Das Rascheln von Rosmarin (Historische Romane) (German Edition)
Eine Augenbraue von Maris zuckte ganz allerliebst. „Es wäre der Sache des Königs unter Umständen nicht abträglich, wenn Ihre Majestät Aquitanien einen Besuch abstatten würde. Wenn es dort so brodelt.“
„So schlimm ist es auch wieder nicht ... und Heinrich hat mit Geoffrey in Anjou genug Probleme. Der König wird den Kanal überqueren und Richard von Luci als den offiziellen Verwalter Englands einsetzen. Aber die Königin wird immer noch dort sein.“
Maris gab leise Laut, dass sie verstünde. „Der König mag Luci offiziell ernennen, aber die Königin wird sich sicherlich durchzusetzen wissen. Sie wird es sein, die letztendlich die Zügel in der Hand hält.“
Dirick verschluckte sich vor Überraschung fast an einem Stück Brot, angesichts ihrer glasklaren Sicht auf die Dinge und ihrer messerscharfen Einschätzung der Lage. Frauen unterhielten sich nicht über Politik – zumindest keine Frauen außer Matilda und Eleonore – und die beiden waren verdammt noch mal ja auch Königinnen. „Ja, Mylady, ich glaube auch, dass Ihr Recht habt. Die Königin hat niemand über sich außer ihrem Gemahl selbst.“
Dann drehte er sich wieder zu Merle und Dirick fragte, „wie geht es dem Lordkanzler des Königs? Man sagt, er habe den Hof im Sturm erobert.“
„So ist es, Thomas Becket ist sowohl der Freund des Königs als auch sein Lordkanzler. Wenn man bedenkt, dass es der Erzbischof von Canterbury war, der Heinrich zwang, ihn zu seinem Lordkanzler zu machen ... und jetzt sind die beiden fast unzertrennlich“, erwiderte Merle.
„Ich habe sagen hören, es halte eher der Lordkanzler Hof als der König“, warf Maris ein. „Der König geht an den Hof von Becket und nicht Becket an den Hof des Königs. Selbst die Diplomaten machen eher Becket ihre Aufwartung denn der Königin – ich kann mir nicht vorstellen, dass ihr das gefällt.“
„Nein, das würde ich auch so sehen“, sagte Dirick. Er warf Merle kurz einen Blick zu und fragte sich, ob der Mann lediglich nachsichtig war, was die selbstbewussten Reden seiner Tochter betraf, oder ob er es geradezu ermutigte. Und er fragte sich, woher Maris ihre Informationen erhielt – indem sie Gesprächen wie diesem hier beiwohnte oder von ihrem Vater.
Oder vielleicht von wem auch immer sie nachts im Dorf traf.
Auf einmal erschien ihm die Lady Maris nicht mehr ganz so naiv und unschuldig, wie man annehmen könnte.
„Becket kleidet sich im neuesten Tand und lässt an seiner Tafel nur das Üppigste auftischen“, fuhr Maris fort. „Man erzählt, dass der König eines Abends sogar mit dem Pferd in Beckets Halle zum Abendessen eingeritten kam!“
Sie hielt inne, um sich mit einer zierlichen Hand den Mund abzutupfen und Diricks Aufmerksamkeit folgte ihrer Hand, als diese über ein Paar voller, reifer Lippen strich. Er erwischte sich dabei, wie seine Augen dort einen kurzen Moment lang hängen blieben und der Mund wurde ihm trocken.
Eine unerwartete Hitzewelle fuhr durch ihn hindurch bei dem Gedanken von diesem sinnlichen Mund zu kosten – ungeachtet der Tatsache, dass dieser seinen Redefluss kaum zu unterbrechen schien. Er riss seine Augen los, während er diesen Gedanken weiterspann und nahm dazu mit einem inneren Lächeln einen großen Schluck Wein. Er war offensichtlich schon zu lange ohne ein Weib gewesen – ein Zustand, den er heute beenden würde. Bis dahin würde er seine Gedanken in andere, sichere Bahnen lenken, weg von der Tochter seines Gastgebers.
„Maris, verbreite hier keine Lügengeschichten“, ermahnte Merle sie jetzt gutmütig.
„Ja, Papa“, gab sie mit einem Lächeln nach. „Obwohl Ihr es doch wart, der mir eben diese Geschichte gestern Abend erzählte.“
Merle schmunzelte und wechselte das Thema, als er weiterhin mit seiner Tochter sprach – was Dirick die Gelegenheit gab, seine lüsternen Gedanken wegzulenken von der zauberhaften Frau neben ihrem Vater. „Ist die Frau des Küfers mit ihren beiden Kindern wohlauf?“, fragte Merle.
„Die Frau ist etwas geschwächt, denn sie hat viel Blut dafür lassen müssen“, sagte sie. „Die Kleinen sind putzmunter und ich habe nach Bernice, der Tochter des Schmieds, schicken lassen, um ihnen die Brust zu geben, während Thomas’ Frau sich noch erholt. Ihr eigenes Kind verstarb vor etwas über einer Woche und sie freute sich, hier aushelfen zu können.“
„Maris hat das Talent zur Heilerin und sie verbringt viel Zeit im Dorf, wo sie sich
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