Das Rätsel der Rückkehr - Roman
haben Sie ihn erkannt? Ein Lachen in der Kehle, das bedeutet, dass er nichts weiter sagen wird. Ich suche mir einen Platz hinten auf dem Laster.
Baradères, das Nest meines Vaters
Säcke mit grünen Bananen.
Ölkanister.
Kohlen und Mehl.
Hühner, Zicklein und sogar ein Esel.
Ein dicker Mann, der dahinter schnarcht,
ein langes Schnaufen aus den Tiefen des Bauchs.
Ich bringe bei mir jede Überlegung
zum Schweigen, auch die innerliche,
um mich in dieser Herde zu wiegen,
wo die Grenze zwischen Mensch und Tier
sehr dünn erscheint, während der Laster
weiter seiner Route folgt durch die dürre Natur.
Eine sanfte Stimme in meinem Rücken. Sie gehört einer Frau in Schwarz, die gerade ihren Mann verloren hat. Mutter und Sohn lebten in Brooklyn, während der Vater in Haiti geblieben war. Sie erzählt ihre Geschichte. Sie sah ihn zum ersten Mal vor dem Ausgang ihres Lycées. Die Freundinnen, die sie begleiteten, lachten über ihn. Aber er war so sanft, dass sie sich sofort in ihn verliebte. Er blieb immer schüchtern, selbst im intimen Zusammensein, und das änderte sich nicht bis zuletzt. Ein behutsamer Mann. Er starb an Kehlkopfkrebs, ohne eine Klage. Sein Name war Séraphin.
Der Sarg ist hinten aufgeladen. Gut vertäut auf einer Bank. Der Platz von sechs Passagieren. Da er tot ist, hat die Witwe nur vier Plätze bezahlt. Hätte sie zugelassen, dass man den Sarg auf das Dach des Lasters schnallt, hätte sie nicht zahlen müssen. Doch sie hatte beschlossen, koste es was es wolle, Séraphin sollte nicht im Staub da oben liegen, zwischen Zicklein und Hühnern. Die letzte Reise würden sie zusammen machen.
Ihr jugendlicher Sohn trägt ein weißes Hemd
und eine schwarze Krawatte.
Sein Kopf liegt an der Schulter der Mutter.
Er schweigt düster.
Ich höre meine Nachbarin flüstern:
„Dem Vater wie aus dem Gesicht geschnitten.“
Sie hat ihn gut gekannt.
Im Grunde bin ich in der gleichen Lage.
Nur habe ich keine Leiche bei mir.
Und an den Verstorbenen fast keine Erinnerungen.
Meine Reise soll ihn zurückbringen
in sein Nest, das ich zugleich entdecke.
Ein Begräbnis ohne Leiche.
Eine so private Zeremonie,
dass sie nur mich betrifft.
Vater und Sohn endlich einmal
ganz allein.
Fortgehen, ohne eine Spur zu hinterlassen.
Und keinen, der sich deiner erinnert.
Ein solches Los verdient nur ein Gott.
Da ist Baradères im Regen.
Es gießt seit zwei Tagen.
Das Wasser steigt hier schnell.
Häuser auf Pfählen.
Der Laster dreht langsam hinter der Kirche.
Wir entdecken einen bescheidenen Friedhof,
unter Wasser, wo kleine goldene Fischchen
durch die Öffnungen in die Körper
der frisch Begrabenen dringen.
Eine kleine Gruppe wartet schon
am Fuß des großen Kreuzes.
Nass bis auf die Knochen.
Der schwere Ernst des Todes.
Der junge Mann mit der schwarzen Krawatte
zögert, bevor er vom Laster steigt.
Er kennt nicht alle seine Verwandten,
die aufzutauchen scheinen aus einer früheren Zeit.
Noch diese im Regen ertrinkende Stadt.
Nicht den Friedhof, wo sie seinen Vater begraben.
Von Brooklyn aus ist Baradères schwer vorstellbar.
Auf jedem Friedhof
ist am Eingang ein großes schwarzes Kreuz.
Ein leeres Grab, das keinem Toten gehört.
Hier lebt Baron Samedi,
der Gott der Wollust und des Grauens.
Er ist auf dem Friedhof der Hauswart,
keiner darf ihn ohne seine Erlaubnis betreten.
Wir laufen durch die erleuchteten Straßen
der großen Metropolen der Welt.
Mit unseren städtischen Mienen, anerzogenen Manieren
und wissen nicht, dass unser Leben
angefüllt ist mit geheimen Gefühlen, Kirchenliedern,
die irgendwo in uns vergessen liegen
und erst heraufsteigen, wenn wir begraben werden.
Wir führen zwei Leben.
Eines gehört uns.
Das zweite gehört denen,
die uns seit unserer
Kindheit kennen.
Die Sprache der Mutter.
Das Land des Vaters.
Der stumpfe Blick des Sohnes,
der an einem einzigen Tag
dieses Erbe entdeckt.
Im Laufschritt wird der Sarg
zum Ende des Friedhofs getragen.
Hinter die letzten Gräber mit Blumen.
Einige Stelen ungeordnet im hohen Gras,
durch das große rosa Fische flanieren.
Die guten Plätze am Eingang
sind für die reserviert,
die Baradères nie verließen.
Der kleine Tunichtgut,
der Brooklyn unsicher macht,
entdeckt ganz plötzlich
seine Ursprünge
in einem einsamen Kaff.
Er bückt sich, um mit bloßen Händen
einen rosa Fisch zu fangen, der ist elektrisch geladen.
Da tanzt der Junge auf einem Bein.
Der Fisch nutzt es aus, zu entwischen,
zur
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