Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Rätsel der Fatima

Das Rätsel der Fatima

Titel: Das Rätsel der Fatima Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Wulf
Vom Netzwerk:
bin in deiner Nähe. Ich liebe dich.«
    Er gab ihr einen Kuss auf den Mund und verschwand schnell und leicht wie ein Schatten zwischen den Säulen.
     
     
    Keuchend wachte Beatrice auf und griff sich instinktiv an den Hals. Ihre Kehle war staubtrocken, sie war schweißgebadet, ihr Herz raste.
    Kein Grund zur Panik, es war nur ein Traum, ermahnte sie sich. Trotzdem glaubte sie immer noch den klebrigen Speichel des Ungeheuers auf ihrem Gesicht zu spüren. Und diesen Geruch nach Tod und Verwesung hatte sie auch noch in der Nase.
    Sie fuhr sich durch das Haar, das in feuchten Strähnen an ihrem Kopf klebte. Natürlich war da nichts. Sie hatte niemals mit Marco Flamenco getanzt, dieses Ungeheuer war nicht aufgetaucht, und Saddin war auch nicht bei ihr gewesen. Das alles war lediglich eine Botschaft ihres Unterbewusstseins, eine Warnung, verbunden mit dem Ratschlag, vorsichtig zu sein. Natürlich hatte der Traum alles maßlos übertrieben. Wahrscheinlich war Marco nicht der kaltblütige Verbrecher, als der er dargestellt wurde, sondern lediglich ein hoffnungsloser Weiberheld. Trotzdem würde sie vor ihm auf der Hut sein. Wenigstens konnte sie sich das vornehmen.
    Beatrice stand auf und ging zum Fenster.
    Zum Glück war alles nur ein Traum, dachte sie, zog die schweren Vorhänge zur Seite und ließ die kalte Nachtluft herein. Sie atmete erleichtert ein und betrachtete den klaren Sternenhimmel, den großen Bären, den Polarstern, den kleinen Bären, der so winzig war, dass man ihn kaum sehen konnte, und unendlich viele andere Sternbilder, deren Namen sie nicht kannte. Da entdeckte sie plötzlich ein ganz besonderes Sternbild. Verwundert rieb sich Beatrice die Augen und schaute noch einmal hin, weil sie glaubte, sie hätte sich getäuscht, aber es war immer noch da. Das Auge stand direkt über den Kuppeln des Kristallpalastes. Beatrices Herz begann schneller zu schlagen.
    Es war unwahrscheinlich, dass dieses Sternbild in einem astronomischen Atlas oder auf einer Sternenkarte verzeichnet war. Und wenn es Märchen oder Legenden darüber gab, so hatte sie sie bislang nicht gehört. Vielleicht war Beatrice sogar die Einzige, die es jemals zu Gesicht bekommen hatte. Das Sternbild hatte die Form eines strahlenden großen Auges. Und wenn sie sich anstrengte, konnte sie sogar die Iris erkennen. Beatrice hätte Wetten darauf abschließen können, dass sie blau war, blau wie ein Saphir oder…
    Das Auge der Fatima!, dachte sie und rieb sich fröstelnd die Arme.
    Der Nachtwind war aufgefrischt und wehte ihr direkt ins Gesicht. Er trug einen leichten, kaum wahrnehmbaren Duft zu ihr ins Zimmer. Überrascht atmete Beatrice ein. Dieser angenehme Duft erinnerte sie an etwas – oder an jemanden. Die Erkenntnis durchfuhr sie wie ein Blitz. Jeder Tropfen Blut wich aus ihren Armen und Beinen, wie erstarrt stand sie da, unfähig, sich zu bewegen oder zu atmen. Obwohl die Stimme der Vernunft ihr sagte, dass es unmöglich war, dass er niemals hier gewesen sein konnte, dass er seit mehr als zweihundert Jahren tot sein musste, hatte sie keinen Zweifel. Hatte er nicht selbst in ihrem Traum gesagt, er bleibe in ihrer Nähe, um sie zu beschützen? Dies hier war sein Duft, ebenso unverwechselbar wie ein Fingerabdruck oder die DNA eines Menschen. Es war der Duft von Amber und Sandelholz. Aber wenn Saddin wirklich bei ihr gewesen war, dann war der Traum vielleicht doch mehr als ein gewöhnlicher Albtraum. Dann stimmte es, was Saddin über Marco und Ahmad gesagt hatte. Vor allem aber – und das war das Schlimmste daran – bedeutete das, dass auch das Monster hier in diesem Zimmer gewesen sein musste. Wirklich und wahrhaftig.

9
     
     
     
    Zitternd vor Angst und Kälte kroch Beatrice wieder in ihr Bett, aber an Schlaf war nicht mehr zu denken. Misstrauisch beobachtete sie die Umrisse der Möbel. In der Dunkelheit wirkten sie seltsam fremd und unheimlich, und in ihrem Schatten konnte sich ein Mann ohne Probleme verstecken. Sie lauschte nach Atemzügen und forschte nach Bewegungen in der Finsternis, bis ihre Lider langsam schwer wurden. Doch jedes Mal, wenn sie kurz davor war, einzuschlafen, glaubte sie die Nähe dieser entsetzlichen Kreatur zu spüren und ihren Gestank zu riechen. Dann schreckte sie auf, saß kerzengerade in ihrem Bett und wartete darauf, dass sich ihr Puls wieder beruhigte. Und da sie aus einem unerklärlichen Grund annahm, dass ihre Träume die Pforte waren, durch die das Ungeheuer sie erreichen konnte, hatte sie noch mehr Angst

Weitere Kostenlose Bücher