Das Rätsel der Hibiskus-Brosche
Zweige der Büsche waren abgeknickt.
»Das Pferd ist sauber darübergekommen !« sagten die erfahrenen Jäger. »Dem Kerl
scheint es ja noch gelungen zu sein, das Tier in seiner Gewalt zu halten; aber
Sahib ist unberechenbar, wenn er nervös wird — ein Wunder, daß beide überlebt
haben.«
Man konnte verstehen, daß Hillford in der vergangenen Nacht ein bißchen angeschlagen
gewesen war.
Sie hatten eine lange Kette
gebildet und durchkämmten systematisch das Gestrüpp. Sie suchten alle Koppeln
ab, schauten in jeden Graben — doch nirgends ein Zeichen von Beth.
Es war kurz vor neun Uhr, als
sie aufgaben. Es mußte doch wohl mehr als nur ein Jagdunfall dahinterstecken.
Wright und Wade gingen ins Hotel zurück, wo Clara Masters gerade wieder Ordnung
schaffte. Mit fragenden Augen trat sie ihnen entgegen, und Wright merkte, daß
sie schon Bescheid wußte. »Nein, Clara«, sagte er, »wir haben sie nicht
gefunden, werden aber weitersuchen. Könntest du uns Frühstück machen, während
ich telefoniere?«
Er rief die Zentrale an, und
kurz darauf erklärte er: »Ja, ich weiß, wir sind zu wenig Leute! Aber ist das
nicht immer so? Und das hier ist ein besonders mysteriöser Fall: das Mädchen
ist einfach verschwunden.«
»Kann es nicht sein, daß man
sie irgendwo aufgenommen hat und sich dort um sie kümmert?«
»Bestimmt nicht! Die Jagd ist
nicht sehr weit gegangen, und jeder kennt das Mädchen gut.«
»Dann vermuten Sie, daß ihr
Verschwinden irgendwie mit der anderen Sache zu tun hat?«
»Kann gut sein. Denn es sind
noch eine Menge anderer verdächtiger Dinge passiert! Im Sutherland-Haus ist in
der Nacht zuvor eingebrochen und eine ziemliche Geldsumme gestohlen worden.«
»Warum behalten denn die Leute
nur soviel Geld in ihrem Haus?«
»Das war das Eintrittsgeld von
dem Tanzabend, und sie hatten es nur über Nacht in Verwahrung. Das Mädchen,
diese Beth Sutherland, ist aufgewacht und merkte, daß jemand in ihrem Zimmer
war. Als sie ihn anrief, machte er sich aus dem Staub, hat aber das Geld, das
auf dem Tisch lag, mitgenommen.«
»Komisch! Er wußte also, daß
welches da war?«
»Richtig. Sie haben mich gleich
alarmiert, aber nirgends gab es Fingerabdrücke. Und auch sonst keine Spuren.
Dann ist da noch etwas, was mir die Mutter erst heute früh erzählt hat. Niemand
hat weiter darauf geachtet, aber plötzlich fiel es ihr wieder ein. Das Mädchen
ist beinahe niedergeschlagen worden, als sie das Tanzlokal verließ. Ein Mann
war gegen sie gestolpert. Vielleicht hatte er sie niederschlagen wollen und
wurde durch irgend etwas daran gehindert. Jedenfalls
verzog er sich. Sie hat ihn leider nicht erkannt.«
»War sie verletzt??«
»Sie hat sich furchtbar
erschreckt, und ihr Kleid war zerrissen. O ja, und dann verlor sie dabei ihre
Brosche, ein billiges Ding, aber das ist ja nicht weiter wichtig. Echter
Schaden ist nicht entstanden. Aber es sieht fast so aus, als ob es jemand auf
das Mädchen abgesehen hätte — der Himmel weiß warum! Aus dem hiesigen Bezirk
war es bestimmt niemand.«
»Was ist das für ein Bezirk?«
»Schwierigkeiten gab’s bisher
nur mit dieser Frau, Vida Cox, und die ist tot. Sonst ist es eine ausgesprochen
friedliche Gegend.«
»Wie bei Sherlock Holmes! Wenn
man Verbrechen erleben will, muß man in eine friedliche Gegend gehen!... Na
gut, ich schicke Ihnen heute noch weitere drei Mann, aber belegen Sie sie um
Gottes willen nicht zu lange mit Beschlag!«
Wright hängte ein und ging in
die Küche, um nach dem Frühstück zu sehen. An der Tür blieb er stehen, denn er
hörte Claras Stimme, laut und zornig: »Das dürfen Sie nicht sagen! Mr. Green
ist ihr seit Jahren nicht über den Weg gelaufen. So einer ist er nicht!«
Und dann, etwas beleidigt, die
Stimme einer Frau: »Ich behaupte ja nicht, daß er scharf auf sie gewesen wäre!
Alles, was ich sagen will, Clara Masters, ist, daß es so aussieht, als ob der
komische alte Bob den Mord deshalb so genau untersucht, weil er mal selber
hinter ihr her war.«
»Diese alten Geschichten
sollten Sie wirklich nicht wieder aufwärmen, Mrs. South. Das hat Mr. Green längst vergessen. Seit Jahren hat er sich nicht mehr
nach Mrs. Cox umgeschaut.«
Die andere lachte. Es klang
boshaft. »Natürlich nicht! Heute nimmt er es ja sehr genau, der liebe Bob
Green! Lebt nur für seine kleinen Vögel und sein kleines Häuschen! Na, sei’s
drum. Hier sind die Eier, Clara, die du so dringend brauchst, wenn ich auch
nicht weiß, wer sie mir bezahlen
Weitere Kostenlose Bücher