Das Rätsel
eingeritzte Figur auf ihrem Rücken und erkannte, was es war. Wegen der starken Lampen war ihm warm, ja heiß. Er wäre am liebsten ins Dunkel getreten, wo es kühler war und er das Gefühl hatte, Luft zu bekommen. Er entfernte sich ein Stück von der Leiche, dann sah er sich wieder zu den Männern um, die dort in der Runde standen. Er ging in die Hocke, berührte den sandigen Boden und rieb etwas davon zwischen den Fingern. Als er den Kopf hob, sah er Martin herüberkommen.
»Nicht unser Mann, gottverdammt«, fluchte der Detective. »Jesus, was für eine Schweinerei. Muss wohl ein Freund gewesen sein oder auch der Nachbar, auf dessen Kinder sie aufgepasst hat, oder ein Perverser an ihrer Schule, der Sport unterrichtet oder als Hausmeister arbeitet und irgendwie durch die Maschen der Einwanderungskontrollen geschlüpft ist, gottverdammt, oder sonst wer, aber nicht unser Mann. Scheiße! So was darf nicht passieren! Nicht hier. Jemand hat hier ordentlich Scheiße gebaut.«
Jeffrey lehnte sich rücklings gegen einen großen Stein. »Wieso meinen Sie, es sei nicht unser Mann?«, wollte er wissen.
Martin starrte ihn einen Moment lang düster an, dann antwortete er: »Verflucht, Professor, haben Sie keine Augen im Kopf? Die Körperstellung ist anders. Die Todesursache, Erschießen, ebenfalls anders. Etwas, das in ihren Rücken geschnitten ist, wieder anders. Und ihr gottverdammter Finger. An der falschen Hand. Bei den anderen drei war es die rechte, hier ist es links.«
»Aber woanders getötet und dann hierhergebracht. Was haben die Landvermesser gerade gemacht, als sie sie fanden?« Martin zog für einen Moment die Stirn in Falten, dann berichtete er: »Erste Vermessungen für eine neue Stadt. Das war ihr erster Tag hier oben. Sie waren seit heute Morgen dran,wollten gerade Feierabend machen und beschlossen, noch ein paar Grundstücke durchzugehen, als sie auf die Leiche stießen. Der eine hat sie durch den Sucher entdeckt. Und?«
»Irgendwo gibt es einen Zeitplan, richtig? Oder irgendetwas, aus dem hervorging, dass die Männer früher oder später hier sein würden, ja?«
»Sicher. Es stand in der Zeitung. Immer eine Schlagzeile wert, wenn eine neue Stadt in Planung geht. Außerdem kommt es in die elektronischen Anzeigetafeln.«
»Wissen Sie, was das ist, das auf ihrem Rücken?«, fragte Clayton.
»Keine Ahnung. Irgendeine geometrische Form.«
»Ein Pentagramm.«
»Na schön, ein Pentagramm. Und?«
»Wird gewöhnlich mit Satan und Satanskult assoziiert.«
»Mensch, Sie haben recht. Glauben Sie, dass wir einen verrückten Hexenkult haben, der hier draußen sein Unwesen treibt? Typen, die nackt den Mond anbeten, es alle miteinander treiben und sich darüber austauschen, wie sie Hühnern und Katzen den Kopf abhacken? So ’nen Schwachsinn, wie sie ihn in Südkalifornien haben? Mehr will ich gar nicht wissen.«
»Nein. Auch wenn der Mörder möglicherweise, nein, höchst wahrscheinlich davon ausgehen wird, dass Sie es mit so etwas in Verbindung bringen. Etwas, das Sie viel Zeit und Energie kosten wird, um es zu überprüfen. Sehr viel Zeit und sehr viel Energie.«
»Worauf wollen Sie hinaus, Professor?«
Jeffrey zögerte und starrte in den Himmel. Er blinzelte in die endlose blauschwarze, sternenübersäte Weite. Ich sollte mich mit Astronomie befassen, dachte er. Wäre schön zu wissen, wo Orion ist und wo Kassiopeia und all die anderen Sternbilder.Dann könnte ich nachts in den Himmel schauen und hätte das Gefühl, ich würde mich auskennen, als herrschte eine Ordnung im All.
Er senkte den Blick und sah den Detective an. »Es ist unser Mann«, sagte Jeffrey. »Er ist allerdings clever.«
»Überzeugen Sie mich.«
»Die anderen waren Engel, sie hatten die Augen geöffnet, sozusagen auf Gott gerichtet und die Arme weit ausgebreitet, um ihn zu begrüßen. Diese hier hat das Zeichen Satans auf dem Rücken, und sie betet mit dem Gesicht zur Erde. Ihr Finger fehlt links. Die Linke ist die Hand des Teufels, die Rechte die des Himmels. Jedenfalls in einigen Traditionen. Er hat lediglich ein paar Dinge herumgedreht. Es ist im Prinzip dasselbe, nur ins Gegenteil gewendet. Himmel und Hölle. Ist das nicht die Dichotomie, mit der wir ständig kämpfen? Ist das nicht genau das, was Sie hier im Moment zu vermeiden suchen?«
Martin schnaubte verächtlich. »Klingt nach einer Menge religiösem Kokolores«, gab er zurück. »Sozioreligiöser Quark. Dann sagen Sie mir doch bitte schön auch, weshalb er es diesmal mit
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