Das Rascheln von Rosmarin (Historische Romane) (German Edition)
Händen und sie gab nach – es geschah ganz leicht – und er fand ihre Lippen auf halbem Weg.
Es waren süße Lippen ... so süß...
Zuerst war sein Mund sehr vorsichtig, aber als sie nicht zurückwich, presste er stärker gegen ihre Lippen. Sie waren kalt von der Winterluft, aber schmolzen warm, weich an ihm. Eine seiner Hände ließ die ihre los und glitt hinten um ihren Kopf, hielt sie da, seine Finger vergruben sich in ihrem Zopf. Er befühlte dieses dicke Seil aus Haar, berührte diese dichte Glätte, seine raue Haut verfing sich darin, als er mit der Hand ganz daran hinabglitt. Ein scharfer Stoß von Lust fuhr so stark durch ihn hindurch, dass ihm ein sanftes Geräusch hinten aus der Kehle kam, überrascht, hungrig nach mehr. Der Duft von Zitronenmelisse und Rosmarin verfing sich in seiner Nase, mengte sich der kristallenen Kälte der Luft bei, tanzte durch sein Innerstes, mit all dieser Nähe und dem Geschmack von Maris.
Sie war willig, warm, nahm ihn in ihrem Mund auf und küsste auch ihn mit einer Leidenschaft, die er nicht erwartet hatte. Er fühlte winzige Schauer durch ihren Körper rasen und wusste, es war nicht die Kälte. Nichtsdestotrotz ließ er seinen Mantel um ihre Schultern gleiten, zog sie näher und in seine Arme. Sie war schlank und zart und er seufzte, glitt mit seinen Händen an ihrer Taille hinab und über ihre Hüften.
Schließlich – und obschon es ihm wie Stunden vorgekommen war, waren es nur wenige Sekunden gewesen – kam Dirick wieder zu Sinnen und löste sich abrupt. Sein Atem kam jetzt schneller, in weißen Wölkchen, und er zwang sich dazu, sie etwas von sich wegzuschieben. Ihm war heiß und er war hart vor Erregung und als sie zu ihm hochblickte mit Augen verschleierter, goldbrauner Lust und geschwollenen rosa Lippen, hätte er fast wieder nach ihr gegriffen.
Stattdessen wich er vor der Versuchung zurück und legte seine Hand an die glatte Rinde einer Birke, als wolle er sich dadurch davon abhalten, weiteren Schaden anzurichten. „Mylady“, sagte er, wobei er versuchte zusammenhängend zu sprechen, wo doch alles, was er im Grunde wollte, war, sie wieder an sich zu ziehen, „das war unverzeihlich. Ich hoffe inständig, Euer Herz wird so gütig sein, mir zu gestatten, Euch noch zur Burg zurück zu begleiten. Ich werde Euch dort wieder dem Schutz Eures Vaters übergeben und Ihr müsst meine Gegenwart nicht länger erdulden.“
„Nein, Sir Dirick“, sagte sie, während sie sich mit einem verwirrten Gesichtsausdruck wieder auf die Füße hochrappelte. „Habt keine Sorge, dass ich meinem Papa Geschichten über Euch erzählen werde“, sprach sie, während zwei ihrer Finger über ihren Mund streiften. „Ich ließ Euch mit diesem Kuss gewähren, nur weil ich für mich selbst Antwort auf einige Fragen zu finden hoffte.“
Als er daraufhin fragend eine Augenbraue hob, versuchte er nicht mehr auf das Pochen zwischen seinen Beinen zu achten und auch so gelassen zu sein wie sie. „Und habt Ihr die Antwort auf Eure Fragen gefunden?“, erwiderte er.
„Das habe ich“, hauchte sie, wobei sie immer noch unbewusst ihren Mund berührte, „ja, das habe ich in der Tat.“
KAPITEL SECHS
Bei Tisch vermied Maris es an dem Abend, Dirick anzublicken.
Er saß auf der anderen Seite von Merle, wo er sich einen Holzteller mit Lady Allegra teilte. Die beiden Männer, die da nebeneinander saßen, waren in eine Unterhaltung über die neueste Kunde aus Westminster vertieft – der Aufruf zu den Waffen vom König, für seinen Krieg Geoffrey von Anjou zu unterwerfen.
Obwohl er recht weit weg von ihr saß und sie ihn auch nur sehen konnte, wenn sie sich um ihren Vater herum beugte, war Maris sich der Gegenwart von Dirick so bewusst, als wäre er hier direkt neben ihr und würde sie berühren. Seine Hände, die jetzt Allegra und sich selbst Speisen auftischten, erschienen und verschwanden immer wieder aus ihrem Blickfeld und Maris erwischte sich dabei, wie sie diese Hände beobachtete, ihre tiefe Bräune bemerkte, die kurzen, sauberen Fingernägel, das Spiel der Muskeln und Sehnen und den Anblick von dunklem Körperhaar hie und da, die Art und Weise, wie der Ärmel seiner Tunika zurückfiel, um ein schmales, gebräuntes Handgelenk freizugeben.
Sie hörte ihn lachen – ein tiefes, männliches Lachen, das ihr seine Gegenwart nur noch bewusster machte. Seine Konversation war inmitten all des Lärms vom Abendessen gut zu hören, sammelte sich in ihrem
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