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Das Rätsel der dritten Meile

Das Rätsel der dritten Meile

Titel: Das Rätsel der dritten Meile Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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übertrieben empfindlich — ein fremdes Gesicht und gleich soviel Mißtrauen... aber inzwischen kann ich den Mann gut verstehen: Da war ja nicht ein unbekannter Mann im Haus, es waren gleich zwei.
    Aber die Ereignisse spielen sich nicht nur in, sondern auch außerhalb von Cambridge Way 29 ab. Alfred Gilbert hat, bevor er sich eilends auf den Weg machte, dem Bruder noch eine Nachricht geschickt, er möge so schnell wie möglich dorthin nachkommen. Was ich jetzt erzähle, ist wieder nicht mehr als eine Mutmaßung, aber ich denke, daß Albert draußen vor dem Haus Browne-Smith begegnet ist und weiter denke ich, daß Browne-Smith schon länger dagewesen ist und mitbekommen hat, wie ich von Westerby eingelassen worden bin. Wenn dem so ist, so wird er seine Beobachtung Albert mitgeteilt haben, und bei diesem dürften daraufhin die Warnlampen aufgeleuchtet haben! Er selbst besitzt keinen Schlüssel vom Haus, die hat alle Bruder Alfred, und so beschließen sie, sich zu trennen: Browne-Smith soll die Vorder-, Gilbert die Rückseite des Hauses im Auge behalten. Als er sieht, wie Westerby das Haus verläßt, erkundigt er sich bei Browne-Smith, ob auch ich und Alfred inzwischen gegangen seien. Die Antwort ist negativ. Beide dürften jetzt ziemlich besorgt gewesen sein. Vielleicht ist das der Moment gewesen, in dem Browne-Smith Gilbert erzählt hat, in welches Hotel Westerby sich zurückgezogen hat. Jedenfalls wußte Gilbert ein paar Tage später, wo dieser zu finden war. Da sie sich Gedanken machen, was drinnen vor sich gehen mag, bleiben beide weiter auf ihren Beobachtungsposten, doch was sie dann sehen, dürfte sie kaum beruhigt haben; denn als ich das Haus endlich verlasse, ist bereits die Metropolitan Police da. Und von Alfred Gilbert noch immer nichts! Irgendwann später haben die beiden dann erfahren, daß er ermordet wurde, und jeder hat seine im wesentlichen identischen Schlußfolgerungen gezogen.
    In den folgenden Tagen läßt Gilbert das Haus so gut wie nicht mehr aus den Augen, weil er weiß, daß Westerby früher oder später dort auftauchen muß, um herauszufinden, ob die Polizei die corpora delicti in den Umzugskisten entdeckt hat oder nicht. Als Westerby am Freitag tatsächlich erscheint, das Haus betritt und nach einiger Zeit mit einer Tragetasche wieder herauskommt, weiß Gilbert, daß die blutigen Beweisstücke nicht gefunden worden sind. Er folgt nun Westerby, der sich vom Cambridge Way in Bloomsbury nach Paddington begibt. Ich schließe nicht aus, daß er ihm sogar noch auf das Klo des Bahnhofshotels nachgegangen ist. Der Anruf eben kam übrigens von der Metropolitan Police. Sie haben in der letzten Kabine der Herrentoilette dort die Hände der Leiche gefunden. Sie lagen im Wasserkasten. Ich habe übrigens den Londoner Kollegen angekündigt, daß Sie morgen kommen werden, Lewis. Vergessen Sie nicht, Ihrer Frau rechtzeitig Bescheid zu sagen.
    Gilbert wird, denke ich, angenommen haben, daß Westerby sowohl den Kopf als auch die Hände im Wasserkasten hat verschwinden lassen, und genau das wird er auch vorgehabt haben. Aber der Kasten war zu klein — der Kopf paßte nicht hinein. Wie auch immer. Gilbert ist zufrieden, daß die inkriminierenden Leichenteile fürs erste verschwunden sind (wer wird schon, wenn man sie an diesem anonymen Ort findet, eine Verbindung zu ihm herstellen?). Er folgt Westerby nicht länger, sondern begibt sich in dessen Hotel. Dank der Feuerleiter hat er keine Schwierigkeiten, in sein Zimmer zu kommen, vielleicht hat er aber auch ganz frech die Vordertreppe benutzt. Der Empfang dort soll, wie ich hörte, oft unbesetzt sein. Aber das sind im Grunde alles nur Details, die zu klären wir getrost den Londoner Kollegen überlassen sollten. Was genau passiert, nachdem Westerby — vermutlich sehr erleichtert — in sein Zimmer zurückkehrt und dort Gilbert vorfindet, weiß ich nicht. Aber ich wette, daß er geglaubt hat, einen Geist vor sich zu haben, und ich könnte mir gut vorstellen, daß er kaum Widerstand leistet, als ihn erdrosselt... Und damit ist die Tragödie nun fast am Ende — aber eben nur fast.
    Es gibt Anhaltspunkte dafür, daß Browne-Smith inzwischen zu der Ansicht gekommen ist, daß den Dingen, so wie sie sich in den letzten Tagen entwickelt haben, Einhalt geboten werden muß. Ich habe irgendwie das Gefühl, als ob er letzten Samstag unterwegs gewesen sei, um mich zu treffen... Aber ich kann es natürlich nicht mit Bestimmtheit sagen. Fest steht, das wissen wir

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