Das Rätsel der Templer - Roman
»Wo ist er?« Im Fackelschein sah sie ihn an, wie ein Reh, das vor seinem Jäger steht.
»Komm mit mir«, flüsterte er. »Er wartet auf dich.« Umsichtig trug er das Mädchen, gefolgt von seinem Vater und Roland von
Briey hinunter in den Rittersaal.
Richard von Breydenbach hielt seinen Vogt zurück, als er Gero und Amelie in den Hauptraum des Pallas begleiten wollte.
»Bleib«, befahl der Burgherr dunkel. »Sie begeben sich auf eine besondere Reise. Kein Uneingeweihter sollte versuchen, ihnen
zu folgen.«
Als das grüne Licht mit einem Blitz aufleuchtete, hielt Roland sich die Hand vor Augen. Danach war es still. »Gero?« Seine
Stimme verhallte im Nichts.
Mit einem Seufzer der Erleichterung lief Hannah Gero entgegen, nachdem der Expeditionstrupp der amerikanischen Streitkräfte
am frühen Morgen zur Basis zurückgekehrt war.
»Wir haben es geschafft!« Er trug immer noch seine mittelalterliche Gewandung. »Sie haben Amelie ein starkes Schlafmittel
gegeben. Ich durfte es Struan als Erster erzählen. Noch heute wird er das Mädchen in seine Arme schließen können«, erklärte
Gero, während Hannah ihm atemlos vor Freude um den Hals fiel.
»Ich freue mich so für ihn«, sagte Hannah. »Ich kann dir gar nicht sagen, wie sehr.« Selig legte sie ihren Kopf an Geros Schulter.
»Das Kind.« Er stockte einen Moment, und seine freudige Miene verdunkelte sich. »Sie hat es verloren. Während wir in Franzien
waren, hatte sie eine Fehlgeburt.«
»Wie hat Struan es aufgenommen? Oder weiß er noch gar nichts davon?«
»Im ersten Moment schien er wie betäubt, doch dann hat er Gott dem Herrn ein Dankgebet gesprochen, dass er ihm wenigstens
sein Liebstes gelassen hat und dass wir nun alle in Sicherheit sind. Ich glaube, ihn kann so schnell nichts mehr erschüttern.«
Am Nachmittag versammelten sich die übrigen Templer im Krankenzimmer ihres verletzten Kameraden. Auch Hannah, Freya und Matthäus
waren hinzugekommen. Professor Hertzberg hatte den Besuch |746| organisiert. Er kümmerte sich geradezu aufopfernd um seine Zöglinge aus einer unglaublich fernen Zeit, wie er sie nannte.
Johan, Arnaud und Stefano stießen einen Seufzer aus, als der kleine, weißhaarige Mann, der fortlaufend die unmöglichsten Fragen
stellte, ihnen eine wohlverdiente Pause gönnte.
Struan durfte wegen seiner zahlreichen Verletzungen noch immer nicht aufstehen, doch nach einer erfolgreichen Operation konnte
er bereits wieder seine Füße und Zehen bewegen. Der verantwortliche Stationsarzt hatte ein zweites Bett aufstellen lassen,
direkt neben Struan. Amelie lag darin, in Decken gehüllt und mit Beruhigungsmitteln in einen künstlichen Schlaf versetzt,
damit sie sich erholen konnte, noch bevor sie mit einer verwirrenden Wahrheit konfrontiert wurde, deren Wirkung noch nicht
abzusehen war. Der Schotte hatte seine Hand ausgestreckt und spielte mit ihrem Haar. Ihre Augen waren geschlossen, und ein
fernes Lächeln zeichnete ihren schönen Mund, als ob sie Struans Nähe und Zärtlichkeit spürte.
Mit Dankbarkeit schauten Hannah und die übrigen Templer auf das Pärchen.
»Fin Amor«, flüsterte Struan und lächelte seine Kameraden wissend an.
Gero hielt Hannah fest im Arm, während er seine andere Hand um die Schulter von Matthäus gelegt hatte.
»Fin Amor? Was bedeutet das?« Hannah sah fragend zu ihm auf.
»Ewige, wahre Liebe«, erwiderte Gero leise und küsste ihre Lippen, »das Einzige was wirklich zählt, ganz gleich, in welcher
Zeit wir uns befinden.«
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|747| Epilog
Dem Herrn sind ein Tag wie tausend Jahre und tausend Jahre wie ein Tag
(Petrus 3,8)
Dienstag, 25. 1. 2005 – Bar-sur-Aube – Tag der Bekehrung des Paulus
Leise Schneeflocken segelten wie große Federn auf den Regionalfriedhof von Bar-sur-Aube herab. Heute war der 25. Januar. Der
Tag, an dem die wundersame Bekehrung des Saulus zum Apostel Paulus begangen wurde.
Ob den Menschen, die sich an diesem Tage auf dem beinahe menschenleeren Gottesacker versammelt hatten, eine Bekehrung widerfahren
war, in welcher Weise auch immer, konnten nur sie selbst beantworten.
Der anwesende Pfarrer blätterte mit rot gefrorenen Fingern in seiner abgegriffenen Bibel und erhob das Wort.
»Ich bin das Licht, das über allem ist. Ich bin die himmlische Welt. Sie ist aus mir hervorgegangen, und in mir hat sie ihr
Ziel erreicht. Spaltet ein Stück Holz und ihr werdet mich finden. Hebt einen Stein und ich bin da.« ,
zitierte er.
»Und
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