. Der Grund dafür war der Tarasin-Palast, jener große Berg aus weißen Kuppeln und Marmorturmspitzen und schmiedeeisernen Balkonen, die Residenz von Tylin Quintara Mitsobar, Dank der Gnade des Lichts Königin von Altara – oder zumindest so viel von Altara, wie in ein paar Tagesritten im Umkreis von Ebou Dar zu erreichen war –, die Herrin der Vier Winde und Wächterin der See der Stürme. Und, was vielleicht noch wichtiger war, die Residenz der Hochlady Suroth Sabelle Meldarath, Befehlshaberin der Vorläufer der Kaiserin von Seanchan, mochte sie ewig leben. Im Augenblick war das eine viel wichtigere Position. An jedem Eingang standen Tylins Wachen mit ihren bauschigen weißen Hosen, grünen Stiefeln und vergoldeten Brustpanzern über den grünen Mänteln, aber da waren auch Männer und Frauen mit jenen insektenhaften Helmen und blau-gelben oder grün-weißen oder in allen möglichen anderen vorstellbaren Kombinationen gestreiften Rüstungen. Die Königin von Altara brauchte Sicherheit und Stille für ihre Erholung. Zumindest behauptete das Suroth. Und wenn Suroth sagte, dass Tylin es so wollte, dann wollte Tylin es nach kurzer Zeit auch tatsächlich.
Nach kurzem Überlegen ging Mat mit Noal zu einem der Tore, die zu den Stallungen führten. Dort bestand eine größere Chance, einen Fremden hereinzubringen, als wenn er die große Marmortreppe benutzte, die auf den Platz hinunterführte. Ganz zu schweigen von einer Gelegenheit, den Schlamm loszuwerden, bevor er Tylin gegenübertreten musste. Als er das letzte Mal nach einer Wirtshausschlägerei zerzaust zurückgekommen war, hatte sie ihr Missfallen deutlich zum Ausdruck gebracht.
Eine Handvoll Ebou Dari-Wachen standen mit
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