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Das Rätsel

Titel: Das Rätsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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Clayton wollte gerade fragen, wie weit es noch sei, als der Detective in eine kleine Ausweichbucht fuhr und stehen blieb.
    »Die Leute lieben das«, wunderte sich Martin. »Ich kann’s nicht ausstehen, aber die Leute lieben das. Ich hätte die verdammte Straße geteert, aber die Psychologen sagen, dass viele dieses Gerumpel mit einem Hauch Abenteuer verbinden. Gibt ihnen das Gefühl, dass die dreißig Riesen, die sie für ihren Geländewagen mit Vierradantrieb hingeblättert haben, die Sache wert gewesen ist.«
    Clayton stieg aus und entdeckte augenblicklich einen schmalen Trampelpfad, der durch Gebüsch und Baumgruppen führte. An der Stelle, an der der Pfad auf die Bucht traf, befand sich eine braune Plakette aus Holz und eine in Plastikfolie eingeschweißte Karte.
    »Wir sind gleich da«, erklärte der Detective.
    »Hier wurde sie gefunden?«
    »Nein. Weiter drinnen. Vielleicht eine Meile. Vielleicht nicht ganz.«
    Der Pfad zwischen den Bäumen war zu einer ordentlichen Schneise geschlagen worden und leicht begehbar. Er war gerade breit genug, dass zwei Männer nebeneinander gehen konnten. Sie liefen auf einem Bett aus braunen Nadeln. Gelegentlich hörten sie das leise Rascheln eines aufgeschreckten Eichhörnchens. Zwei Amseln protestierten lautstark und dissonant gegen die Eindringlinge, die sich auf ihrem Weg miteinander unterhielten.
    Der Detective blieb plötzlich stehen. Im Schatten war es kühl, doch der schwere Mann schwitzte. »Hören Sie«, forderte er den Professor auf.
    Clayton hielt ebenfalls an, konnte jedoch nur fernes Wasserrauschen hören.
    »Der Fluss ist etwa fünfzig Meter von hier entfernt. Man braucht nicht viel Fantasie, um sich vorzustellen, wie begeistert die beiden gewesen sein müssen. Es ist zwar kein mühsamer Weg bis dahin, aber sie trugen hohe Wasserstiefel und schleppten ihre Angeln und Rucksäcke und all das Zeug. Und es war ziemlich warm, weit über zwanzig Grad. Man muss es mal von ihrer Warte aus sehen. Also sind sie ziemlich schnell gelaufen, um es hinter sich zu bringen, und haben wahrscheinlich unterwegs nicht viel auf die Umgebung geachtet.«
    Der Detective deutete nach vorn, und Clayton ging voraus.
    »Janet Cross«, murmelte Martin, der ihm auf den Fersen folgte. »So hieß das Mädchen.«
    Mit jedem Schritt wurde das Rauschen lauter. Clayton trat durch eine letzte Gruppe von Bäumen und stand mit einem Mal an einer Uferböschung, knapp zwei Meter oberhalb derStelle, wo das Wasser durch die Felsen und Gesteinsbrocken einer Stromschnelle toste. Der Fluss schien lebendig und geschmeidig. Es war schnelles Wasser, das wie ein wütender Gedanke mit Wucht durch eine schmale Felsspalte schoss. Die Sonne prallte an der Oberfläche ab und tauchte sie in ein Dutzend verschiedener Blaugrüntöne, gesprenkelt mit weißem Schaum.
    Martin stand neben ihm.
    »Blue Ribbon, das blaue Band der Extraklasse, nennen es die Angler. Hier wimmelt’s fast überall von Forellen. Nicht leicht an die Angel zu kriegen, hab ich mir sagen lassen, weil sie blitzschnell durchs Wasser zucken. Und wenn man von einem dieser Felsen abrutscht, na ja, das könnte hier draußen so richtig Probleme geben. Aber trotzdem eine tolle Stelle.«
    »Die Leiche?«
    »Die Leiche. Ja. Janet. Nettes Mädchen. Es sind immer nette Mädchen, nicht wahr, Professor? Einser-Schülerin. Wollte an die Uni. Außerdem sportlich, hab ich gehört. Wollte sich mit der frühkindlichen Entwicklung befassen.« Der Detective hob langsam den Arm und wies auf einen großen, flachen Felsen am Rande des Flusses. »Da drüben.«
    Der Stein war mindestens drei Meter breit – wie eine Tischplatte, die sich in ihrer Richtung ein wenig nach unten bog. Jeffrey musste unwillkürlich denken, dass die Leiche wie in einem Bilderrahmen oder Passepartout gewirkt haben musste – wie eine kostbare Trophäe.
    »Die beiden Angler – Gott, zuerst dachten sie, das Mädchen sonnte sich nackt. Nur der erste Eindruck, wissen Sie, denn da lag sie nun mal, ausgestreckt – wie haben wir es noch genannt? – gekreuzigt. Jedenfalls haben sie gerufen, keine Reaktion, also watet einer von ihnen raus und springt auf den Stein, den Rest wissen Sie ja.«
    Martin schüttelte den Kopf. »Sie hat wohl die Augen offen gehabt. Sie waren von Vögeln herausgepickt. Aber sonst keine weitere Beeinträchtigung der Leiche durch Tiere. Außerdem minimale Verwesung; bis die Jungs sie fanden, hat sie vielleicht vierundzwanzig bis achtundvierzig Stunden dort gelegen. Glaube kaum, dass

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