Das Rätsel der Hibiskus-Brosche
Die sieht doch eigentlich verkommen genug aus,
und das Haus dabei ist ein richtiger Schuppen. Vielleicht finden Sie dort, was
Sie suchen?«
»Das hatte ich ja auch gehofft.
Und Jim hat mich damit besonders gelockt, als ich meine Tochter nicht gern
allein lassen wollte mit den Kindern. Aber Annabel ist ja so selbstlos! Sie
sagte: >Mutter, wenn es deine Kunst verlangt, mußt du gehen! Jim hat gesagt,
daß er einen hübschen kleinen verlotterten Platz finden würde, über den du
schreiben kannst!< Einen hübschen, verlotterten
kleinen Platz! Annabels Bezeichnungen sind oft höchst unzutreffend, aber sie hat
ja auch nicht meine Gabe, mit Worten umzugehen.«
»Nun, sie scheint aber eine
sehr nette Person zu sein«, meinte der Hauptmann, der kaum noch zugehört hatte,
da ihn eigene Sorgen beschäftigten.
»Ja, als Mädchen war sie sehr
begehrt. Ich muß sagen, daß ich ihre Wahl eigentlich nie verstanden habe. Jim
Middleton ist bestimmt ein Ehrenmann, aber es ist doch nichts Besonderes an
ihm. Und dann diese unglückselige Neigung zu Pferden und Verbrechen! Nach
meiner Erfahrung geht das meistens Hand in Hand.«
Der Gedanke an die Pferde,
deren Bild er seit seiner Ankunft in Neuseeland so oft in Zeitungen gesehen
hatte, die mit irgend etwas Hand in Hand gehen
sollten, erheiterte den Hauptmann. Er sagte: »Er und der Inspektor scheinen ja
dicke Freunde zu sein. Sie sind wohl zusammen zur Schule gegangen?«
»O nein! Ich kann mir nicht
vorstellen, daß einer von ihnen überhaupt in eine gute Schule gegangen ist.
Nein, sie haben einander einfach durch diese gräßlichen Mordfälle kennengelernt, in denen der Inspektor ja zu schwelgen scheint.«
»Na, schließlich, verehrte
gnädige Frau, ist das sein Beruf!«
»Ein höchst unschöner Beruf! Es
ist doch sehr ärgerlich, daß er Jim so für sich einspannt, daß er nicht einmal
Zeit findet, mich zu dieser Farm zu fahren.«
Darauf blieb dem Hauptmann
natürlich nichts anderes übrig, als anzubieten, er wolle die Fahrt übernehmen.
Augusta nahm mit großer Dankbarkeit an. Sie liebte den Hauptmann und erklärte,
als Jim an diesem Morgen bei ihr hereinschaute, daß Hillford für sie die Vervollkommnung aller Männlichkeit sei und daß er bestimmt den
Helden in ihrem nächsten Roman abgeben würde. Jim hatte bloß gegrinst und
genickt.
»Er ist der richtige Typ des
Jägers und Schützen! Ich bin sehr froh, daß er sich so nett um dich kümmert.
Ich bin zur Zeit einfach zu beschäftigt. Diese Menschenräuberei ist eine
schlimme Sache.«
»Ihr geht es eben nicht richtig
an! Das arme Mädchen. Ich fürchte, daß sie tot in irgendeiner dunklen Ecke
liegt!«
»Ja, ja«, pflichtete Jim eilig
bei, denn er haßte die Gewohnheit seiner Schwiegermutter, den Tod an den Haaren
herbeizuziehen. »Aber ich kann dir versichern, daß wir in die meisten dunklen
Ecken hineingeleuchtet haben, wenigstens in diesem Bezirk.«
Augusta war mit dem Hauptmann
einer Meinung, daß eine Stunde in der scheußlichen kleinen Hütte für sie genug
wäre. Glücklicherweise war sie Florrie Nicol am
vorhergehenden Abend im Dorf begegnet. Sie hatte sie überschwenglich begrüßt und sich zur Überraschung der unansehnlichen kleinen Frau selbst für
den nächsten Morgen in ihr Häuschen eingeladen. Florrie war zunächst ganz überwältigt von dem Gedanken, daß sie sich mit jemandem, der
so gut angezogen war, unterhalten sollte, aber sie willigte wohl oder übel ein.
»Aber was Sie bei uns sehen wollen«, hatte sie gemeint, »weiß ich wirklich
nicht. Nur Jakob und ich und die Katze, das ist alles, was da ist, seit der
Hund tot ist. Mr. Reynolds will uns ja einen jungen Hund geben, aber bis jetzt
ist er noch nicht dagewesen. Es gibt also gar nichts zu sehen.«
Augusta versicherte ihr gnädig,
daß es Florrie selbst und ihr Mann und ihr Heim
seien, die sie interessierten, und nicht die Tiere, was Florrie nur mit sprachlosem Staunen beantworten konnte. Später fragte sie allerdings
die Frau des Ladeninhabers, ob die Dame vielleicht ein bißchen verdreht sei. Mrs. Watkins beruhigte sie jedoch. Sie glaube, daß sie ganz
harmlos sei, nur manche Leute meinten, daß sie Bücher schriebe.
»Aber weshalb will sie denn
unser Haus sehen?« fragte Florrie verständnislos.
Mrs. Watkins versagte es sich
zuzugeben, daß sie sich auch nicht vorstellen könne, weshalb jemand durchaus in
diese dreckige Hütte kommen wolle. Sie erwiderte lediglich, daß Mrs. Wharton vielleicht nach Motiven für ein neues Buch
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