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Das Rätsel der dritten Meile

Das Rätsel der dritten Meile

Titel: Das Rätsel der dritten Meile Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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Schwenck und — ich wette — S . Williams. Die Namen sind natürlich ein Gag.» Lewis sah ihn an, als glaube er, Morse habe den Verstand verloren.
    «W. S . Gilbert, Lewis. Nie gehört?»
    «Oh!»
    «Ja, eins muß man den Brüdern wirklich lassen: Sie hatten auf gewisse perverse Weise wirklich Humor. Erinnern Sie sich noch, unter welchem Eignernamen die Soho Enterprises im Handelsregister eingetragen sind?»
    Lewis nickte. «Sullivan...» Und strahlte plötzlich: «Ah... Gilbert & Sullivan !»
    «Na, ist der Groschen endlich gefallen...» sagte Morse. «Aber zurück zu Westerby. Als er aufwacht — mit ziemlichen Kopfschmerzen, nehme ich an, dieses Chloralhydrat ist nämlich ein Teufelszeug — und die Augen öffnet, sieht er auf seiner Bettkante seinen langjährigen Intimfeind Browne-Smith sitzen. Ich könnte mir vorstellen, daß es zu einer Auseinandersetzung zwischen beiden gekommen ist, unter Umständen sogar zu Handgreiflichkeiten. Wir können wohl annehmen, daß Browne-Smith zu dieser Begegnung seinen Armee-Revolver mitgenommen hatte, aber er hat ihn nicht benutzt... Jedoch — Gewitter reinigen, wie wir wissen, die Luft, und so werden sie irgendwann aufgehört haben, sich zu streiten und statt dessen angefangen haben, sich zu unterhalten. Es wird eine lange und für beide sehr aufschlußreiche Unterhaltung gewesen sein, nehme ich an... und am Ende ihres Gesprächs holen sie die Gilbert-Brüder herein... und das ist der Anfang der dritten Meile.»
    Morse trank den letzten Schluck von seinem Kaffee und reichte Lewis den leeren Becher. «Der hat mir gutgetan. Noch mal dasselbe bitte. Aber seien Sie ruhig etwas großzügiger mit dem Zucker.»
    Während Lewis am Kaffeeholen war, klingelte das Telefon. Es war Max, der Pathologe.
    «Du treibst dich ja wohl nur noch in Soho rum, wie?»
    «Ja», sagte Morse, «das stimmt. Es scheint, daß meine sexuelle Appetenz von Jahr zu Jahr zunimmt. Hast du das bei dir auch schon beobachtet, Max?»
    Der Pathologe schnaubte nur. «Ich rufe wegen des Beins an. Du weißt, daß sie es gefunden haben?»
    «Ja.»
    «Und hat Lewis dir ausgerichtet, zu welchem Ergebnis ich in bezug auf seine Körpergröße gekommen bin?»
    «Ja.»
    «Was ich dir übrigens noch sagen wollte — der Aufruf, den du letzten Freitag vor einer Woche in die Oxford Mail hast setzen lassen, enthielt völlig falsche Angaben.»
    «Wieso?»
    «Die Farbe der Socken stimmte nicht.»
    «Na, was erwartest du... Ich hatte ja zu dem Zeitpunkt noch kein Bein, geschweige denn einen Fuß...»
    «Falls es dich interessiert: die Socken sind lila.»
    «Ach? Hübsche Farbe — Lila.»
    «Das kommt darauf an, wozu man sie trägt. Zu grünen Wildlederschuhen finde ich sie reichlich geschmacklos.»
    «Du ziehst dich manchmal auch nicht gerade geschmackvoll an.»
    «In dem Aufruf hast du angegeben, die Socken seien dunkelblau. Wieso gerade diese Farbe?»
    «War eben ein Versuchsballon.»
    «Ein was?»
    «Ich warte noch auf deinen Bericht.»
    «Meinst du, der hilft dir?»
    «Ich glaube schon.»
    «Weißt du, wer er ist?»
    «Ja.»
    «Würde mich, ehrlich gesagt, schon interessieren...»
    Morse sagte es ihm. Entgegen seiner sonstigen Gewohnheit gab der Pathologe keinen Kommentar ab — offenbar hatte es ihm die Sprache verschlagen.

Sechsunddreißigstes Kapitel
    Montag, 4. August

Wir nähern uns dem Ende — zweieinhalb Meilen des langen, gewundenen Weges sind nunmehr zurückgelegt.

    «Als die Leiche am Mittwoch, den dreiundzwanzigsten Juli entdeckt wurde», fuhr Morse fort, nachdem Lewis mit dem Kaffee wieder zurück war, «da hatte sie vermutlich drei Tage im Wasser gelegen. Und das heißt, daß der Mann mit großer Wahrscheinlichkeit am Samstag oder Sonntag umgebracht wurde.»
    «Könnte das nicht eventuell schon ein paar Tage früher gewesen sein?» bemerkte Lewis.
    «Nein», sagte Morse mit merkwürdiger Bestimmtheit. «Nein, am Freitag abend hat er ja noch ferngesehen.»
    Warum Morse nur immer solchen Gefallen daran fand, ihn zu mystifizieren, dachte Lewis. Laut sagte er: «Können Sie mir nicht einfach erzählen, was sich Ihrer Meinung nach in London abgespielt hat?»
    «Doch, doch, kann ich», sagte Morse. «Wir wissen, daß Browne-Smith am elften in London eintraf, Westerby am fünfzehnten. Vier Tage später, am neunzehnten, kommt ein dritter Mann. Auch er ist dieser gefolgt, der offenbar keiner widerstehen kann. Diesesmal vereinfacht man, wie ich annehme, das Verfahren — man schickt ihn nicht erst zur

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