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Das Rätsel

Titel: Das Rätsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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Bedrohliches, Ansteckendes. Susan redete sich ein, Jeffrey würde es ihr eines Tages noch danken, ihn vor dem schrecklichen Prozess bewahrt zu haben.
    Zuweilen beschlich sie das Gefühl, sich damit ins Unrecht zu setzen. Vielleicht sogar etwas Dummes zu tun, und es gab Momente, in denen sie an ihrer Einsamkeit verzweifelte und weder wusste, woher sie kam, noch, was sie dagegen tun konnte. Gelegentlich fragte sie sich, ob sie Unabhängigkeit mit Einsamkeit verwechselte, und aus dieser Klemme fand sie keinen Ausweg.
    Auch hätte sie gern gewusst, ob es Jeffrey ähnlich ging, und sie glaubte, dass der Zeitpunkt immer näher rückte, an dem sie ihn danach fragen musste.
    Susan saß an ihrem Schreibtisch und kritzelte so lange mit dem Kugelschreiber über das Papier, bis die konzentrischen Kreise, die sie immer wieder malte, sich mit Tinte füllten und zu dunklen Flecken wurden. Draußen hatte sich endgültig die Nacht über die Stadt gelegt; die Stellen, an denen in der Innenstadt Brände ausgebrochen waren, glühten orange leuchtend auf, während unablässig Scheinwerferkegel dort durch den Himmel schnitten, wo die Polizeihubschrauber nach dem nie endenden Verbrechen suchten. Ihr erschienen sie wie Strahlen himmlischen Lichts, die aus der Dunkelheit dort oben auf die Erde herunterblitzten. Am Rande des Blickfelds, das ihr Fenster frei gab, sah sie strahlend helle Bögen Neonlicht, welche die sicheren Gegenden markierten; außerdem quer durch die Stadt den beständigen Scheinwerferstrom der Autos auf dem Highway – wie glitzerndes, fließendes Wasser in einer dunklen Schlucht.
    Sie wandte sich wieder vom Fenster ihrem Schreibblock zu. Was musst du in Erfahrung bringen?, fragte sie sich.
    Und ebenso schnell kam die Antwort.
Es gibt nur eine Frage
.
    Also konzentrierte sie sich darauf. Zuerst überlegte sie, ob sie diese Frage mathematisch zum Ausdruck bringen konnte, verwarf den Gedanken jedoch zugunsten einer erzählerischen Lösung.
    Es geht darum, fasste sie zusammen, eine ganz einfache Frage zu stellen, zugleich aber Schwierigkeiten einzubauen.
    Sie schmunzelte, als sie merkte, dass sie Feuer fing.
    Obwohl der nächtliche Großstadtkrieg dort draußen weiter wütete, sah und hörte sie nicht die Zeichen der Gewalt, sondern vergrub sich inmitten des Großraumbüros in ihre Nachschlagewerke, Enzyklopädien, Almanache und Lexika. Es machte ihr Spaß, stellte sie fest, die verschiedensten Ausdrucksmöglichkeiten für ihre Frage auszuprobieren, sie in berühmte Zitate zu kleiden, auch wenn es ihr nicht auf Anhieb gelingen wollte.
    Sie summte etwas vor sich hin, Fetzen bekannter Melodien, die an den Rändern auszufransen schienen, so dass nur undefinierbare Laute blieben, während sie immer wieder neue Ansätze ausprobierte, um ihr Rätsel einzukleiden. Das Entscheidende, dachte sie, steht immer von Anfang an fest – die Antwort. Das Spiel besteht darin, sie in einem Irrgarten zu verstecken.
    Plötzlich kam ihr eine Idee, und sie hätte beinahe die Schreibtischlampe umgestoßen, als sie nach einem der Bücher griff, die rings um ihre Arbeitsfläche standen.
    Sie blätterte es rasch durch, bis sie die Stelle fand, nach der sie suchte. Dann lehnte sie sich auf dem Stuhl zurück und wiegte sich zufrieden wie nach einer guten Mahlzeit.
    Ich bin eine Bibliothekarin des Trivialen, dachte sie. Eine Historikerin des Geheimnisvollen. Die Kennerin des Obskuren. Und ich bin die Beste.
    Susan schrieb die Information auf ihren Block und machte sich als Nächstes daran, sie so geschickt wie möglich zu verpacken. Ein Geräusch riss sie jäh aus ihren Gedanken. Sie brauchte ein paar Sekunden, bis sie realisierte, dass ein Laut in die Stille des Büros gedrungen war. Ein kratzendes Geräusch, als ob jemand eine Tür aufschob oder eine Schuhsohle über den Boden schabte.
    Sie saß augenblicklich senkrecht.
    Langsam lehnte sie sich vor und versuchte wie ein Tier auszumachen, von wo das Geräusch gekommen war.
    Es ist nichts, sagte sie sich. Dennoch glitt ihre Hand langsam nach unten, um die Handfeuerwaffe aus ihrer Tasche zu ziehen. Sie packte die Pistole mit der Rechten und wirbelte zur Öffnung ihrer Kabine herum.
    Sie hielt den Atem an und horchte weiter angestrengt. Doch der einzige Laut, den sie jetzt hören konnte, war ihr eigener Herzschlag, der ihr das Blut durch die Schläfen pumpte. Sonst nichts. Immer noch zur dunklen Öffnung ihrer Kabine gewandt, streckte sie langsam die Hand aus und griff nach dem Telefon. Ohne sich

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