Das Rätsel der Rückkehr - Roman
Innern.
Ganz am Ende des Feldwegs schwimmt,
ohne dass die Füße den Boden berühren,
das kleine schwarzhaarige Mädchen,
in einem fiebergelben Kleid,
das meine Träume beschäftigt,
seit jenem Sommer mit zehn.
Ein kurzer Blick aufs Armaturenbrett,
um zu sehen, wieviel Benzin noch bleibt.
Die kleinste Panne auf dieser Straße
würde den sicheren Tod bedeuten.
Großmütig betäubt der Frost, bevor er tötet.
Die Hunde kämpfen unter dem Tisch.
Die Katzen spielen mit ihrem Schatten.
Das Zicklein rupft den Teppichboden.
Der Herr des Hauses ist fort im Wald
den ganzen Tag, sagt die alte Köchin.
Schon in der Tür,
sehe ich noch, wie die Katzen dem dicken Manuskript,
das vom Regal fiel, den Garaus machen.
Das geduldige Lächeln der Köchin besagt,
vor der Literatur kommen die Tiere.
Zurück nach Montréal
Erschöpft.
Ich halte am Straßenrand.
Kurzes Nickerchen im Wagen.
Schon die Kindheit hinter den geschlossenen Lidern.
Ich gehe unter tropischer Sonne spazieren,
doch es ist kalt wie der Tod.
Vom Harndrang werde ich wach.
Brennender Schmerz vor dem Guss in Stößen.
Immer diese Rührung, wenn ich
die Stadt von weitem sehe.
Ich fahre durch den Tunnel unterm Fluss.
Man vergisst, Montréal liegt auf einer Insel.
Die Sonne steht tief auf den Kaminen
der Fabriken von Pointe-aux-Trembles.
Autoscheinwerfer, melancholisch.
Ich bahne mir einen Weg bis Cheval-Blanc.
Die abendlichen Gäste sind fort.
Die Gäste der Nacht noch nicht gekommen.
Ich mag diesen schmalen Streifen
wenig besuchter Zeit.
Mein Nachbar liegt quer über der Theke
mit offenem Mund und halbgeschlossenen Lidern.
Man bringt mir ein Glas Rum wie gewohnt.
Ich denke an einen Toten, von dem ich
nicht mehr alle Gesichtszüge weiß.
Vom richtigen Gebrauch des Schlafs
Ich kam nach Hause, spät in der Nacht.
Ließ mir ein Bad einlaufen.
Im Wasser fühle ich mich immer wohl.
Ein Wassertier – gewiss.
Am Fußboden der gewellte Band von Césaire.
Ich trockne mir die Hände, bevor ich ihn aufschlage.
Ich bin in der rosa Wanne eingeschlafen.
Eine alte Müdigkeit,
deren Grund ich nur zum Schein vergaß,
hat mich
in unerhörte Gebiete verschlagen.
So schlief ich eine Ewigkeit.
Das war der einzige Weg,
mit dieser ungeheuren Nachricht
unerkannt in mein Land zurückzukehren.
Das Nachtpferd, das ich manchmal
mittags besteige, kennt genau den Weg
durch die öde Savanne.
Ein Galopp durch die Wüste der Zeit,
bis ich entdecke,
es gibt in diesem Leben
weder Nord noch Süd,
weder Vater noch Sohn,
und keiner weiß wirklich,
wohin es geht.
Man kann sich sein Häuschen
am Hang eines Berges bauen.
Die Fenster nostalgieblau streichen.
Und rundherum rosa Oleander pflanzen.
Sich dann in die Dämmerung setzen und schauen,
wie langsam die Sonne in der Bucht versinkt.
Wir können das in jedem unserer Träume.
Doch nie finden wir den Geschmack
der Kindheitsnachmittage wieder, selbst wenn wir damals nur
zusahen wie es regnet.
Ich erinnere mich, wie ich mich aufs Bett warf,
um den Hunger zu lindern,
der mir die Gedärme zerfraß.
Heute schlafe ich eher,
um meinen Körper zu verlassen,
und den Durst nach den Gesichtern von damals zu stillen.
Der kleine Flieger fliegt ohne Zwinkern
unter der großen Sandbüchse durch,
die das Band der Erinnerung verwischt.
Jetzt stehe ich vor einem neuen Leben.
Nicht jedem winkt eine Wiedergeburt.
Ich biege in Montréal um eine Ecke,
und ohne Übergang,
lande ich in Port-au-Prince.
Wie in gewissen jugendlichen Träumen,
wo man eine andere küsst als jene,
die man in seinen Armen hält.
Schlafen, um in dem Land zu erwachen,
das ich eines Morgens ohne Blick zurück verließ.
Ein langer Tagtraum in Einzelbildern.
Das Badewasser ist inzwischen kalt
und ich kriege Kiemen.
Diese Trägheit überfällt mich
immer zu der Zeit im Jahr,
wenn der Winter schon zu lange da
und der Frühling noch fern ist.
Mitten im Eis Ende Januar
verlässt einen die Energie weiterzumachen,
während umkehren unmöglich ist.
Ich fange wieder an zu schreiben,
wie andere rauchen.
Wage nicht, es jemandem zu erzählen.
Mir ist, als täte ich etwas,
das mir nicht gut tut,
aber gegen das ich mich
nicht länger wehren kann.
Sobald ich den Mund aufmache, stürzen Vokale und Konsonanten in großer Unordnung heraus, ich versuche sie nicht zu bändigen. Ich zwinge mich selbst noch, deutlich zu schreiben. Aber ich komme nicht weiter als zehn Sätze, bis ich erschöpft zusammenbreche. Ich suche
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