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Das Rätsel

Titel: Das Rätsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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gerne einen Moment mit dem Professor unter vier Augen sprechen«, verkündete er.
    Bundy wollte protestieren, überlegte es sich aber anders.
    »Wie Sie wünschen«, meinte Starkweather. »Sie unterrichten uns wieder in ein paar Tagen über den Stand der Dinge, Professor?« Diese letzte Bemerkung war mindestens so sehr als Anordnung wie als Frage zu verstehen.
    »Jederzeit«, erwiderte Jeffrey.
    Starkweather erhob sich, machte Bundy ein Zeichen, der sich aus dem üppigen Sofa aufrappelte, und dem Mann des Gouverneursbüros zu einer Seitentür hinausfolgte.
    Auch Agent Martin war aufgestanden. »Soll ich bleiben oder gehen?«, fragte er.
    Manson wies auf die Tür. »Wir brauchen nur ein paar Minuten.«
    Martin nickte. »Ich warte draußen.«
    »Das wäre nett.«
    Der Direktor schwieg, bis der Agent gegangen war, dann fuhr er leise und ruhig fort: »Einiges, was Sie gesagt haben, macht mir zu schaffen, Professor, vor allem aber einiges von dem, was ich zwischen den Zeilen heraushöre.«
    »Inwiefern, Mr. Manson?«, erkundigte sich Jeffrey.
    Der Direktor stand auf und trat ans Fenster. »Ich habe keine richtige Aussicht«, sagte er. »So sollte es nicht sein, und das hat mich schon immer gestört.«
    »Ich kann Ihnen nicht folgen.«
    »Die Aussicht«, wiederholte er und deutete mit dem rechten Arm aus dem Fenster. »Im Westen kann ich bis zu den Bergen sehen. Es ist eine reizvolle Landschaft, aber ich denke, es wäre mir lieber, Bauprojekte vor Augen zu haben. Etwas Neues, das entsteht. Kommen Sie, Professor.«
    Jeffrey stand auf, trat um den Schreibtisch herum und stellte sich neben Manson. Der Direktor wirkte aus der Nähe kleiner. »Es ist sehr schön, nicht wahr? Panoramablick. Wie aus dem Bilderbuch, nicht wahr?«
    »Da stimme ich Ihnen zu.«
    »Das ist die Vergangenheit. Graue Vorzeit. Ich kann von hier aus Bäume sehen, die jahrhundertealt sind, Landmassen, die vor Äonen von Jahren entstanden sind. In einigen dieser Wälder gibt es Stellen, die noch nie ein Mensch betreten hat. Von meinem Schreibtisch aus habe ich einen Blick auf die Natur, so wie sie die Menschen vor Augen hatten, die sich als Erste quer durch unseren Kontinent gekämpft haben.«
    »Ja, verstehe.«
    Der Direktor tippte mit dem Finger auf die Fensterscheibe. »Was Sie da sehen, ist die Vergangenheit. Es ist auch die Zukunft.«
    Er wandte sich um, deutete wieder auf Jeffreys Stuhl und setzte sich ebenfalls hin.
    »Glauben Sie, Professor, dass Amerika irgendwie von seinem Weg abgekommen ist? Dass die Ideale, die unsere Vorfahren dieser Nation mit auf den Weg gegeben haben, irgendwie ausgehöhlt sind? Sich verflüchtigt haben? Immer mehr in Vergessenheit geraten?«
    Jeffrey nickte. »Die Auffassung hört man immer öfter.«
    »Da, wo Sie leben, in einem Amerika, das in Auflösung begriffen ist, herrscht Gewalt. Fehlt es an Respekt. An Familiensinn. Der Stolz auf die einstige Größe ist verlorengegangen, und das Streben nach künftiger Größe auch, nicht wahr?«
    »Es wird unterrichtet. Es ist Teil der Geschichte.«
    »Nun ja, probieren geht über studieren, wie man so sagt, Professor.«
    »Sicher.«
    »Professor, was meinen Sie, worum es uns mit dem Einundfünfzigsten Bundesstaat geht?«
    Jeffrey schwieg.
    »Früher einmal war Amerika ein Land voller Abenteuer. Esherrschten Zuversicht und Hoffnung. Amerika war ein Ort für Träumer und Leute mit Visionen. Heute ist es das nicht mehr.«
    »Da würden Ihnen viele zustimmen.«
    »Einigen von uns stellt sich somit die Frage, wie wir dafür sorgen können, dass unser drittes und viertes Jahrtausend genauso groß wird wie unsere ersten beiden – wie wir wieder dafür sorgen können, dass wir auf diese Nation stolz sein dürfen.«
    »
Manifest Destiny
– die offenkundige Bestimmung, die Doktrin aus dem neunzehnten Jahrhundert.«
    »Genau. Ich habe diesen Terminus seit meinen Schultagen nicht mehr gehört, aber genau das brauchen wir. Genau das müssen wir erneuern. Wir können das natürlich nicht einfach importieren, wie wir es früher einmal getan haben, als wir uns aus der ganzen Welt die Besten geholt und sie in den riesigen Schmelztiegel dieser Nation geworfen haben. Man kann dieses Bewusstsein von Größe nicht erwecken, indem man den Leuten mehr Freiheiten lässt, das haben wir ausprobiert, und das Einzige, was dabei herausgekommen ist, das sehen Sie ja – fortschreitender Sittenverfall. Früher einmal gab es Stolz und Hoffnung und eine nationale Identität. Wir waren geeint im Kampf gegen

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