Das Rad der Zeit 9. Das Original: In den Klauen des Winters (German Edition)
hob den Kopf von einer Brust und schaute hinauf in Amys’ Gesicht. Ja, Amys. Schweißfeucht und mit müden Augen, aber lächelnd. Und sie war Elayne; ja, Elayne Trakand. Aber sie war jetzt noch mehr. Es war nicht wie der Behüterbund, auch wenn es ihm ähnelte. Schwächer, aber prächtiger. Langsam drehte sie den Kopf, der ihr nur mühsam gehorchte, um die andere anzuschauen, die sie selbst war, die an Amys’ anderer Brust lag. Um Aviendha anzuschauen, deren Haar verklebt, deren Gesicht und Körper vor Schweiß glänzte. Die vor Freude lächelte. Lachend und weinend umklammerten sie einander und hielten einander fest, als wollten sie sich niemals loslassen.
»Das ist meine Tochter Aviendha«, sagte Amys. »Und das ist meine Tochter Elayne, die am selben Tag, zur selben Stunde geboren wurde. Mögen sie einander immer beschützen, einander helfen, einander lieben.« Sie lachte leise, erschöpft, zufrieden. »Kann uns jetzt jemand etwas zum Anziehen bringen, bevor meine neuen Töchter und ich erfrieren?«
Elayne wäre es im Augenblick völlig gleichgültig gewesen, wenn sie erfroren wäre. Sie klammerte sich lachend und weinend an Aviendha. Sie hatte ihre Schwester gefunden. Licht, sie hatte ihre Schwester gefunden!
Die Geräusche emsiger Geschäftigkeit und anderer Frauen, die ihrer Arbeit nachgingen und sich dabei leise unterhielten, weckten Toveine Gazal aus ihrem Schlaf. Sie blieb auf der harten, schmalen Pritsche liegen und seufzte voller Bedauern. Es war ein so schöner Traum gewesen – ihre Hände um Elaidas Hals. Dieser winzige, von Segeltuchwänden begrenzte Verschlag war die Realität. Sie hatte schlecht geschlafen und fühlte sich wie betäubt. Außerdem hatte sie verschlafen; es würde keine Zeit für ein Frühstück bleiben. Zögernd schlug sie die Decken beiseite. Das Gebäude war irgendein kleines Lagerhaus gewesen, mit dicken Mauern und schweren, niedrig hängenden Balken, aber es gab keine Wärme. Ihr Atem gefror zu einer Wolke, und die schneidende Morgenluft fand den Weg durch ihr Unterhemd, bevor noch ihre Füße die groben Holzbohlen des Fußbodens berührten. Selbst wenn sie in Erwägung hätte ziehen können, im Bett liegen zu bleiben, sie hatte ihre Befehle. Logains widerwärtiger Bund machte jeden Ungehorsam unmöglich, ganz egal, wie sehr sie sich danach sehnte.
Sie versuchte immer, an ihn nur als Ablar zu denken, oder schlimmstenfalls Meister Ablar, aber es war jedes Mal Logain, der vor ihrem inneren Auge entstand. Der Name, den er berüchtigt gemacht hatte. Logain, der falsche Drache, der die Heere seiner Heimat Ghealdan zerschmettert hatte. Logain, der sich seinen Weg durch die paar Altaraner und Murandianer gebahnt hatte, die den Mut gehabt hatten, ihn aufhalten zu wollen, bis er Lugard persönlich bedroht hatte. Logain, der gedämpft worden war und aus irgendeinem unerfindlichen Grund wieder die Macht lenken konnte, der es gewagt hatte, Toveine Gazal mit seinem verfluchten Saidin -Gewebe zu versklaven. Schade, dass er ihr nicht befohlen hatte, nicht mehr zu denken! Sie konnte seine Aura tief in ihrem Inneren spüren . Er war immer da.
Einen Augenblick lang kniff sie die Augen fest zusammen. Licht! Der Bauernhof von Herrin Doweel war wie ein Höllenpfuhl erschienen, Buße und jahrelanges Exil, aus dem es keinen Ausweg gab, es sei denn, man zog das Undenkbare in Betracht und wurde eine gejagte Renegatin. Ihre Gefangenschaft dauerte kaum länger als eine halbe Woche und schon kannte sie die Wahrheit. Das hier war der richtige Höllenpfuhl. Und hier gab es keine Fluchtmöglichkeit. Wütend schüttelte sie den Kopf und wischte sich energisch schimmernde Feuchtigkeit von den Wangen. Nein! Sie würde flüchten, irgendwie, selbst wenn es nur lange genug währte, um ihre Hände in der Realität um Elaidas Hals zu legen. Irgendwie.
Abgesehen von der Pritsche gab es nur drei weitere Möbelstücke, trotzdem hatte sie kaum genug Platz, um sich zu bewegen. Sie zerstieß mit dem Gürtelmesser das Eis auf der Oberfläche des Wassers in der gelb gestreiften Kanne auf dem Waschtisch, füllte die angeschlagene weiße Schüssel und griff nach der Macht, um das Wasser zu erhitzen, bis Dampfwolken in die Höhe stiegen. Dazu war es erlaubt , die Macht zu benutzen. Aber auch nur dazu. Mechanisch wusch sie sich, putzte sich mit Salz und Soda die Zähne, dann holte sie aus der kleinen Holztruhe am Fußende der Pritsche ein frisches Unterhemd und Strümpfe. Ihren Ring ließ sie in der Truhe zurück; er
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