Das Rätsel deiner Leidenschaft
Bett würde er Sabine haben. Das musste ihr und ihm genügen, denn mehr als das konnte er ihr nicht geben.
Am Morgen, als sie nach London zurückfuhren, wollte Sabine sichergehen, dass sie sich beide auf ihre Aufgabe konzentrierten und sich nicht von ihrer Liebesnacht ablenken ließen. Max hatte sie ein zweites Mal geliebt, bevor sie gestern in einen tiefen Schlaf gesunken waren, und beim Erwachen stellten sie fest, dass ihre Gastgeberin das Haus bereits verlassen hatte, aber wie versprochen eine Kutsche für sie hatte vorbereiten lassen.
Weder Max noch Sabine hatten bisher über die Nacht zuvor gesprochen. Es war keinesfalls so, als erwartete sie, dass er vor ihr auf die Knie fallen und ein Gedicht vortragen oder ihr seine Liebe gestehen würde. Und selbst wenn er es täte, würde es nichts ändern. Sie konnten nicht zusammen sein.
Sie war Atlantidin und er Engländer. Sie konnte hier sitzen und viele Gründe nennen, warum sie mit Max zusammen sein wollte, aber sich für ihn zu entscheiden wäre das Gleiche, wie sich von ihren Leuten abzuwenden, und das könnte sie nie tun. So wie Agnes ihre Pflicht über die Wünsche ihres Herzens gestellt hatte, würde auch sie es tun. Nicht, dass sie Max liebte, denn das tat sie nicht, aber sie begehrte ihn.
Außerdem hatte er ihr klar und deutlich zu verstehen gegeben, dass er nicht auf der Suche nach einer Ehefrau war. Und nachdem Sabine ihre Mutter um ihren Vater und jetzt Agnes um Phinneas hatte trauern sehen, wusste sie, dass Liebe ohnehin nur Leid und Kummer brachte.
Doch diese Gedankengänge würden sie nicht weiterbringen. Sie mussten eine Waffe finden, und wenn ihre Tanten recht hatten und ihr Geburtstag etwas mit dem Ablauf der Prophezeiung zu tun hatte, blieben ihnen gerade noch vier Tage.
Max saß ihr gegenüber, die Beine lang ausgestreckt, aber ansonsten bemüht, jeglichen Kontakt mit ihr zu vermeiden. Bereute er ihre Liebesnacht?
Die Kutsche holperte, und dabei rutschte Sabines Tasche von ihrem Sitz und fiel zu Boden.
Sie kniete sich hin, um ihre Sachen aufzuheben.
Max beugte sich vor, um ihr zu helfen.
»Hier, das hast du übersehen.« Er reichte ihr eine Visitenkarte, doch bevor sie sie nehmen konnte, zog er sie zurück. Es war die Karte des Chemikers, der vor ein paar Tagen in ihr Geschäft gekommen war.
Max blickte auf die Karte in seiner Hand. »Bertrand Olney. Warum kommt mir dieser Name so bekannt vor?« Fragend blickte er zu ihr auf. »Woher hast du sie?«
Sie runzelte die Stirn. »Der Mann kam vor ein paar Tagen in den Laden. Er gab mir die Karte, und ich muss sie wohl in meine Tasche gesteckt haben. Ich hatte ihn schon ganz vergessen.«
»Was wollte er?«, fragte Max in misstrauischem Ton.
»Er ist nicht derjenige, den wir suchen«, beruhigte sie ihn. »Er war nicht stark genug.«
»Ich habe seinen Namen schon mal irgendwo gesehen.« Er schüttelte den Kopf. »Ich kann ihn nur nicht unterbringen.«
»Es war nichts Wichtiges. Er ist Chemiker und bot mir an, das Rezept für eines meiner Produkte zu erwerben.«
»Ein Chemiker? Dann weiß ich, woher ich den Namen kenne. Aus der Times «, sagte Max. »Darin stand ein Artikel über einen Chemiker namens Bertrand Olney, der in seinem Haus ermordet worden ist. Es schien kein Einbruch gewesen zu sein.«
»Was?«, fragte Sabine.
»Der Mann wurde ermordet.«
Sie wusste nicht, was sie davon halten sollte. Sollte sie Bedauern oder Mitgefühl empfinden, obwohl Olney auf sie den Eindruck eines unredlichen Mannes gemacht hatte? Vermutlich ja, aber sie verspürte nichts dergleichen und wechselte deshalb das Thema.
»Wie kannst du so sicher sein, dass der Dolch, den wir gefunden haben, nicht die Taube war?«, fragte sie.
»Ich habe dir doch schon gesagt, dass er aus der falschen Zeit stammt. Er ist viel zu spät entstanden, um aus Atlantis oder einer auch nur annähernd gleichen Epoche zu stammen. Und die Gravur auf der Klinge hat uns einen weiteren Hinweis geliefert.«
»Ja, das sagtest du gestern Nacht, aber ich habe nichts dergleichen gesehen.«
»Die große Armee wird angeführt, nachdem die zehn erschaffen wurden« , sagte er.
»Die große Armee ... das könnte sich auf die Armeen des Großen Kriegs beziehen.«
»Du hast den Großen Krieg schon mal erwähnt. Erzähl mir mehr darüber«, bat er.
Sabine schwieg einen Moment, um sich zu sammeln. »Atlantis ist in viele Länder eingefallen und hat die meisten von ihnen zerstört«, begann sie dann. »Die Armee missbrauchte das Elixier, das sie
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