Das Raetsel der Liebe
jederzeit jemand in das Arbeitszimmer kommen konnte.
»Was …« Sie wand sich, versuchte, der beharrlichen Liebkosung durch sein Bein zu entkommen. »Was kann recht sein, doch niemals falsch?«
»Ein Winkel«, antwortete er blitzschnell. Seine Lippen wanderten über ihre Stirn. Ihre Haut begann zu kribbeln.
»Nein.«
»Was dann?«
»Ich.«
Er lachte. Um seine Augen bildeten sich Fältchen, seine Zähne blitzten auf im fahlen Licht der Sonne, das durch die Fenster fiel.Das tiefe, volle Lachen hallte in seiner Brust wider und ließ einen kleinen Lustschauer über Lydias Haut laufen.
»Sie … Sie sollten mich jetzt freigeben.« Lydia versuchte, ihre Beine wieder zu schließen und die intensive Erregung unter Kontrolle zu bekommen, die dieser Mann durch eine einzige Berührung in ihr auslöste.
Seine Augen blitzten immer noch vor Vergnügen, als er langsam nickte und sich über sie beugte. »Sie haben recht«, murmelte er, dann trafen sich ihre Lippen.
Obgleich ihr Verstand sie eindringlich warnte, versank Lydia in diesem Kuss, als ob nichts anderes mehr zählte. Seine Zunge spielte mit ihrer, seine Zähne streiften ihre Unterlippe. Ihr Herz pulsierte in einem tiefen, schweren Rhythmus, dessen Widerhall sie bis in die Haarspitzen spürte.
Sie hielt Northwoods Arme umfasst, drängte sich an seinen harten Oberschenkel, spürte, wie seine Finger sich in den Panzer ihres Korsetts gruben. Ein Beben lief durch seinen Körper. Er schob das Knie höher und rieb seinen Oberschenkel auf köstliche Weise an ihrer Spalte.
Unvermittelt gab er Lydia frei, strich ihre Röcke glatt und stellte sich so, dass er sie mit seinem Körper gegen die Tür zum Arbeitszimmer abschirmte. Langsam drang Lady Talias Stimme durch den dichten Nebel von Lydias Verlangen.
Sie presste die Hände auf die Wangen und versuchte, ihre Fassung wiederzugewinnen. Northwood beugte sich zu ihr, legte seinen Mund ganz dicht an ihr Ohr und legte seine große Hand unter ihre Brust.
»Warum ist eine richtige Frau wie Teig?«, flüsterte er.
»Wie Teig?«
»Weil ein Mann sie kneten kann.« Er streichelte mit den Lippen sanft ihr Ohrläppchen. Als er den Kopf hob und sie ansah, lag eine Mischung aus Heiterkeit und Begehren in seinem Blick. »Und eines steht zweifellos fest: Sie
sind
eine richtige Frau.«
Lydia entzog sich so energisch seinem Griff, dass sie mit dem Absatz an der Teppichkante hängen blieb. Sie strauchelte und langte nach der Lehne eines Stuhls, um das Gleichgewicht zu halten. Alle Ausgelassenheit verflog wie Rauch im Wind.
»Wie Sie schon einmal so treffend bemerkten, Lord Northwood«, sagte sie. »Solche Unterstellungen können gefährlich sein.«
»Dies, Miss Kellaway, war keine Unterstellung.«
Liebe Jane,
hah, jetzt hab ich Dich wohl doch aus dem Konzept gebracht? Hast Du Deine Schwester gebeten, Dir zu helfen? Obwohl das fast ein bisschen wie Betrug wäre, wenn ich bedenke, welch außerordentliches Talent für Zahlen sie hat.
Du darfst Dich nicht schlecht fühlen, weil Du nicht dieselben Fähigkeiten hast wie Lydia – nicht jeder ist in der Lage, gewisse Dinge mit Leichtigkeit zu verstehen. Ich wette, sie sieht die wunderbare Welt der Insekten auch nicht auf dieselbe einmalige Art und Weise wie Du.
Ergebenst,
C.
Jane ließ den Brief in ihren Schoß sinken und sah aus dem Fenster. Heftiger Regen trommelte gegen die Scheibe. Unten auf der Straße hasteten Fußgänger vorbei, Regenschirme blühten auf wie Pilze. Ein nasser Vogel kam angeflattert und setzte sich auf eine Spitze des eisernen Zauns gegenüber.
Janes Finger schlossen sich fest um den Brief. Sie konnte sich beim besten Willen nicht daran erinnern,
C
gegenüber jemals den Namen ihrer Schwester erwähnt zu haben.
14
Lydia starrte auf die Gleichung, unfähig, auch nur das geringste Interesse an ihr zu entwickeln. Obwohl sie gut geschlafen und ein reichhaltiges Frühstück zu sich genommen hatte, verspürte sie einen leichten Kopfschmerz. Sie konnte sich einfach nicht konzentrieren. Höchstwahrscheinlich, weil sich zwischen ihre Theoreme und Gleichungen ständig das Bild eines gewissen dunkelhaarigen, verführerischen Viscounts drängte.
Eine
richtige
Frau.
Glaubte er das wirklich? Und selbst wenn, spielte es eine Rolle? Zwar hatte ihre Großmutter ein wohl kalkuliertes Interesse an Lord Northwood erkennen lassen, doch Lydia wusste, dass aus einer Verbindung mit ihm nichts Beständiges werden konnte. Also sollte es auch keine Rolle spielen, für welche Art Frau
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