Das Rätsel
vor. An der Vorderseite hatte es ein Tor wie eine Garage. Susan griff danach, dann hielt sie inne.
»Es könnte ein Alarm damit verbunden sein«, überlegte sie.
»Oder eine Bombe.«
Auch wenn sie nicht wusste, ob sie damit richtig lag, reichte ihr die pure Möglichkeit, um die Finger davonzulassen.
Diana hatte sich um den Schuppen herumgekämpft. »Da ist ein Fenster«, rief sie leise.
Susan eilte an ihre Seite. »Sieht man etwas?«
»Ja, ein bisschen.«
Susan drückte die Nase an die kalte Scheibe und starrte hinein. Sie stöhnte leise. »Auf den Nagel getroffen, Mutter. Du hattest recht.«
Die beiden Frauen konnten schemenhaft einen teuren Geländewagen mit Vierradantrieb erkennen. So weit sie sahen, war er voll bepackt, startklar für die Reise.
Diana trat vom Fenster zurück. »Es muss da hinten irgendwo eine Straße geben oder so was wie eine Piste, immer weiter in den Wald hinein. Ich wette, er hat eine genaue Fluchtroute geplant.«
»Aber was ist mit Flugzeugen oder meinetwegen auch Helikoptern?«
Diana zuckte die Achseln. »Berge, Canyons, Wälder – wer weiß? Er hat bestimmt einkalkuliert, wie und womit er verfolgt wird, und sich darauf eingestellt. Wahrscheinlich gibt es Meilen von hier entfernt eine zweite Garage mit einem weiteren Fahrzeug. Vielleicht sogar ein drittes oben im Norden, nahe der Grenze nach Oregon. Oder auch Richtung Kalifornien. Eher wohl da. Da kann man leicht untertauchen. Auch nicht allzu weit bis nach Mexiko runter, wo man noch weniger Fragen stellt, besonders einem reichen Mann.«
Susan nickte.
»Es muss nicht perfekt sein. Solange niemand davon weiß. Mehr hat er nicht nötig. Nur ein offener Spalt, und er schlüpft durch.«
Susan drehte sich wieder zum Haus um und seufzte. »Ichmuss jetzt rein«, sagte sie. »Wir brauchen schon zu lange, und Jeffrey könnte in ernsten Schwierigkeiten stecken.« Sie wandte sich noch einmal ihrer Mutter zu, die gierig die kalte Luft einsog. »Bleib du hier«, wies Susan sie an. »Warte einfach ab, was passiert.«
Diana schüttelte den Kopf. »Ich sollte besser mit dir gehen.«
»Nein«, widersprach Susan. »Wir wollen auf keinen Fall riskieren, dass er abhaut. Egal, was passiert, wir dürfen nicht zulassen, dass er davonkommt. Außerdem kann ich mich, glaube ich, schneller bewegen und auch leichter Entscheidungen treffen, wenn ich weiß, dass du wenigstens hier draußen in Sicherheit bist.«
Diana sah die Logik ein, auch wenn sie ihr nicht gefiel.
Susan deutete auf den obskuren Pfad durch das Unterholz Richtung Haus. »Das ist die Route. Halte ein Auge drauf.«
Einen Moment lang hätte sie ihre Mutter gern umarmt, etwas Rührseliges und Liebevolles gesagt, doch sie kämpfte dagegen an. »Wir sehen uns gleich«, sagte sie mit aufgesetzter Zuversicht.
Dann drehte sie sich um und kehrte, so schnell sie konnte, dorthin zurück, wo höchstwahrscheinlich das Schicksal ihres Bruders an seidenen Nervenfasern hing.
Jeffreys Kehle war so ausgedörrt, als hätte er an einem heißen, trockenen Tag ein schnelles Wettrennen hinter sich gebracht. Er leckte sich über die Lippen, um sie ein bisschen anzufeuchten, doch vergeblich. Seine Stimme klang brüchig. »Und wenn ich mich weigere?«, fragte er.
Sein Vater schüttelte den Kopf. »Ich glaube, das wirst du nicht tun. Nicht, wenn du dir mein Angebot gründlich überlegst.«
»Ich werde es nicht tun.«
Peter Curtin wechselte die Stellung, als fände er die Reaktionseines Sohnes unangemessen und nicht durchdacht. »Das ist eine reflexartige, unkluge Entscheidung, Jeffrey. Überleg es dir gut.«
»Da gibt es nichts zu überlegen.«
Sein Vater runzelte die Stirn. »Das sehe ich ein bisschen anders«, meinte er in halb spöttischem, halb gereiztem Ton, als könnte er sich nicht ganz entscheiden, welches die angemessenere Reaktion war. »Die Alternative wäre natürlich, dass ich mich einfach an meine liebe Frau wende und auf ihren Rat höre, den sie mir so eindringlich gibt. Was meinst du, Jeffrey, wie schwer es wohl für mich ist, zu Caril Ann zu sagen: ›Löse du dieses Dilemma für mich‹? Und du weißt, was sie machen würde.«
Jeffrey sah die Frau mit den harten Augen an, die immer noch wie fest gefroren dastand und kaum merklich den Finger am Abzug ihrer Pistole bewegte. Sie funkelte ihn nach wie vor wütend an, und es schien sie äußerste Mühe zu kosten, ihre Aggression im Zaum zu halten. Er vermutete, dass sie sich genauso wie sein Vater schon lange im Voraus mit dieser
Weitere Kostenlose Bücher