Das Rätsel der Templer - Roman
Gemeinsam mit Freya, die sich an ihn klammerte, wie
ein verängstigtes Kind, tat er den ersten Schritt in ein neues, unbekanntes Leben.
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Freitag, 24. 12. 2004 – Fin Amor II
»Der einzige Mensch, der ihm helfen könnte, zu klarem Verstand zu gelangen, ist Amelie«, bemerkte Gero besorgt, nachdem sie
das Krankenzimmer des Schotten verlassen hatten. Es war nun gut zwei Wochen |741| her, dass man Struan nach Spangdahlem verlegt hatte. Doch sein Zustand blieb ernst.
»Wer ist Amelie?« Tom, der sich beinahe genauso häufig in der Krankenabteilung aufhielt wie Hannah, sah seine Ex-Verlobte
forschend an.
»Sie war, nein«, verbesserte sie sich, »sie ist seine Geliebte. Sie ist schwanger, und er macht sich schwere Vorwürfe, weil
er sie in diesem Zustand zurückgelassen hat.«
»Wäre es nicht möglich, sie auch hierher zu holen?«, fragte Gero unverblümt. Sein Blick war bittend und gleichsam zweifelnd.
Er wusste, dass Tom zwar Herr über eine Maschine war, die die Zeit überwinden konnte, aber längst nicht allein darüber entschied,
ob und wie diese Maschine zum Einsatz kam.
»Ich kann es versuchen«, antwortete Tom, der sich von Hannahs Blick mehr genötigt fühlte als von Geros Frage. »Wenn die Amerikaner
mitspielen.«
»Danke«, sagte Hannah und drückte leise seine Hand.
Mittlerweile hatte Tom sich damit abgefunden, dass er Hannahs Liebe an den Kreuzritter verloren hatte. Immerhin hatte der
Mann sein Leben für sie riskiert.
Nach etwa einer Woche intensiver Beratungen mit dem Pentagon, stand fest, dass Tom die Freigabe für ein weiteres Experiment
erhalten sollte.
Obwohl Hannah von der Notwendigkeit dieser Mission überzeugt war, verging sie fast vor Angst, als Gero gemeinsam mit Tom und
einem Team der NSA zur Breydenburg aufbrach. Man wollte ihn zunächst zur Burg seiner Eltern ins Jahr 1307 zurückschicken,
um Amelie zu finden. Danach sollte er sie an einen vorher abgesprochenen Ort bringen, um gemeinsam mit ihr ins Jahr 2004 transferiert
werden zu können.
Als bestmöglichen Zeitpunkt für die Aktion hatte man in der Vergangenheit den dritten Tag im Dezember 1307 gewählt, weil Doktor
Karen Baxter entschieden hatte, dass Amelies Schwangerschaft bis zum siebten Monat fortgeschritten sein sollte, um durch den
Zeitsprung keine vorzeitige Fehlgeburt zu riskieren.
Für einen Moment war Gero desorientiert, nachdem ihn der gepanzerte |742| Wagen inmitten der Nacht auf einer Waldlichtung abgesetzt hatte. Doch dann sah er im Lichtkegel der gleißend hellen Lampen,
den steil abfallenden Felsvorsprung, auf dem vor langer Zeit die Burg seiner Vorfahren gestanden hatte. Die unvermittelte
Trauer über den Verlust seiner Heimat empfand er beinahe ebenso so stark wie beim ersten Mal, als er vor den völlig zerstörten
Mauern gestanden hatte.
»Hier müsste es sein«, bemerkte er heiser und wies Tom auf die Stelle hin, wo er den Aufgang zum Pallas der Breydenburg vermutete.
»Countdown läuft«, sagte die lautlose Stimme, und in der Abgeschiedenheit der Nacht flackerte ein grünblaues Licht auf. Tom
war mit seinen Kollegen und den Agenten der NSA weit genug entfernt hinter ein paar Felsen in Deckung gegangen, um nicht vom
Suchradius des Servers erfasst zu werden, in dem Gero unvermittelt verschwand.
Für einen Moment kämpfte Gero mit den veränderten Lichtverhältnissen.
Dann schaltete er die kleine LED-Lampe ein und stellte beruhigt fest, dass er tatsächlich im Hauptturm der Breydenburg stand.
Lautlos schlich er an den kostbaren Teppichen vorbei über eine schmale Wendeltreppe in die oberen Gemächer. Offenbar schliefen
alle. Eine weiße Katze auf Mäusejagd, die ihm im Flur entgegen sprang, machte einen Buckel und fauchte ängstlich, als er ihr
mit dem ungewohnten Licht in die Augen leuchtete.
Er begann zu beten, als er die Kammer erreichte, in der er Amelie vermuten durfte. Inbrünstig hoffte er, sie hier zu finden.
In diesem Zimmer hatte sie mit Struan ein paar glückliche Tage verlebt, bevor er ihr auf so grausame Weise entrissen worden
war.
Vorsichtig öffnete er die Türe und schaltete das Licht ab, um sie nicht unnötig zu erschrecken. Das Zimmer war dunkel und
kalt. Auch ohne Licht spürte er, dass sich niemand darin befand. Enttäuscht wandte er sich ab. Als er sich umdrehte, vernahm
er eine raue Stimme und spürte die Spitze eines Dolches in seinem Rücken.
»Ruhig Blut, Kamerad«, raunte ihm eine bekannte Gestalt zu. »Ein Ton und du bist
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